Who’s That Man – A Tribute To Conny Plank / Reissue zur Internationalen Premiere des Films CONNY PLANK – THE POTENTIAL OF NOISE

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  17. August 2017, 07:44  -  #Populäre Musik, #Elektronische Musik, #Filme

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Aus gegebenen Anlass, veröffentliche ich diesen Blogeintrag vom 14. Februar 2013 noch einmal neu!

Am Donnerstag, den 17. August, feiert „CONNY PLANK – THE POTENTIAL OF NOISE“ seine internationale Premiere. Stephan Plank, Sohn von Conny Plank, tritt bei dieser Doku als Co-Regisseur, Autor und Co-Produzent auf. Der Film, der von der Firma Sugar Town Filmproduktion produziert wurde, gibt einen intimen Einblick in das Wirken und Schaffen von Conny Plank, der gemeinhin als einer der wichtigsten deutschen Produzenten der Pop-Geschichte gilt.

http://c-o-pop.de/festival/news/item/co-pop-filmprogramm#

"Conny made a lot of things possible." (Klaus Dinger)

In diesem popmusikalischen Frühling 2013 wird man als enthusiastischer Musikhörer an der Vier-CD-Box „A Tribute To Conny Plank“ nicht vorbeikommen.

Die ca. 33 EUR dafür sind verdammt gut angelegt. Die Box beinhaltet vier CDs mit Klassikern, Remixes, einem Live Mitschnitt aus Mexico von 1986 und ein 48-seitiges Booklet gibt es oben drauf. Verpackt in schöne bunte Hüllen. So das jede Popmusikshopper- Typologie rational und emotional bedient werden sollte.

Menschen die sich intensiv für Musik interessieren, können unmöglich Genreübergreifend im Detail und in Vinyl, in jeder Epoche stecken. Unmöglich daher auch die Vielfältigkeit der Siebziger- und frühen Achtzigerjahre in der Gänze zu verstehen oder gar zu Hause stehen zu haben. Sicherlich ist bei dem ein oder anderen eine Kraftwerk, eine Neu! oder Brian Eno -Scheibe dabei. Aber wer hat schon den kompletten Back-Up-Katalog von Can, Devo, Ash Ra Temple, Meister Roedelius oder La Düsseldorf?

 

Musikliebhaber die all‘ das haben und Conny Plank bereits vor langer Zeit als rheinischen Musikweltmeister identifiziert haben, werden sich zumindest über die sensationelle DISK 4 der Box freuen! Hier gibt es eine Liveaufnahme von Möbius / Plank / Steffen zu hören, als das Goethe-Institut die Formation 1986 auf eine sechswöchige Tour durch Südamerika schickte. Es sollten die einzigen Auftritte von Conny Plank als Musiker bleiben.

Über die Bedeutung von Musikproduzenten in der Musik ist viel geschrieben worden. Ich habe dabei oft ein mulmiges Gefühl des Mythologisierens. Fast jeder Aufnahmeleiter wird dabei mit einem Kultstatus versehen. Leider häufig auch, um über diesen „Motor“ Editionen und Bands zu verkaufen, die bisher vielleicht in den Regalen liegen geblieben sind oder leichten Staub angesetzt haben.

Man sollte also vorsichtig sein, bei all den Studio- und Tontechnikerdokumentationen die da so auf einen zu kommen, denn natürlich macht sich die Industrie hier auch das Unwissen des Konsumenten zu nutze.  Quasi mit der Grundidee: The Producer As Artist.

 

Anders natürlich bei Conny Plank der bestimmt kein zeitgenössischer Mythos ist, sondern ein Denkmal! Ausschlaggebend für diese Aussage, kann nur die Menschlichkeit sein. Denn ideelle Werte waren dem Produzenten Plank immer wichtiger als kommerzielle Erfolge.

Seine Gold- und Platinschallplatten hängte er aufs Klo. Bono und Bowie behandelte er wie Hans-Rudolf und Herbert. Sympathisch! Sympathisch auch sein Hang zum Menschlichen, zum Familiären und zum Zusammensein. Plank war ein Lebemann, der den Kreis von netten Menschen mehr schätzte als Champagner und einen guten Club. Bei seinen Softskills ist es sicherlich auch wichtig zu verstehen, dass er bei Bands und Musiker, immer auch das unternehmerische Risiko trug, indem er auf eigene Kosten produzierte und Verhandlungen mit Major-Labels unkonventionell im Sinne der Künstler führte.

Mein persönliches Interesse an den Plakschen Produktionen liegt bei seiner Aufgeschlossenheit für innovative, elektronische Musik. Eben auch diese die heute oftmals als Elektro oder fälschlicherweise als Krautrock bezeichnet wird.

 

Weiterhin ist Plank -neben Kraftwerk, Can und allen anderen wichtigen rheinischen, musikalischen Einflüssen- ein weiterer Beweis, dass die Umgebung von Köln und Düsseldorf (in diesem Fall Wolperath) wo sich Planks Studio befand, ein großes alle Teile umfassendes zentrales Puzzlestück der internationalen Pop- und Avantgardemusik war.

Das ehemalige EMI-Studio in Köln, das legendäre elektronische Studio des WDRs, Kraftwerks KlinKlang Studio und die Kreativität und Innovationskraft der Musiker aus dem Sektor NRW, sind nicht nur museale Geständnisse an diese Region, sondern können auch als Soundtrack für NRW gelten. Wer schon mal mit dem Auto zwischen Dormagen und dem Niederrhein oder von Duisburg nach Essen gefahren ist und dabei eine Platte von Roedelius, Kluster, Neu! oder halt meinetwegen Autobahn von Kraftwerk gehört hat, wird jetzt Tränen des Verständnisses in den Augen haben.

Und das, dass alles nichts mit elitären Muckertum zu tun hat, sondern mit Leidenschaft zur Musik und Verständnis dafür, warum unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Stile bedienen, beweisen wohl insbesondere auch die Aufnahmen mit Bands wie den Bläck Fööss aus Köln, die damals schon alles andere als eine Karnevalsband waren. Sondern Stadtschreiber, mit sozial-beschreibenden Texten und sehr guter Musik. Die wenigsten Menschen verstehen so etwas heutzutage und letztendlich können Innovatoren wie Plank dazu beitragen, Arroganz und Dummheit beim Musikhören, -sammeln und –bejubeln ab zustellen. Danke!

 

Plank lernte sein Handwerk in den 1960er Jahren als Toningenieur bei den Deutschland-Konzerten von Marlene Dietrich und bei Studioaufnahmen von Duke Ellington in Köln. Er lernte dann Ralf Hütter und Florian Schneider kennen. „Tone Float“ wurde aufgenommen.

Ungewöhnliche Orten für den „schwebenden Klang“ wurden gefunden, neue Instrumenten wurden eingesetzt und junge, innovative und mutige Musiker gab es in dieser Region viele. Eine spannende Zeit die natürlich auch geprägt war vom Geist eines Joseph Beuys oder weniger bekannten Künstlern wie Jürgen Kramer: http://www.lomax-deckard.de/article-vergessene-helden-jurgen-kramer-89616268.html

Der Fokus der Box liegt vor allem auf der elektronischen Seite der Plankschen Vielfalt. Was eine gute Entscheidung ist, da die bahnbrechende Arbeit insbesondere bei den alten Aufnahmen der Eurythmics (Le Sinistre), der deutschen Band D.A.F, Michael Rothers (Feuerland) oder bei dem furiosen Stück „Regenmacher“ von Roedelius auffällt.

 

Nimmt man sich die Zeit und hört alle CDs durch, so bombardiert einen ständig das Wort „zeitlos“. Und was gibt es für ein schöneres Kompliment, für einen Musiker, als dieses Wort! Glauben Sie mir, es gibt keinen Grund diese Box nicht zu besitzen. Und das sage ich gerne, obwohl mir Groenland keinen Cent dafür bezahlt…

Conny Plank starb am 18. Dezember 1987 an Krebs!

Alan Lomax

http://connyplank.com/

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