Der musikalische Rückblick 2023 - Teil III: Wolfgang Amadeus Mozart

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  9. Januar 2024, 22:04  -  #Kulturblog, #Klassiker, #Instrumentalmusik, #Klassik, #Kultur, #Salzburg

Der musikalische Rückblick 2023 - Teil III: Wolfgang Amadeus Mozart

2023 war bezüglich Musik ein außergewöhnliches Jahr, welches in der Rückbesinnung in die eigene Geschichte eingehen wird, ein persönlicher Meilenstein.

 

Waren es Depeche Mode und Bruce Springsteen in der Popmusik, die mir vor Augen führten, welche Bewunderung ich für sie hege und was sie mir bedeuten, so ist es Wolfgang Amadeus Mozart, der 2023 für einen ohrenbetäubenden Urknall sorgte, dessen Pracht, Magie, Farben, Mysterium und die noch immer anhaltende Ausdehnung in Raum und Zeit für einen denkwürdigen Moment in meinem Leben sorgten.

 

Am 10. Oktober 2023 fuhr ich bei blauem Himmel und Sonnenschein nach Salzburg.

 

Bereits einen Tag zuvor, in äußerst freudiger Erregung, kamen mir seine Klaviersonaten, KV 310, 330, 331, 332 und 333 in den Sinn. Ich habe diese Sonaten als Jugendlicher (auf einem einfachen Kassettenrecorder von Grundig) wieder und wieder gehört, ich sie fast auswendig summen konnte. Gespielt wurden sie von Christoph Eschenbach und nie zuvor und danach habe ich eine so gefühlvolle Interpretation gehört, wie durch die Kunst seiner Finger.

 

Für mich nehmen sie in Mozarts Oeuvre eine Sonderstellung ein, weil seine Kommunikation mit dem Hörer, unter dem Verständnis von Musik als Sprache, so direkt und offensichtlich ist, wie in kaum einer anderen Komposition. Sie sind von einer solchen Schönheit und Erhabenheit, dass ich jedes Mal überwältigt bin, wenn ich sie höre. Auch jetzt beim Schreiben klingen sie in meinen Ohren.

 

Mozart kann man 10 Mal, 100 Mal, 1000 Mal hören, es wird nie langweilig, nie eintönig, immer entdeckt man etwas neues, immer wieder nehmen seine Kompositionen einen gefangen. Ein Phänomen. Ein weltweites, Menschen, Kontinente, Ethnien, Kulturen überbrückendes Phänomen.

 

Wir parkten in einem Parkhaus in einem Berg unmittelbar in der Innenstadt von Salzburg. Es war ein wunderschöner Tag, die Luft war kühl, die Sonne schien.

 

Nach etwa einer halben Stunde Spaziergang stand ich vor einem gelben Gebäude, auf dem in großen Buchstaben „Mozarts Geburtshaus“ stand. Ich stand in der Getreidegasse, vor dem Haus Nr. 9. Die Internationale Stiftung Mozarteum hat in diesem Gebäude eine mehrstöckige, äußerst sehenswerte und informative Ausstellung eingerichtet, die man unbedingt gesehen haben muss!

 

Ich stieg die Treppen hoch, in dem Bewusstsein, dass hier W. A. Mozart vor über 200 Jahren auch entlanggegangen sein muss. Ich hörte nichts mehr um mich herum und nahm nichts mehr um mich herum wahr. Ich war in Trance. Als ich schliesslich in dem Zimmer stand, in dem er zur Welt kam, war ich so überwältigt, dass mir die Tränen kamen.

 

Sie kennen dieses Gefühl bestimmt auch, wenn Sie in der Rock n’ Roll Hall Of Fame stehen oder die Gitarre oder ein anderes Instrument Ihres geliebten Musikers sehen.

 

Wolfgang Amadeus Mozart steht in der Vergegenwärtigung von Kultur, der Auseinandersetzung mit Kultur, der Beschäftigung mit Musik, meine Liebe zur Musik und ihrer Wirkung auf den Menschen über allem. Ich halte ihn – neben Albert Einstein – für den am ungewöhnlichsten begabten Menschen der Menschheitsgeschichte.

Der musikalische Rückblick 2023 - Teil III: Wolfgang Amadeus Mozart

„Hören Sie genau hin!“ Ich machte mir einen diebischen Spaß daraus, meine Klavierlehrerin, die eine glühende Verehrerin von Johann Sebastian Bach war, immer wieder mit meiner Liebe für Mozart zu ärgern. Als sie mir das erste Mal Mozart auf dem Klavier vorspielte, war es um mich geschehen. Ich bat Sie mir Mozart aufzunehmen und so kam ich in den Genuss von Maestro Eschenbach und dem berühmten Salzburger, dessen Theophilus in seinem Namen zu Amadeus latinisiert wurde.

 

Wie bei Depeche Mode, wie bei Bruce Springsteen, schloss sich auch in der Klassik ein Kreis, der sich vor mehr als 40 Jahren für mich geöffnet hatte. Meine Liebe für die Klassik war nie erloschen, wurde jedoch durch vielerlei Lebensumstände in den Hintergrund gedrängt, bis, ja bis ich 2023 in dem Haus in der Getreidegasse in Salzburg stand.

 

Als mir mein Streaming Dienst meine Jahreszusammenfassung 2023 präsentierte – welch ein Wunder – war Mozart der am häufigsten gehörte Künstler.

 

Keine Erkenntnis ohne Lesen. Keine Schönheit der Erkenntnis ohne Lesen. Ich erinnerte mich, wie mir meine Klavierlehrerin empfahl, das Buch von Wolfgang Hildesheimer über Mozart zu lesen. Entnervt legte ich damals das Buch nach über 70 Seiten zur Seite, weil meine damaligen kognitiven Fähigkeiten nicht ausreichten, den Inhalt zu verstehen.

 

Jetzt, über 40 Jahre später musste ich alles wissen und alles auf einmal.

 

Gernot Gruber mit seiner präzisen, nicht beschönigenden und nüchternen  Biographie über Mozart war ein perfekter Einstieg.

 

Am faszinierendsten jedoch war die aufregende und hochinteressante Analyse des Kultursoziologen Norbert Elias, der in seinem Manuskript, schlicht „Mozart“ betitelt, sich diesem außergewöhnlichen Menschen aus soziologischer Sicht näherte und Mozart im Kontext der damaligen Zeit betrachtete (höfische Gesellschaft und der Absolutismus kurz vor der folgenreichen Französischen Revolution). Erst, wenn man den Menschen und Künstler Mozart in dem zeitlichen und historischen Zusammenhang betrachtet, beantworten sich die meisten Fragen von alleine. Eines der aufschlussreichsten Bücher, die ich je gelesen habe!

 

Die Begegnung, die erneute Konfrontation mit Mozart und seiner Musik, führte zu einer noch nie da gewesenen Begeisterung für die Klassik.

 

Seit diesem Tag bemühe ich mich, soweit es der Alltag und die Arbeit zulassen, klassische Musik wieder zu hören, neu zu hören und neu zu entdecken und unter dieser Vorgabe steht auch 2024, welches ich versuchen werde mit Konzertbesuchen zu füllen.

 

Durch die Beschäftigung mit Mozart wuchs und wächst meine Begeisterung für die Gattung Oper, für das Singspiel mit all seiner Faszination. Kein Wunder, war Mozart stets auch immer ein Opernkomponist. So fing ich an das Libretto der Zauberflöte zu lesen, mich in Etappen der Kunstform Oper zu nähern, die Hintergründe von Don Giovanni zu verstehen, die Oper als Kunstform zu begreifen und die Freude an diesem Lernprozess ist enorm. Was für eine großartige Form der „Unterhaltung“, Musik und noch so vieles mehr!

Der musikalische Rückblick 2023 - Teil III: Wolfgang Amadeus Mozart

Wenn man die Musik von Mozart hört, so erklingt sie, und das war 2023 für mich eine erstaunliche Erkenntnis, frisch und neu, als wäre sie erst gestern komponiert worden. Diese Zeitlosigkeit seiner Musik ist neben seinem Erfindungsreichtum und seinen Melodien etwas unbeschreibliches. Man kann das nicht in Worte fassen, man muss eine Musik hören.

 

Ob seine Kammermusiken, Serenaden, Sinfonien, Klaviersonaten, Opern, Konzerte, es gibt nicht eine einzige Gattung, die nicht berührt, die nicht fasziniert, die nicht bewegt. Ich weiß nicht, wo ich anfangen, wo ich enden soll. Es gibt kein Anfang und kein Ende. Es gibt nur: Mozart.

 

Was für eine Tragik! 1756 geboren, 35 Jahre später, 1791 gestorben. Eine der größten Tragödien der Menschheit. Mozart-Forscher vermuten, dass er am rheumatischen Fieber gestorben sein könnte. Welche Meisterwerke hätte er noch komponiert, wenn er nicht so früh gestorben wäre?

 

Georg-Friedlich Händel war ein Star seiner Zeit, Carl Phillip Emanuel Bach war es, Joseph Haydn war zu Lebzeiten berühmt. Leopold Mozart, sein Vater, versuchte zeitlebens eine Anstellung für seinen außerordentlich begabten Sohn zu finden, hoffnungslos. 

 

Was mich an dem Menschen Mozart fasziniert, war sein Mut gegen die höfische Gesellschaft und deren Lebensweise aufzubegehren, sich nicht unterzuordnen, nicht zu kriechen und vor allem seine Kritik versteckt in seinen Opern kundzutun. Tragisch, dass das Verlagswesen zu seiner Zeit nicht so entwickelt war, wie zu Beethovens Zeiten, es gab schlicht kein Copyright! Mozart schrieb Musik nach Aufträgen des Hofes und nicht für eine anonyme Masse, die bezahlte, um seine Musik hören zu dürfen, wie es heute der Fall ist.

 

Dem Ritter von Köchel ist es zu verdanken, dass uns sein Werk heute in katalogisierter Form zur Verfügung steht.

 

2024 wird eine eingehende Beschäftigung mit Mozarts Opern ermöglichen, mit seinen Klavierkonzerten, aber auch mit der grossen weiten Welt der Klassik im Allgemeinen, die bereits 2023 ihren (Neu-)Anfang genommen hat.

 

Dazu bald mehr (Klassik Alben 2023 folgt).

 

2023 war musikalisch das schönste Jahr in meinem Leben.

 

Rick Deckard

Was steckt in der Kugel?

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Meisterhaft.

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Unbeschreibliche Schönheit.

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Linzer Schnitte.

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Suchen sie nach dem Stück aus Amadeus von Milos Forman.

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