Heaven On Earth

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  20. September 2009, 16:07  -  #Jazz

Ich hätte es kaum noch für möglich gehalten, aber immer wenn dieser Punkt erreicht ist, dann wird man eines besseren belehrt und wenn einem der Himmel zu Füssen gelegt wird, dann verschwindet auch der letzte Rest an Zweifel. Am 08. und 09. Mai 2009 nahm James Carter (Saxophon) mit John Medeski (Hammond B-3 Orgel), Joey Baron (Drums), Christian McBride (Bass) und Adam Rogers (Gitarre) ein sensationelles Live Album im 'Blue Note' in New York City auf. Seit seinem grandiosen Album 'Conversin' with the Elders' verfolge ich die Karriere dieses Ausnahme-Saxophonisten. Auf diesem Album war ich so fasziniert von der Spielweise dieses Jazz-Musikers, dass ich nach kurzem hinein hören in das neue nicht umhin kam es zu laden. Schon zu lange dümpelte die Jazz-Szene vor sich hin und parallel zur Popmusik überkam mich auch Langeweile, bis dieses Feuerwerk an Tracks mich aus der Lethargie erlöste. Die Soundqualität für ein Live-Album ist exzellent und man hört wie begeistert die Zuschauer bei den Tracks mitgehen. Ich bin eigentlich kein grosser Freund der Hammond Orgel in der Musik und habe bisher alle Alben mit diesem Instrument gemieden, aber hier passt die Spielkunst eines John Mesdeski einfach perfekt in das Ensemble.

Irgendwann einmal hatte ich gelesen, dass versierte Hörer an den ersten Tönen einen Jazz-Musiker erkennen können, ich kann das nicht, aber wenn man James Carter das Saxophon spielen hört, dann kann man diese Aussage mehr als nur untermauern. Rasiermesserscharf die Töne, das Spektrum reicht aus der tiefsten Tiefe der Okatven bis in die höchsten Höhen, Sounds werden übereinander geschachtelt und ohne Übertreibung kann man hier von einem Virtuosen sprechen. Man kann hier sogar seinen Improvisationen folgen und hört und spürt, warum der Jazz auch immer die Musik des Moments ist: Soviel Freiheit versprüht keine andere Musikrichtung. Carter ist in der Lage sich sehr organisch in die Musik seiner Mitspieler einzubinden, übernimmt die Führung und hält sich auch bedeckt wann immer es erforderlich ist. Überragend welche Töne er diesem Instrument entlockt und ja, er erinnert an Albert Ayler. Seine Fähigkeit zur Anpassung an die Stimmungen ist immens und nicht umsonst wird bei diesem Album von seinen chamäleonhaften Qualitäten gesprochen. Brillant!

Stellar Cast! Alles was Rang und Namen hat umgibt Carter und Medeski. Auffällig in dieser Gruppe ist Gitarrist Adam Rogers, der ein sehr bluesiges Instrument spielt und auf allen seinen Einsätzen und Soli zu begeistern weiss. Die Rhythmus Gruppe um McBride und Baron ist sehr funky und der Groove dominiert an allen Ecken und Enden dieses Albums. Der Fuss steht nicht still, ob Ballade oder Fusion. Die Tracks sind lang und bieten allen Solisten genügend Möglichkeiten ihr Können zu entfalten. Das Album ist sehr abwechslungsreich und bietet Funk, Soul, Blues aber auch einen Hauch Avantgarde, was es so reizvoll macht. Streckenweise hat man das Gefühl die Jungs rocken, mit soviel Enthusiasmus und Freude sind sie dabei. Die Musik beinhaltet einen alten Django Reinhardt Titel (Diminishing), sowie historisches Material wie Lucky Thompson's 'Slam's Mishap' und das grandiose 'Blue Leo' (Höhepunkt des Albums!), als auch den Titel gebenden Track von Larry Young.

Ich bin froh, dass solche Musik noch gespielt, produziert und aufgenommen wird und mein Interesse am Jazz ist wieder entfacht. Jeder der Musik hört kennt diese Phasen. Nun warten wir ab, was der PoP im letzten Quartal des Jahres zu bieten hat.

Der Jazz hat gleich den Himmel auf Erden geboten, mehr kann man erst einmal nicht erwarten.

Rick Deckard 
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