Wall Street - Geld schläft nicht

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  20. Februar 2011, 10:08  -  #Filme

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Wenn es je einen Regisseur in Hollywood gegeben hat (oder gibt), der emotional extrem aufwühlen konnte oder "kann", dann muss der Name Oliver Stone genannt werden. Der Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens lag in den Jahren 1986 bis 1991 beginnend mit 'Salvador' und endend mit einem der besten Politthriller die je gedreht wurden: 'JFK'. Dazwischen widmete er sich dem Vietnam-Krieg, den 'Doors', aber auch einer Strasse, deren Ursprung auf P. Stuyvesant zurückgeht, der 1652 einen Wall errichten liess um Neu-Amsterdam gegen Überfälle der Indianer zu schützen: Wall Street.

Der Film aus dem Jahr 1987 war packendes, spannendes, inhaltlich innovatives und nicht nur zeitgemässes Kino. Stone sezierte die Prinzipien des Kapitalismus und führte sie auf den Schafott. Sehr kritisches und pathetisches Kino mit exzellenten Darstellern, allen voran Michael Douglas, der mit der Rolle des Gordon Gekko eine filmische Ikone schuf und für viele geldgeile Menschen aus den 80'er Jahren ein Vorbild wurde. Daneben glänzte Martin Sheen als kleiner 'Mann von der Strasse'. Douglas' Gegenpart wurde porträtiert von Charlie Sheen.

14 Jahre später wagte sich Stone an eine Art Fortsetzung. Geändert hat sich an der Einstellung der Menschen zum Geld und zur Gier nicht viel, über die dubiosen Spekulationen und die Finanzkrise wurde viel berichtet und da war es nur eine Frage der Zeit, bis sich Stone des Stoffes erneut annehmen würde.

Dem Tiger sind leider nur die Zähne ausgefallen und die Krallen sind stumpf. Der Film unterhält, keine Frage und auch kritische Ansätze sind vorhanden, nur ist das ganze gelackt und auf Hochglanz getrimmt. Elemente eines Wirtschaftsthrillers mischen sich mit Melodram und hinterlassen ein schalen Eindruck. Der 'Generation Facebook' dürfte der Film aber gefallen: schnell erzählt, oberflächlich, eine Prise Überraschungseffekte hier und dort und am Ende verpufft alles in einer Seifenblase. Schade, denn Stone k(ann)onnte mehr.

Douglas ist in der Rollengestaltung und Erweiterung seines Charakters sehr gut und weiss den Zuschauer zu binden, wenn auch ihm diesmal weniger Möglichkeiten zur Entfaltung gegeben werden. Ihm zur Seite gestellt werden Eli Wallach als Wall Street Tattergreis und man fragt sich, ob Hollywood keinen Respekt mehr vor seinen alten Recken hat. Wallach mutiert zur Witzfigur. Als Widersacher und skrupelloser Spekulant weiss Josh Brolin hingegen etwas zu glänzen. Sowieso ein grossartiger Schauspieler, von dem ich einiges erwarte in den nächsten Jahren. Einzig Milchbubi Shia LaBeouf ist eine schauspielerische Pfeife. Ich verstehe beim besten Willen nicht, was Spielberg geritten hat diesen Darsteller zu promoten? Talentfrei. In einer Nebenrolle als seine Mutter ist Susan Sarandon zu sehen, bei der man sieht, wie professionelle Schauspieler agieren.

Das Drehbuch enthält einige gelungene, sehr geschliffene und nachdenkliche Dialoge, das muss man dem Film attestieren und auch die optische Umsetzung ist zum Teil virtuos gelungen, aber das kennt man von Stone. Nur kann dieses Niveau nicht über die ganze Zeit von 2h aufrecht gehalten werden. Zu offensichtlich der Plot, zu harmlos die Anklagen an die Finanzwelt.

Fans von Brian Eno und David Byrne dürften sich freuen, beide liefern mehrere Songs zum Soundtrack-Album bei, aber auch diese Musik wirkt im Jahr 2010 in Kombination mit den Bildern fehl am Platze.

Wie dem auch sei: Die Fortsetzung unterhält, macht zuweilen auch Spass und liefert gute Unterhaltung ohne grossen Anspruch.

Jetzt bin ich auf David Fincher's neuestem Beitrag gespannt. Ob dem auch die scharfen Klauen abfallen?

Rick Deckard

 

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