Jahresrückblick 2010: Filme
In das Kino zu gehen war vor Jahrzehnten noch ein Ereignis. In Zeiten der Multiplex-Schachtelkinos hat sich das erheblich geändert. Natürlich ist die Technik ausgereifter, aber nicht immer hat das auch den gewollten Effekt. Wie oft habe ich mich über schlechte Projektionen, abgeschnittene und grobkörnige Bilder geärgert. Dazu natürlich das Publikum mit 5L Cola Becher, Magnum Tüte Popcorn und 2 Kg Nachos auf dem Schoss.
Ich liebe das Kino nach wie vor und freue mich in das "Lichtspielhaus" zu gehen, aber nur für besondere Filme oder im Urlaub je nach Stimmung. Zu gut mittlerweile die Fernseher und das Heimkino in Bild und Ton. Trotzdem ist und wird die grosse Leinwand unersetzlich bleiben. Auch 2011.
Was ich im Kino immer mehr vermisse ist diese "Schwere" der Beziehung zwischen den Bildern, Handlung und dem Publikum, die innige Bindung und Beziehung des Betrachters an den Film. Es fällt mir schwer zu beschreiben was ich meine. Um es zu verstehen sollte man sich eine Sequenz in dem hier einige Beiträge vorher vorgestelltem Filmmusik-Video ansehen. Nach einigen Filmen mit musikalischer Untermalung taucht der Film 'Islands In The Stream' mit der Musik von Jerry Goldsmith auf. Man sieht George C. Scott auf der Leinwand und plötzlich taucht dieses Gefühl auf, von dem ich hier schreibe. Man atmet tief durch und verspürt dieses Verlangen nach grossen Schauspielern, Emotionen und Bildern ... .
In diversen Foren rund um das Internet werden Stimmen laut, die eine Abkehr wollen von der ewigen Prämisse 'Die Handlung steht über allem'. Kino würde auch aus Schauwerten bestehen. Dem würde ich entgegnen, dass ein Film beides braucht und das Optimum ist eine Balance zwischen beidem, nur das sind die seltenen Meisterwerke. Ich bin aber der Auffassung, dass die Handlung nach wie vor der wesentliche Stützpfeiler eines Filmes ist. Es geht auch im Jahr 2010 darum eine Geschichte zu erzählen, die das Publikum in den Bann zieht. Früher wurden diese am Lagerfeuer erzählt, heute sind es bewegte Bilder mit Ton. Die Handlung bleibt das 'A' und 'O'.
Was gab es 2010?
6 Filme die rückblickend in den Sinn kommen und alle diese Forderungen erfüllt haben:
Inception von Christopher Nolan: ein intelligenter und visionärer Film, den es sich gelohnt hat auf der grossen Leinwand zu sehen. Gekonnt verbindet hier der Regisseur die Mittel des modernen Kinos mit einer so noch nie gesehenen Handlung um einen philosophischen Film daraus zu machen im Genre des Action-Thrillers. Zuletzt gelang das den Wachowski-Brüdern mit Matrix. Inception ist ein Film, der einen im Alltag immer wieder ins Bewusstsein gerufen wird, wenn man träumt. Und wer tut das nicht, ob im Schlaf oder Alltag?
Das weisse Band von Michael Haneke: rückblickend für mich einer der wichtigsten und bedeutendsten Filme der letzten Jahrzehnte, weil ungeheuer mutig und in höchstem Masse analytisch. Ein wirklicher Meilenstein des Kinos, der dem Zuschauer alles abverlangt und darüber hinaus etwas vollbringt, was ihn zur Kunst macht: er fordert einen auf nachzudenken und zu reflektieren. Das ist auch ein Film, der mich dieses Jahr immer wieder im Alltag "verfolgt" hat. Meisterhaft in Bild, Ton und Handlung.
Shutter Island von Martin Scorsese: vielleicht das Beispiel für Kino überhaupt. Eine grosse Referenz an Regie-Genie Alfred Hitchcock und dessen Spiel mit den Erwartungen des Zuschauers. Eine perfekte Symbiose aus allen Zutaten, die das Kino so populär gemacht hat. Ich hoffe, dass dieses Ass uns auch 2011 begeistern wird. Momentan dreht er seinen ersten 3D Film ... .
The Ghostwriter von Roman Polanski: Old School par excellence. Lomax schrieb es in seinem Beitrag. Entweder man mag diese Art Film oder nicht. Hier gibt es nicht viel zu erklären. Wohltuend unspektakulär-spektakuläres Kino mit einem meiner Lieblingsdarsteller der jüngeren Vergangenheit: Ewan McGregor. Polanski zeigt auf handwerklich beeindruckende Art, wie man eine Geschichte spannend erzählen kann. Grosses, atmosphärisch ungemein dichtes Kino!
A Serious Man von den Coen Brüdern: ein Abbild von Realitäten in bewegte Bilder. Ein kleiner, fieser, gemeiner und wahrhaftiger Film. Vielleicht der beste des Jahres 2010?
Kick Ass von Matthew Vaughn: mit dem grandiosen Watchmen eine der besten Comic Verfilmungen der letzten Jahre. Auf dem Weg zum Kult!
Bleiben die Erwartungen an 2011. Filme, Avatar hat es gezeigt, werden mehr und mehr zu blossen Schauwerten reduziert. Es ist eine Entwicklung der ich mich nicht verschliessen möchte, aber ich "fordere" dann die Einbettung der bestehenden technischen Möglichkeiten in eine intelligente und packende Rahmenhandlung. Zweifelsohne ist die Technik von Avatar und des 3D-Kinos verblüffend, aber die Handlung? Was für ein grosser Haufen Schrott!
Zwei grosse Regisseure haben sich einiges vorgenommen: Spielberg und Jackson wollen die Abenteuer von Tim und Struppi als Dreiteiler in das Kino bringen. Ich habe die ersten Fotos gesehen und will mich mal jetzt noch nicht dazu äussern, erst sehen, dann urteilen.
Apropos Comics: grosse Erwartungen hinsichtlich 'Thor' von Kenneth Branagh, sowie 'The Green Lantern' und 'Captain America'.
Ganz grosse Erwartungen: True Grit.
Wir werden sehen, sprach der Blinde.
Rick Deckard