Was hörst'n Du so?

von Alan Lomax und Rick Deckard  -  25. März 2009, 20:15  -  #Populäre Musik



Ich gerate sehr oft in Versuchung die Musik zu hören, die meinen Hörgewohnheiten schmeichelt. Harmonie im wahrsten Sinne des Wortes mit altbekannten Notenfolgen, Akkorden und gängigen Hörmustern. Man wiegt sich in Sicherheit, keine Bedrohung des Turmbaus. Dann kommen plötzlich "Störenfriede" und rütteln an den Fundamenten. Huch, man schwankt da oben plötzlich hin und her, bloss nicht runterfallen, nur nicht das Gleichgewicht verlieren!

So, oder so ähnlich bewusst bildlich gesprochen, ergeht es mir, wenn ich meine Lauscher öffne um einen Mix
der Musik zu hören, die Andere in Ihrem Leben beschäftigt. Auf die 'Geschmack Diskussion' lasse ich mich hier nicht ein, über den Punkt bin ich hinaus. Call me arrogant! Ist mir egal. Hier geht es um mehr, nämlich zu verstehen, was den anderen an dieser Musik reizt oder noch extremer: Was ist es, was den 'Mixer' an dieser Musik beflügelt? Dazu, muss leider wieder bildhaft werden, muss man erstmal von seinem Turm 'runterkommen und sich neu positionieren, sprich den mühevollen Weg zur Spitze des Turmes des anderen beschreiten. Das ist anstrengend,  man dreht sich im Kreis, kommt aber höher und oben angekommen, was ich noch nicht bin, erschliesst sich einem eine andere Sicht auf sein eigenes Konstrukt. 

Umständlich formuliert? Ganz und gar nicht! Dann eben den Text nochmals lesen!

Vor einigen Tagen bekam ich ein digitales Mixtape eines Menschen der mein Freund ist und ausserordentlich schätze, v.a. wegen seines breit gestreuten und immer wieder innovativen und inspirierenden Musikgeschmacks. Also habe ich die Tracks geladen und gehört. Das wohlige Gefühl zart schmelzender Schokolade kam selten auf, aber warum auch immer nur das gleiche geniessen. Ich muss ehrlich sagen, es war ein auf und ab beim hören, aber nie langweilig. Das ging mir dabei durch den Kopf:



1.) Grandmaster Flash: Swagger

I Like Your Swagger too! Sehr schöne Einsprengsel der "Background" Damen, sowie der synthetischen Streicher im Hintergrund. Sehr entspanntes Stück, unweigerlich fängt der Fuss an zu wippen. Exzellentes Cover mit unbändigem Selbstvertrauen. Der Mann ist nicht alt. Lädt ein zum mehrmaligen hören. Ich kann es mir nicht verkneifen: diese Jungs spielen und singen drauflos und die Testosterone sprudeln. Um einen linguistischen Klassiker zu bemühen: "Er hat's drauf!"

2.) John Frusciante: Dark/ Light

Ungewöhnliches Stück. Erinnert mich an Songs was den Gesangstil betrifft, bzw. die Verfremdung der Stimme, an schon gehörtes in der Vergangenheit... . Dann ab 02:45 min eine plötzliche Wendung. Bin nicht gleich darauf gekommen, aber dass ist schon eine perfekte musikalische Umsetzung des Titels. Schmeichelnde Gitarre und gewöhnungsbedürftiger Chor. Ich glaube, dass muss ich mir mehrmals anhören. Höchst interessant! Macht Appetit auf mehr. Im Grunde ein auf den ersten Blick simpel gestricktes Stück, auf den zweiten Blick sich besser offenbarend. Musik dieser Art habe ich seit längerem nicht gehört. Was auch ins Auge fällt ist der im Hintergrund gespielte aber doch präsent-melodische Bass. In der Summe ist das ganze aufkratzend und lässt einen nicht unbeteiligt. Abgedrehtes Cover.


3.) Charles Mingus & RZA: II B.S.

Alter, was geht hier ab? Mmhm. Jazz reworked.. . Mann kann nicht gerade behaupten, dass das einfältig sei, aber es fordert einen heraus. Ab 02:20 min geht's ab. Gewohnte Hörstrukturen..., von wegen. Not bad! Mingus
allein ist nicht einfach, aber reworked? Yo Ho! Da muss ich meinen Taschenrechner 'rausholen!


4.)
The Ins & Fleur Earth: Fall in Love

Geht gleich ins Ohr. Schöne Tasten. Warme Stimme. Tolle Harmonien. Ist das ein Fender Rhodes? Klingt zumindest ähnlich. Fleur Earth hat eine interessante Geschichte. Mal im Netz nachlesen!

5.) Darren Hayman & The Secondary Modern: Civic Pride

Kannte ich vorher nicht, aber habe ich parallel gehört/ geladen. Posaune, Bontempi Orgel, Banjo? Saxophon. Skurriles Konstrukt diese Komposition. Erinnert unweigerlich an die 'Roaring Twenties' und dann doch wieder nicht.


6.) DJ Koze:The Spitzer Group

Grandios. Einer der lustigsten Typen des "Business". Ich mag ihn. Sehr phantasievoll. Ein Lauf auf Messers Schneide. Gut ausbalanciert. Ich versuche bei solcher Art Musik, wie auch im Jazz übrigens, die Assoziation des Titels dieser Scheibe mit den meinen abzugleichen, geschweige denn zu verstehen. Wäre doch schön zu so einer Musik wieder geboren zu werden? Erkenne mich mit meinem Wesen auf dem Cover schnell wieder ... . DJ Koze ist einer der wenigen neben Schamoni, der einem zum lachen bringt. Wer kann schon
Humor mit Musik vermitteln? Ist eine Kunst!

7.) Phoenix: Armistice

Also das Debüt dieser Band ist eines der schönsten Alben der PoP Musik. Sympathische Stimme. Man fühlt sich jung, sofort. Meine PoP-musikalischen Kenntnisse reichen nicht weit genug, aber ich meine, dass das für die Band schon eine kleine Weiterentwicklung ist. Würde ich gerne mal live hören: Erster Gedanke. 


8.) M.I.A: Paper Planes - Remix For the Children by Adrock

Wer iss'n Adrock? Pistolenschüsse als Rhythmusinstrument. Akkurat. Morricone meets M.I.A. Heftiges Piece of Muzak. Dreht durch die Madame.


Use your senses!

Wolfgang Amadeus Deckard 
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