Wir alle wollen Helden sein: The Amazing Spider-Man von Marc Webb
Was gäben wir darum, wenn wir fliegen, uns schneller bewegen oder der Schwerkraft ein Schnippchen schlagen könnten? Der Wunsch des Menschen ist vermutlich so alt wie er selbst: Übermenschlich zu sein. Ein Held zu sein. Die alten Griechen haben sich mit ihnen beschäftigt und unser aller Freund Friedrich Nietzsche auch. Er war es, der vom Übermenschen sprach, ein Wesen ausgestattet mit übermenschlichen Sinneskräften. Dieses Begehren geht uns unser Leben lang durch den Kopf und ganz besonders wenn wir pubertär sind und unsere Allmachtsfantasien Kapriolen schlagen.
Das wussten auch Menschen wie Stan Lee, Steve Ditko, Jack Kirby und Bill Everett. Sie waren es, die in den fünfziger Jahren begannen ein neues Universum zu erschaffen, das der Superhelden. Einer von ihnen war Spiderman aka Peter Parker, einer der erfolgreichsten Charaktere aus dieser Marvel-Welt. Warum, das wurde mir gestern wieder bewusst: Ein Junge wie du und ich, mit Problemen in diesem Alter wie du und ich. Doch von heute auf morgen ändert sich sein Leben durch den Biss einer gen-mutierten Spinne und ehe er sich versieht "fliegt" er durch die Wolkenkratzerschluchten, jagt Verbrecher (unser Wunsch gutes zu tun, gerecht zu sein!) und gewinnt das Herz seiner Angebeteten. Alle Wünsche eines pubertierenden Jungen gehen auf einen Schlag in Erfüllung und wir, die wir von all diesen Dingen träumen um unseren Alltag zu entfliehen, bekommen diesen Traum vorgeführt, auf der grossen weissen Leinwand.
Nachdem Sam Raimi den Spinnenmann bereits in einer extrem erfolgreichen Trilogie zu Ehren kommen ließ, werden wir erneut von dem Superhelden unterhalten. Lange war ich am überlegen, ob ich mir diese neue Verfilmung ansehen sollte? Gestern war es soweit und Columbia Pictures und ich folgten gemeinsam den Abenteuern des Peter Parker. Was soll ich sagen? Es war sehr unterhaltsam, sehr lustig, sehr tragisch und sehr heldenhaft. Eine wirkliche Überraschung diese Neuverfilmung! Mit Andrew Garfield fanden Regisseur und Produzenten eine perfekte Besetzung: Nerdism in Reinkultur. Garfield gelingt es auf überzeugende und anschauliche Weise den Zuschauer in die Psyche des Helden mitzunehmen, seine Verwandlung nachzuvollziehen und ihn zu verstehen. Das machen die Drehbuchautoren sehr geschickt. Bei aller Ernsthaftigkeit verlieren sie aber nie den Sinn für Humor, was den Streifen so sehenswert macht. Die Balance aus Ernsthaftigkeit, Tragik und Humor wird genau austariert.
Garfield zur Seite stehen einige sehr gute Schauspieler, allen voran der legendäre Martin Sheen, der zeigt, was man aus einer kleinen Rolle herausholen kann: Ein kleines Highlight. Daneben sehen wir Sally Field und Rhys Ifans. Die Freundin von Spiderman wird gespielt von Emma Stone und die Chemie zwischen den beiden stimmt von der ersten Minute.
Die Handlung dürfte jedem Comic- und jedem Nicht-Comic-Fan bekannt sein. Die Umsetzung gelingt dem Regisseur grossartig. Neben dramatischen und zu Herzen gehenden Momenten gibt es erstklassige Action-Szenen mit einem Finale in schwindelerregender Höhe und einem "Bad Guy", der zur Echse mutiert. Diese wiederum sorgt für eine unfreiwillige Komik, zwar sehr gut animiert, trotzdem nicht richtig böse mit einem Hauch von Trash. Aber das ist nur eine kleine Schwäche dieses ansonsten sehr unterhaltsamen Filmes. Vielleicht noch eine Bemerkung zur Filmmusik: Ich mochte kaum meinen Ohren trauen, aber James Horner hat es anscheinend nach fast 20 Jahren geschafft, sich selbst nicht mehr zu kopieren: Die Musik fiel positiv auf! Welch ein Wandel, Mr. Horner!
The Amazing Spider-Man ist hervorragende Mainstream Unterhaltung mit einem sympathischen Superhelden voller Stärken und Schwächen und macht Lust auf mehr.
Aber was mein Herz schon vor dem Film schneller schlagen liess, war dieser Trailer:
Wahnsinn! Ist Peter Parker alias Spiderman der Held für Mr. Lomax, ist es "Der Mann aus Stahl" für mich.
Aus dem Comic-Himmel,
Rick Deckard