Der Dialog - Francis Ford Coppola

von Rick Deckard  -  26. August 2012, 11:14  -  #Filme

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Das faszinierendste an 'Der Dialog' aus dem Jahr 1974 ist die Schauspielkunst eine Gene Hackman. Aber auch über diese Erkenntnis hinaus ist der Film von Francis F. Coppola ein Ereignis. Die 70'er Jahre waren ein besonderes Jahrzehnt in der Kinogeschichte und mit ihm einige Filme aus dieser Ära.

Wenn man über "Paranoia- und Verschwörungsfilme" spricht, dann fallen einem die Klassiker ein: 'Klute' und 'Zeuge einer Verschwörung' von Alan J. Pakula, sowie 'Die 3 Tage des Condor' von Sydney Pollack, nicht zu vergessen 'Unternehmen Capricorn' aus dem Jahr 1978 von Peter Hyams. 'Der Dialog' wird darüber hinaus oft und gerne vergessen, vollkommen zu Unrecht wie ich finde. Das mag daran liegen, dass der Film, der kein grosser Publikumserfolg war, trotz sehr guter Kritiken, einer eigenständigen, nicht so sehr auf Effekte und auf klassische Dramaturgie aufbauenden Erzählweise folgt. Gerade deswegen ist er aber sehenswert!

In einem sehr bedächtigen Tempo führt uns Coppola in die Welt eines Harry Caul ein, gespielt von Hackman, einem Abhörspezialisten, der sowohl von der Regierung als auch Privatpersonen Aufträge entgegen nimmt. Caul wird porträtiert als ein zutiefst einsamer Mensch, unfähig in der Lage Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen und geprägt von einer fast obsessiven Leidenschaft für seinen Beruf. Sein einziges Hobby ist das Saxophon und der Jazz. Von einem vermögenden Industriellen erhält er den Auftrag zwei Mitarbeiter seines Unternehmens zu observieren und das Gespräch aufzuzeichnen.

Caul, der sich weder für Menschen noch scheinbar für Emotionen interessiert, folgt stets der professionellen Vorgabe eine gute Aufnahme abzuliefern. Der Inhalt des Gehörten interessiert ihn nicht, was sich aber aufgrund seiner Vergangenheit, in der seine Tätigkeit tragische Folgen hatte, nun ändert ... .

Der Film ist eine Beobachtung, eine Charakterstudie, die Beschreibung eines Milieus, auf einer anderen Erzählebene aber auch ein "Thriller". Der Zuschauer erfährt dabei nur soviel, wie Caul selbst. Er ist ihm nie voraus, was gegen Ende zu einer verblüffenden Auflösung führt.

'Der Dialog' ist mitnichten ein Film für die breite Masse, auch wenn es sich überheblich anhören mag, eher ein Film für Cineasten. Es gibt sehr viele sehens- und denkwürdige Details, die sich nach und nach erschliessen, dem geübten Beobachter aber sofort ins Auge fallen. Die Interpretation dieser Details ist jedoch schwierig und vieles wird erst verständlich, wenn man über den Film im nachhinein recherchiert, dann aber mit einem "Aha-Effekt".

Der Film ist in seiner Aussage sehr vielschichtig: Es geht um Paranoia, Verletzung der Privatsphäre, Überwachung und Schuldgefühle. Es fällt schwer ihn einer bestimmten Kategorie zu zuordnen, meines Erachtens ist es ein Horrorfilm. Hochinteressant ist die Kameraführung von Bill Butler. Beim Betrachten fällt die Intention gelegentlich bewusst auf. Später, wenn man über den Film nachliest, wird einem erst bewusst wie und mit welcher Einstellung warum gedreht wurde. Der Filmmusik-Komponist David Shire schrieb eine minimalistische, lediglich für Klavier komponierte Musik, die passend und effektiv ist, mit einer verstörenden Melodie.

'Der Dialog', im Original 'The Conversation', ist ein für leidenschaftliche Cineasten absolut sehenswerter Film eines begnadeten Regisseurs. Arthaus hat den Film vor kurzem erneut auf DVD veröffentlicht mit einigen schönen Extras. U.a. kommt der Komponist zu Wort, wir sehen ein Making-Of mit Coppola, ein Interview mit Hackman und eine sehr schöne Montage über die Drehorte damals und heute.

Eine interessante Analyse des Films liefert übrigens der Philosoph Slavoj Zizek in der Dokumentation 'The Pervert's Guide To Cinema' von der Regisseurin Sophie Fiennes, erschienen bei Zweitausendeins. Ich hatte über den Film an anderer Stelle auf diesem Blog berichtet.

Aus San Francisco,

Rick Deckard

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