Die drei Tage des Condor - Sydney Pollack

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  21. Februar 2019, 21:49  -  #Klassiker

Die drei Tage des Condor - Sydney Pollack

Der Film hat auch nach 43 Jahren (!) nichts von seiner Brisanz und Aussagekraft verloren, im Gegenteil, seine Kernaussage ist nach wie vor hochaktuell.

Robert Redford spielt einen CIA Agenten im Innendienst, der, im Vergleich zu sonstigen CIA Agenten in Hollywood Filmen, eher einen beschaulichen Dienst in New York verrichtet. Die Prämisse mutet zunächst absurd an: Er und seine Kollegen durchforsten Literatur auf der Suche nach Ideen, die für die CIA von Nutzen sein könnten. Mittags verlässt er kurz das Gebäude, um für seinen Chef Mittagessen zu besorgen. Als er wieder zurück kommt, findet er alle Angestellten tot vor, erschossen. Der Boden gleitet ihm unter den Füßen weg ... .

Gleich zu Beginn wird deutlich, dass es hierbei gar nicht um das klassische "Who dun it" geht, der Zuschauer wird Zeuge des Attentats und kommt auch alsbald hinter den Auftraggeber. Pollack und sein genialer Drehbuchautor Lorenzo Semple Jr. (zusammen mit David Rayfiel), der sich auch für die nicht minder brillanten PAPILLON und ZEUGE EINER VERSCHWÖRUNG (The Parallax View) verantwortlich zeichnet, reproduzieren vielmehr die Essenz der politischen Realität der 70er Jahre - mit der tiefen Verunsicherung der amerikanischen Bevölkerung nach Watergate - mit Hilfe einer filmischen Erzählung. Das gelingt beiden vorzüglich. Nicht umsonst gehört DIE DREI TAGE DES CONDOR zusammen mit ALL THE PRESIDENT'S MEN (Die Unbestechlichen) und THE PARALLAX VIEW zu den Klassikern des New Hollywood und der Paranoia Filme.

Der Film zeichnet sich aus durch eine nicht greifbare immanente Bedrohung. Weder Redford, der eine perfekte Projektionsfläche für die Zuschauer bietet, noch der Betrachter sind sich im Klaren, welche Wendung die Geschichte nehmen wird, wer sich wirklich hinter dem Anschlag verbirgt und wer die Fäden im Hintergrund zieht.

Der Film gelingt, weil der Regisseur und seine Autoren in diesem undurchsichtigen Netz die Hauptcharaktere nicht aus den Augen verlieren und ihnen Format verleihen. Sei es der, mit grossartigem Understatement von Max von Sydow gespielte, Killer oder die leicht neurotisch wirkende Faye Dunaway. Die Figuren sind greifbar und ihre Motive nachvollziehbar. Einzig die Romanze zwischen Dunaway und Redford wirkt ein wenig gestelzt und ist ein klare Vorgabe des Studios an eine Love Story, um die Zuschauer ins Kino zu locken. Diese nicht nachvollziehbare Liaison zwischen den beiden Protagonisten ist aber auch der einzige Wermutstropfen.

Wer sich für Städte, Architektur und Stimmungen in mondänen Umgebungen interessiert, kommt in diesem Film voll auf seine Kosten. Ich hatte das bereits an anderer Stelle auf diesem Blog erwähnt. Filme dieser Art bieten die einmalige Gelegenheit Städte aus einer historischen Perspektive zu betrachten, wenn auch verfremdet für einen Film. Der noch lebende grossartige Kameramann Owen Roizman (French Connection, Der Exorzist, Network, Der elektrische Reiter, Wyatt Earp) fängt wunderbare und sehr stimmige Bilder von New York mit den noch stehenden Twin Towers ein.

Die drei Tage des Condor hat seinen Klassiker Status nicht eingebüßt. Die Sorge des Bürgers aus der Masse vor einem unsichtbaren und übermächtigen Gegner, nicht sicht- und fassbare Behörden und riesige Staatsapparate, die Willkür einzelner, die Ohnmacht des Einzelnen, all diese Themen greift der Film auf und präsentiert sie in Form eines packenden Thrillers. Und wer die Nachrichten aufmerksam verfolgt, der beobachtet genau diesen Unmut auch heute noch in der Bevölkerung, vielleicht gerade so stark und greifbar wie nie zuvor.

Dave Grusin schrieb eine exzellente Filmmusik mit einem Main Title, der auch heute noch viel Spaß beim Hören bereitet, wie überhaupt der Score als ganzes.

Der Schlussakt vor dem Gebäude der New York Times prägt sich für alle Zeiten ein.

Hervorragender Film eines grossartigen Regisseurs!

Aus New York,

Rick Deckard

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