Boardwalk Empire – Staffel 3
Rick Deckard hat sich nach der zweiten Staffel eine straffere Inszenierung gewünscht. Außerdem haben ihn die vielen Handlungsstränge gestört. Mir wiederum haben gerade dieser diffuse Zeitkolorit und die scheinbar wahllosen, fast soapartigen Erzählstränge gut gefallen, weil ich die Hoffnung dahinter vermutet habe, dass Terence Winter den Zuschauer bis zur Auflösung der Plots hinhalten will.
Einerseits um die Charaktere zu schärfen, mehr ans Publikum zu binden, andererseits auch um die reizvolle epische klassische Inszenierung für die perfekte Justierung des perfekten Moments zu nutzen, falls die Serie doch noch die vierte Staffel überleben sollte; …zusammengefasst also die Bremse loslässt und Vollgas gibt.
Und tatsächlich! Die dritte Staffel schlägt die Erste und Zweite um Längen. Ich unterstelle Mastermind Terence Winter tiefgründige Genialität, aber zumindest die Sensibilität, dass er mit der Entscheidung von Jimmys Tod gemerkt hat, dass er andere Figuren mehr emanzipieren und somit auch klarere Strukturen schaffen muss. Im Prinzip sind es nur noch die Geschichten von Richard Harrow und Nelson van Alden, die von der Mainline abweichen. Aber ich bin mir sicher, dass es zu den Puzzleteilen gehört diese beiden starken Charaktere parallel laufen zu lassen und der Masterplan bzw. das Finale längst in Winter’s Kopf abgelegt ist. Ein Drehbuchautor mit der Erfahrung wird sich die Fusion mit dem Hauptleitmotiv nicht nehmen lassen.
Die Luft für Nucky wird extrem dünn. Die ganze Unterwelt der Vereinigten Staaten möchten den einstigen Stargangster mobben. Es sind kaum Freunde übrig geblieben. Letztendlich werden es sein Bruder Elias und der ewig schlechtgelaunte Chalky White sein, die zu Nucky stehen werden.
Aber nicht nur die Figuren emanzipieren sich. New York steht vor einer neuen Ära. Alkoholschmuggel ist kaum noch ein Thema, Heroin kommt ins Spiel. Auch Margaret versteht, dass Sie sich emanzipieren sollte. Ihre Bemühungen eine Beratungsstelle für „Frauenhygiene“ einzurichten, gehören zu den kleinen angenehmen Nebenschauplätzen der Serie.
Und dann ist da Gyp Rosetti. Es ist kaum gespoilt, wenn ich hier verrate, dass Rosetti die 12 Folgen nicht überleben wird, trotzdem ist die Einführung dieses Charakters der Hauptgewinn der Staffel und MUSS gleichzeitig ein Grund sein, die Serie weiterzusehen. Denn mit dem Zwischenspiel des Italieners bahnt sich das furiose Gewaltfinale an. Somit geht die letzte Folge (Regie: Tim van Patten) „Margate Sands“ wohl auch in die Film- und Fernsehgeschichte ein. Diese Folge und die Idee bzw. der kurze aber unvergessliche Gastauftritt von Gyp Rosetti, ist der Grund warum man weiterhin zu dieser Serie stehen sollte.
Die Folge „Margate Sands“ hat am Sonntag bei der Emmy-Verleihung leider nicht gewonnen. Aber Bobby Cannavale (Gyp Rosetti) hat den Emmy für seine Darstellung bekommen. Und genauso muss es gewesen sein, als damals Leute wie De Niro oder Al Pacino entdeckt worden sind.
Alan Lomax
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