Scorpio - Burt Lancaster und Alain Delon

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  23. Januar 2010, 23:12  -  #Filme

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Burt Lancaster hat auf der Leinwand schon immer durch seine ungemeine Virilität überzeugt, ob als Pirat oder Westernheld. Er gehörte mit Schauspielern wie Gregory Peck, Gary Cooper, Charlton Heston, James Stewart oder Henry Fonda zu den 'versatile actors', also denjenigen unter den Schauspielern, die in der Lage waren in einer grossen Vielfalt an Rollen stets zu überzeugen. Das war auch ein Grund für seine immense Popularität. In diesem 1973 von Michael Winner gedrehten Thriller spielt er eine CIA Agenten namens Cross, der auf der "Abschussliste" des Geheimdienstes steht. Um ihn zu liquidieren wird ein französischer Killer namens Scorpio aka Jean Laurier angeheuert, der ihn beseitigen soll und von Alain Delon verkörpert wird. Das bringt den Franzosen in eine Zwickmühle, da er einen Grossteil seiner Ausbildung eben unter diesem Cross absolviert hat. 

Der Film ist natürlich in die Jahre gekommen, wenn man bedenkt wie sich die Bildsprache in einem Thriller im Laufe der Jahre geändert hat und auch die Action Szenen, wenn auch dramatisch inszeniert, wirken etwas altbacken. Aber nichts desto trotz hat er immer noch seine Qualitäten beibehalten, die er hauptsächlich aus der Stimmung zur Zeit des 'Kalten Krieges' zieht. Paris, Washington und Wien bieten die internationalen Schauplätze für diese Verfolgungsjagd.

Nostalgische Gefühle kommen hoch wenn man sich dieses Katz-und-Maus Spiel ansieht, insbesondere was die Machart angeht. Szenen mit Action, die gut dosiert sind, wechseln mit Sequenzen in denen der Dialog vorrangig ist und gerade da zeigt dieser Film seine Stärken. Das Drehbuch von David Rintels und Gerard Wilson bietet keinen Raum für eine Romantisierung des Agenten-Gewerbes sondern ist viel mehr kritisch und phasenweise auch zynisch angelegt. Die Handlung ist straff und von Beginn an ist man in medias res. Die Szenen zwischen Lancaster und Delon sind handlungsbedingt von wenig Emotionalität geprägt aber die Chemie zwischen beiden Darstellern funktioniert trotz der unterschiedlichen Herkunft. Man nimmt Ihnen die Rollen des Lehrers und Schülers ab. 

Das interessante an solchen Filmen aus vergangenen Jahrzehnten sind immer wieder die Schauplätze und ungewollt erhält man "historische" Einblicke, wie es in diesen Weltstädten vor 37 Jahren einmal ausgesehen hat, wenn auch sich bestimmte Schauplätze bis heute nicht geändert haben müssten.

Gegen Ende verblüfft der Film mit einer Wendung die der Zuschauer so in keiner Weise vermuten würde und die Stringenz in der Motivation der handelnden Figuren ist beeindruckend. Wie bei Winner zu erwarten gibt es natürlich kein 'Happy End' und auch wenn man über die Jahre geübt ist und in gewisser Weise antizipieren kann, so ist das Ende des Films trotzdem so, dass man erstaunt ist und letztendlich "froh", dass weder der Regisseur noch die Drehbuchautoren einen Kompromiss eingegangen sind. Deswegen ist mir der Film auch nach all den Jahren in (guter) Erinnerung geblieben.

Die Musik von Jerry Fielding ist im Vergleich zu vielen anderen seiner Kompositionen sehr viel zugänglicher, melodischer und "hörbarer", was unmittelbar im Main Title deutlich wird. Nebst einem grossorchestralen Ansatz liefert er aber intimere und ökonomisch durchkomponierte Sequenzen und der Einfluss von Jazz ist auch hier unüberhörbar. Flöte, Klarinette, Orgel als auch ein Klavier (als Soloinstrument) kommen zum Einsatz und viele Passagen erinnern an Jazz Alben von Jimmy Smith und Herbie Mann.

'Scorpio' muss man kleine Klassiker-Qualitäten bescheinigen, wenn auch der Film in der Dramaturgie und Charakterzeichnung kleine Verfehlungen aufweist. Aber er ist ein spannender Thriller, der trotz der fast 40 Jahre noch immer blendend unterhält und das liegt auch an dem Spiel der beiden Hauptdarsteller. Nicht zu vergessen Paul Scofield, der auch mit dieser kleinen Rolle zeigt, warum er ein so begnadeter Schauspieler, v.a. Theaterschauspieler war. Man merkt ihm (trotz dieser für ihn wenig herausfordernden Rolle) in den Szenen mit Burt Lancaster seine Klasse an. Zuletzt sah man ihn in dem Robert Redford Film 'Quiz Show'.

Rick Deckard 

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