Der Mann, der niemals lebte
Filme, die mit 'Der Mann..." beginnen gibt es viele, entweder wissen sie zu viel, geben niemals auf oder lieben die Frauen. Dieser hier tut das was oben im Titel steht.
'Body Of Lies' so der Originaltitel des neuen Filmes des mittlerweile 71-Jährigen (!) Ridley Scott ist ein Thriller angesiedelt im Milieu des Terrorismus, Politthriller wäre dann doch etwas zu übertrieben. Scott verfilmte den Roman des Autoren David Ignatius, der selbst mehrere Jahre für den C.I.A tätig war.
Wenn ein 'Ridley Scott Film' angekündigt wird, sind die Erwartungen immer hoch und dürfen das auch sein, denn er drehte Filme, die in die Geschichte eingegangen sind, namentlich 'Blade Runner' und 'Alien', aber auch über dem allgemeinen Niveau liegende gute Popcorn-Movies wie 'Black Rain', 'Gladiator' oder '1492'. Er ist mit Sicherheit einer der vielfältigsten und optisch eigenwilligsten Regisseure der Welt. Umso mehr wird jeder neue Film mit Spannung erwartet.
In dem hier genannten Film arbeitet Di Caprio als 'Soldat an der Front' für den C.I.A im nahen Osten unter der Leitung eines untersetzten, mit allen Wassern gewaschenen und eher unscheinbaren Top Agenten in Langley, Virginia, gespielt von Russel Crowe. Für gewöhnlich werden den Schauspielern in Thrillern keine überragenden Leistungen abverlangt, gilt es doch eher die Handlung voranzutreiben, als einen Charakter auszuloten. Crowe, der relativ wenige Szenen hat, aber trotzdem stets präsent ist, spult diesen 'alten Hasen' ohne jede Nuance im Stil einer notwendigen Verpflichtung ab. Di Caprio darf da durchaus mehr bieten, ist sein Charakter viel breiter angelegt. Das war es dann auch.
Zur Geschichte will ich nicht viel verraten, sie hat die üblichen Haken und Wendungen eines Thrillers, gewürzt mit einer unnötigen Prise Love-Story. Das ganze wird natürlich im Hochglanzformat mit allerlei optischen Gimmicks geboten, die heute unabdingbar zu sein scheinen, können aber der Trägheit der Inszenierung auch nicht wesentlich auf die Sprünge helfen. Es gibt Spannungsmomente und Actionszenen, als auch ein verhaltenes Mass "Kritik" an der Politik, aber der Rest ertrinkt leider in Klischees. Der Film kann keine neuen Momente oder Ideen seitens des Drehbuches bieten und ihm fehlt auch die klassische Pointe am Schluss, sowieso insgesamt ein spannender Aufbau.
Ein ähnliches Thema hat Tony Scott, der Bruder, mit Brad Pitt und Robert Redford weitaus spannender und charmanter verfilmt ('Spy Game'), wenn auch nicht sonderlich überragend. Da aber war der Mentor mit Redford besetzt und der ist in der Lage einen solchen Film allein durch sein Spiel zu tragen und durch seine Leinwandpräsenz. Oder aber Peter Berg jüngst mit 'Operation: Kingdom' mit Jamie Foxx in der Hauptrolle. Ein sehr guter und durchaus kritischer Thriller/ Actionfilm, der Stellung bezieht, was Scott vielleicht nicht beabsichtigte, aber durchaus hätte tun sollen. Für Interessierte an dieser Thematik sei mit Nachdruck Stephen Gaghan's 'Syriana' zu empfehlen, einer der besten Politthriller der letzten Jahre, der erklärt und Zusammenhänge veranschaulicht. George Clooney spielt dort eine seiner besten Rollen, zudem sehr glaubwürdig. Beide letztgenannten sind absolut empfehlenswert, insbesondere 'Syriana'!
Wenn aber Scott nur an Unterhaltung gelegen war und weniger an unterschwelliger Kritik, was ich kaum glaube, dann hat er einen guten Film gedreht für die, die nicht mehr erwarten als 'Video rein, Alltag raus!'. Dafür ist er allemal gut und bietet solide Unterhaltung für einen Abend mit Chips & Cola.
Bleibt zu hoffen, dass sich einer meiner Lieblingsregisseure nochmals seiner Talente erinnert und den großen Wurf wagt. 'American Gangster' hat gezeigt, wozu er noch im Stande ist.
Rick Deckard
Bildquelle: Copyright Warner Bros. Pictures