The International
Tom Tykwer ist einer der Regisseure, die "in Hollywood angekommen" sind. Wenn 'Airforce One' Wolfgang Petersens Antrag auf die amerikanische Staatsbürgerschaft war, dann ist Tykwer's 'The International' mit Sicherheit seine Bewerbung für einen James Bond Film, wenn auch keine Anleihen bei dieser Figur gemacht werden, noch der Stil kopiert wird. Vielmehr erinnert man sich sofort an die Thriller der 70'er Jahre und das schreibe ich nicht, weil ich gerade selbst ein Revival mit diesen Filmen feiere, sondern es eben so ist und es Cineasten nicht entgehen wird und Kritikern nicht entgangen ist. Zu klar sind die filmischen Vorbilder, v.a. in der Bildsprache und Fotografie. Doch es fehlt dem Film um gleich in 'medias res' zu gehen die Stringenz dieser Filme aus vergangenen Epochen. Ich war mir als Zuschauer nicht ganz sicher, was genau der Film beabsichtigt: Thriller oder ernsthafte Kritik am Banken- und Finanzwesen? Zu gelackt, zu steril und stereotyp dafür die Charaktere. Es fehlt eine eindeutige Position. Die Charakterzeichnungen sind nicht präzise ausgearbeitet. Vielleicht alles ein Kompromiss zu Gunsten der Zuschauer? Immerhin kostet so ein Film ja selbst Geld und das möchten die Finanziers auch eingespielt sehen. Das ist aber auch das einzig negative was man über den Film sagen kann.
Ansonsten bietet er perfektes und sehr gutes Entertainment mit einer spannenden und auch deutlich am Tagesgeschehen orientierten Geschichte. Eingebettet in ein Thriller-Format wird Kritik ausgeübt an dem skrupellosen und menschenverachtenden Verhalten der Banken und grossen Finanzmärkte, sowie deren Geschäfte mit Waffen und der Regulierung der Krisenherde. Gleich viel auf einmal mag man denken, aber es funktioniert. Clive Owen hetzt als Interpol-Agent Louis Salinger (!) über den halben Erdball unterstützt von Naomi Watts als New Yorker Staatsanwältin um den Kriminellen das Handwerk zu legen. Berlin, New York, Mailand und Istanbul sind einige Orte des international agierenden Bankensyndikats und in kleineren Rollen tauchen Axel Milberg und Armin Müller-Stahl auf. Man muss Tykwer aber auch Respekt zollen, denn der Film steht auch für Kino 'Made in Germany' (& USA) und der deutsche Film ist nach all den unsäglich schlechten Komödien endlich auch international angekommen. Das ist wichtig und sollte weiter ausgebaut werden, immerhin kamen viele der in Hollywood zu Ruhm gekommenen berühmten Filmschaffenden vor den Kriegen aus Deutschland. Aktuell werden viele der grossen Produktionen (u.a.'The International) in den Babelsberger Studios gedreht, ein grossartiger Erfolg wie ich finde. Dieses Land hat eine grosse Kinotradition!
Es gibt in 'The International' alle Elemente eines Thrillers/ Polithrillers und angenehm zu vermerken sind auch die Tatsachen, dass mal keine Love Story die Handlung verwässert und den Zuschauer am Ende kein 'Happy End' erwartet. Insgesamt hinterlässt der Film einen sehr positiven Gesamteindruck und ich würde ihn gerne in einigen Monaten nochmals sehen wollen. Regisseure wie Tykwer sind auf einem guten Weg und man kann nur hoffen, dass das so bleibt. Trash wie zuletzt '10 000 B.C.' von Roland Emmerich braucht kein Mensch. Kino sollte ein Stück weit immer Kultur sein, wenn auch in aller erster Linie Unterhaltung.
Das tut 'The International': Ein empfehlenswerter, spannender Thriller.
Rick Deckard