Ridley Scott wird 75 - Ein Blade Runner des Kinos: Gratulation zu einer grossartigen Karriere!

von Rick Deckard  -  30. November 2012, 11:52  -  #Filme

Prometheus

Nachhaltigkeit ist ein Wort, welches in der Filmbranche eine Seltenheit ist. Zeitgeist und gesellschaftliche Strömungen haben auf die Produkte der Filmindustrie einen ebensolchen Einfluss wie in der Popmusik: Was gestern noch hipp und en vogue war, ist heute bereits vergessen. Das gilt für Filme wie auch deren Macher, die Regisseure.

Ridley Scott stellt in diesem Business eine der wenigen Ausnahmen dar. Der am 30.11.1937 in South Shields, England geborene Regisseur und Produzent kann auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Das Wort 'Nachhaltigkeit' trifft bei ihm in dem Sinne zu, als dass seine Art Filme zu drehen und zu inszenieren nicht nur stilitisch beeindruckend, sondern auch Weg weisend war. Er schuf Meilensteine mit einem immensen Einfluss auf die Kino- und Popkultur.

Was ich persönlich an Scott immer bewundert habe, ist seine Art, v.a visuell, Geschichten zu erzählen. Das empfinde ich als grosse Kunst. Man sollte nie vergessen: Kino ist bewegte Bilder! "That's why they call it Motion Picture" um einmal Tarantino zu zitieren.

Meine erste Begegnung mit Scott war sein bahnbrechender und überragender Film 'Alien'. Unzählige Plagiate dieses Meisterwerkes (Alien z.B. ist ein Meisterwerk - der Begriff wird heute viel zu inflationär gebraucht!) folgten. Scott gelang mit Alien ein besonderer Kunstgriff, da er zwei Genre äusserst effektvoll mit einander kombinierte: Horror & Science Fiction. Das Ergebnis war und ist heute noch Furcht einflössend und in der Intensität nur mit Pscyho von Alfred Hitchcock vergleichbar. Die wunderbare Musik von Jerry Goldsmith tat ihr übriges. Ein Geniestreich: Die Kreatur des schweizer Künstlers H.R. Giger. Das ausserirdische Geschöpf war atemberaubend. In Zeiten, in denen Raumschiffe durch das Weltall glitten und Laser abfeuerten, schuf Scott wider dem Zeitgeist das genau Gegenteil: eine verschwitzte und auf Profit auslegete Truppe von Handwerkern, die im Weltall ihrem Verdienst nachging. Und er schuf mit Ellen Ripley eine Ikone des "weiblichen Films", des Actionfilms, gespielt von Sigourney Weaver. Was für ein Film!

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Drei Jahre später folgte ein weiterer Meilenstein des Kinos und einer der schönsten Filme aller Zeiten: Blade Runner. Zu Beginn missverstanden und mit falschen Ewartungen besetzt, entwickelte sich die Utopie zu einem äusserst populären und bis heute viel zitierten Film. Auch Blade Runner fand bis in die Neuzeit unzählige Nachahmer, v.a. die Bildsprache und das Dekor betreffend. Wie schwer die Produktion seinerzeit war und welchen Widerständen sich Scott ausgesetzt sah, ist in einer sehenswerten Dokumentation auf der Director's Cut DVD zu sehen. Der finale Monolog von Rutger Hauer, die Bilder des Kameramanns Jordan Cronenweth, die Musik von Vangelis und nicht zuletzt die Vorlage von Philip K. Dick: Kino in Vollendung!

Doch Scott wird in künstlerischem Sinn meistens nur mit diesen Filmen in Verbindung gebracht. Dabei hat er in der Folgezeit Filme gedreht, die qualitativ hochwertig waren und aus der Masse hervorragten. In diesem Zusammenhang sei z.B. 'Legend' (Legende) erwähnt, ein berauschender und atmosphärisch äusserst stimmiger Fantasy Film mit Tom Cruise in der Hauptrolle. Legend ist ein in ästhetischem Sinne beeindruckender Film,der für mich keineswegs den erst genannten nachsteht. Auch hier schrieb Jerry Goldsmith eine, im wahrsten Sinne des Wortes, fantastische Filmmusik. Es lohnt sich diesen Film auf DVD anzusehen, wenn er auch, wie die meisten seiner Filme, erst auf der Leinwand seinen vollen Zauber entfaltet.

Es folgte der spannende Film 'Someone to watch over me' (Der Mann im Hintergrund) gefolgt von dem guten Thriller 'Black Rain' und dem vielbeacheten und wegweisenden 'Thelma & Louise'. Wegweisend, weil das Genre des Roadmovie mit zwei starken und emanzipierten Protagonistinnen bereichert wurde. Machismo und protzendes Gehabe von Männern wurde ad absurdum geführt. Nicht zu Unrecht wurde die Drehbuchautorin Callie Khouri mit einem Preis ausgezeichnet. Nebenbei wurde der Film zum Grundstein der Karriere eines Brad Pitt.

Mit '1492 - Conquest Of Paradise' folgte zwar ein bildgewaltiger aber doch zugegebener Maßen schwacher Film über die Entdeckung Amerikas von Columbus mit Gerard Depardieu in der Titelrolle.

Mit 'G.I. Jane' (Die Akte Jane) hatte Scott ein Tief ('White Squall' kenne ich leider nicht), aus dem er monumental emporstieg: 'Gladiator'. Ein Riesenerfolg und die Wiederauferstehung des Monumentalfilms im Kino. Auch hier zeigte sich, dass Scott entgegen der aktuellen Strömung im Kino radikal seinen Visionen folgte, etwas was ich als mutig und bewundernswert empfinde, bedenkt man, dass es sich beim Kino v.a. um eine Industrie handelt. Der Nachhall hält bis heute an, siehe die ganzen Fernsehserien und Filme die Gladiator folgten! 

Hannibal

2001 folgten 'Black Hawk Down' und 'Hannibal'. Ersterer musste sich (wie immer) den Vorwurf der Kriegsverherrlichung gefallen lassen. Dabei ist er ein atemlos inszenierter, enorm spannender und optisch-akustisch grossartig gedrehter Film, der ebenfalls ein genaues und erneutes Ansehen lohnt.

'Hannibal' wurde von der Kritik verschmäht und z.T. verrissen, was ich keineswegs nachvollziehen kann, weniger aus der Bewunderung für Scott, denn objektiv. Scott gelang ein sehr bedrückender, atmosphärisch hoch intensiver, sehr stylisher, spannender und nachhaltig beeindruckender Horror-Thriller mit einem erneut umwerfend agierenden Anthony Hopkins, der mit Julianne Moore eine ebenbürtige Aktrice zur Seite gestellt bekam. Wer bei diesem Film genau hinsieht, erkennt Scott's grosse Leidenschaft für die Kunst. Neben den gruseligen und Gänsehaut erregenden Schauwerten überzeugt der Film auch durch ein grosses Maß an Romantik. Gerade die zarte und platonische Beziehung zu Clarice Starling macht dies deutlich. Visuell ist der Film eine Wucht und erlesen fotografiert. Wunderschön die Arie 'Vide Cor Meum', die für den Film eigens komponiert wurde (Patrick Cassidy). Die Schlusseinstellung hat sich in das Gedächtnis gebrannt (der Flieger in der Dämmerung in Zusammenhang mit der Musik!). Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern wie euphorisiert Lomax und ich aus dem Kino kamen! An der Kasse war 'Hannibal' äusserst erfolgreich.

Trotz aller Begeisterung und Bewunderung für Scott muss man sagen, dass er in der Folgezeit nur noch Mainstreamfilme drehte und wenig neue Akzente setzte. Herausragend aus den Jahren 2003 bis 2012 sind meiner Meinung nach einzig 'American Gangster' und aktuell 'Prometheus'. Ersterer beleuchtet die Machenschaften des amerikanischen Militär mit den Drogenbaronen der 70'er Jahre, was für viel Kritik sorgte, letzterer wurde nicht der erwartete ganz grosse Wurf von Scott, aber dennoch ein sehr sehenswerter Science-Fiction Film mit tiefgründigen Gedanken und einem respektvollen Zitat an ein Meisterwerk des Kinos. Allein dafür sei Scott gedankt!

 

Congratulation Mr. Scott!

 

Rick Deckard

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