Jahresrückblick 2012 - Filme

von Rick Deckard  -  16. Dezember 2012, 13:42  -  #Filme

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Das Kino ist eine der ganz grossen Leidenschaften der Betreiber dieses Blogs, Alan Lomax und Rick Deckard. Zu keinem anderen Thema werden jedes Jahr mehr Beiträge veröffentlicht. Umso mehr wird dieses Hobby am Ende eines jeden Jahres besonders liebevoll aber auch kritisch unter die Lupe genommen. Jahresrückblick 2012 ... welche Gedanken und Meinungen sind zu diesem Thema durch den Kopf gegangen?

Wenn man auf das filmische Jahr 2012 zurückblickt, dann kommt einem unweigerlich ein Gedanke in den Kopf: Wohin gehst Du, Kino? Noch nie war die Unsicherheit so gross über die Zukunft des Kinos wie in diesem Jahr, in all den vergangenen Jahren. Wenn ich weiter zurückblicke, bewerte, dann kommt es zu einem typischen Gedankenfehler: das Kino der Neuzeit wird verglichen mit dem Kino der vergangenen Jahrzehnte. Es findet ein Abgleich statt, der nur unfair sein kann und bei dem der Maßstab einfach nicht stimmt.

Das Kino ist für mich nach wie vor eine Kunstform und als solche entwickelt sie sich weiter. Diese Entwicklung vollzieht sich aber nicht binnen 12 Monaten, sondern über Jahre. Siehe die Entwicklung des New Hollywood im vergangenen Jahrhundert. Man muss insofern sehr vorsichtig mit vorschneller Kritik sein. Damit will ich keineswegs den Status Quo des zeitgenössischen Kinos höher bewerten als er ist oder gar hochloben. Nur befindet sich das Kino derzeit in einer ungeheuren Wandlung.

Wie nie zuvor hält die Technik Einzug in die Lichtspielhäuser, wenn ich einen alten Begriff mal benutzen darf. Mit grossen Schritten schreitet die 3-D Technik voran und ich glaube vorsichtig prognostizieren zu können, dass diese Technologie dieses Mal keine Eintagsfliege sein wird, zu gross der Fortschritt. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Entwicklungsprozess fortsetzen wird.

Doch genau an dieser Stelle kam es 2012 zu vielen und heftig konkurrierenden Gedanken und immer wieder unterliegt man den Versuch zu vergleichen: Wie war es damals, wie ist es heute? Es ist nicht überzogen zu behaupten, dass sich das Kino derzeit in einem kreativen Stillstand befindet, Kreativität weniger bezogen auf die Technik als auf Dramaturgie, Geschichten, Handlung, Filme als Mittel des Ausdrucks, als Mittel zu einer Stellungnahme auf das aktuelle Geschehen in der Welt. Spinnt man diesen Gedanken weiter, so muss man sich mit der Gesellschaft und ihren Entwicklungen auseinandersetzen - ein wesentlicher Gedanke zum Kino 2012. Nicht neu, aber wichtig die Tatsache, dass der Zeitgeist sich in Filmen immer widerspiegelt, mal offensichtlich, häufiger eher subtil.

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Die Gesellschaft der 00er Jahre, des neuen Jahrzehnts ist eine Gesellschaft v.a. des Web 2.0, des Hedonimus, der Gleichgültigkeit, des auseinander Driftens, v.a. der Mittelschicht. Wie soll in einer solchen Atmosphäre, in einem solchen Milieu Kino entstehen, vergleichbar dem der 60er, vielleicht 70er Jahre? Die Umstände sind heute anders, gesellschaftlich, politisch, kulturell. Wir starren bereits den ganzen Tag auf Bildschirme (Smartphones, ipods, ipads etc.), warum sollen wir das auch noch am Abend tun und den Blick auf die grosse Leinwand richten? In Zeiten von Youtube und Internet ist audio-visuell alles überall, zu jeder Zeit erhältlich - das Kino hat sein einstiges Monopol der Unterhaltung verloren.

Was tut es also: Es versucht den Kirmes-Faktor zu erhöhen. Special Effects, CGI, 3-D. Zudem herrscht ein Mangel an Utopie, ein Mangel an Visionen und ein Mangel an Mut in den grossen Studios. 2012 war auch wieder das Jahr des Franchise, der Remakes, der Wiederholungen. Siehe als jüngsten Beispiel die Hobbit-Trilogie eines Peter Jackson. Da wird nichts anderes gemacht als der Versuch unternommen, alte Erfolge auferstehen zu lassen, mit alten Figuren und bekannten Strickmustern: Ein 300 Seiten Buch wird aufgebläht zur Trilogie. Wer will das sehen? George Lucas ist in dieser Hinsicht vielleicht nicht finanziell, aber künstlerisch mit seiner (neuen) Star Wars Trilogie gescheitert.

Ich sehe aber nicht pessimistisch in die Zukunft und glaube nach wie vor an eine positive, innovative und visionäre Zukunft des Kinos. Die grossen Regisseure, die grossen Geschichten, die aufwühlenden Filme, die Meisterwerke, die Reflexion der Gegenwart, sie wird kommen, spätestens dann, wenn das Publikum der "Knalleffekte" und des technischen Brimboriums überdrüssig sein wird.

2012 war in dieser Hinsicht im Rückblick eine hoffnungsvolle Erkenntnis.

Welche Filme sind 2012 in Erinnerung geblieben?

J. Edgar

Die Regie-Schauspiel-Legende lebt, liess jedoch den Zauber und die Leidenschaft vergangener Jahre missen. Ein guter Film, aber mit vielen inhaltlichen und dramaturgischen Schwächen. Ich sage es nach wie vor: Leonardo Di Caprio ist ein guter aber kein überdurchschnittlich begabter Schauspieler.

http://www.lomax-deckard.de/article-j-edgar-clint-eastwood-106325051.html


Cheyenne - This must be the place

Ein wohltuend anderer Film, der an die Poesie und den Zauber des Kinos erinnerte, ohne laute Effekte und Special Effects unterhalten zu können. Ein sehenswerter Film auch deswegen, da er auch daran erinnerte, welche Kraft und Präsenz Schauspieler haben können.

http://www.lomax-deckard.de/article-cheyenne-this-must-be-the-place-paolo-sorrentino-105343949.html


Blackthorn

Mateo Gil hatte den Mut einen Western zu drehen. Ich verstehe bis heute nicht, warum sich dieses Genre so schwer tut. In ihm liesse sich einfach alles von Drama bis zum Zeitgeist widerspiegeln. Ein schöner Film mit vielen grandiosen Schauwerten - Landschaft ist und bleibt ein Bestandteil dieses Genres.

http://www.lomax-deckard.de/article-blackthorn-mateo-gil-endlich-wieder-ein-western-104621538.html


The Dark Knight Rises

Christopher Nolan ist eine der ganz grossen persönlichen Hoffnungen des Kinos und bewies dies eindrucksvoll mit seinem Film, seiner gesamten Trilogie, weil er es versteht Kunst und Kommerz perfekt miteinander zu verbinden. Bildgewaltiges, inhaltlich und optisch grandioses Kino! Das sind die Art Filme, wegen derer ich ins Kino ging und auch weiterhin gehen werde. Meisterhaft!

http://www.lomax-deckard.de/article-the-dark-knight-rises-von-christopher-nolan-ein-grandioser-abschluss-und-blockbuster-kino-in-vollen-108933524.html


The Best Exotic Marigold Hotel

Einer der schönsten Filme des Jahres, warum das lesen Sie hier:

http://www.lomax-deckard.de/article-the-best-exotic-marigold-hotel-was-fur-ein-schoner-film-108155133.html 


Dame, König, Ass, Spion

Wunderbar. Gary Oldman! Klassisches Kino, das sich sehr viel Zeit nimmt, um seine Geschichte zu erzählen, aber gerade deswegen sehenswert ist.

http://www.lomax-deckard.de/article-dame-konig-as-spion-tomas-alfredson-108960742.html


Skyfall

Nicht der erwartete Quantensprung in Sachen James Bond, aber ein Hoffnungsschimmer am Horizont, dass dieser Franchise mit Daniel Craig den richtigen Weg gehen wird. Ich hoffe sehnlichst, dass Christopher Nolan die Regie des nächsten Abenteuers übernehmen wird!

http://www.lomax-deckard.de/article-skyfall-von-sam-mendes-james-bond-ist-auf-dem-richtigen-weg-112583522.html


Bleibt noch zu erwähnen ein Film, den ich gesehen, aber es versäumt habe über ihn zu berichten und den ich vielleicht als besten Film des Jahres 2012 aufführen würde:

Drive

Regie führte der Däne Nicolas Winding Refn. In den Hauptrollen zu sehen waren Ryan Gosling, Carey Mulligan, Albert Brooks und Bryan Cranston. Visuell atemberaubend, sehr stylisch, unterkühlt, phasenweise avantgardistisch, ultrabrutal, albtraumhaft und mit Musik untermalt, die ich privat nie hören würde, die aber perfekt zum Film passt. Nachhaltig beeindruckender Film!

Warum also die Hoffnung aufgeben?

Ich freue mich auf das Jahr 2013!

Vom Rasiersitz,

Rick Deckard

 


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