American Gods - Staffel 1

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  5. Juni 2022, 19:08  -  #serien, #Fernsehen

American Gods - Staffel 1

Die gibt es nicht, oder doch?

 

Der Anreiz mit dieser Serie zu beginnen und mit der 8. Folge dieselbige auch gleich zu beenden war: Neugier. Die Wortkombination "Amerika & Götter " erschien mir nicht passend.

 

Vorlage ist ein Roman des Briten Neil Gaiman und die Prämisse erscheint ungemein attraktiv: Das Buch beinhaltet die Genres Fantasy, Mythologie und amerikanische Folklore. Mit der Besiedlung Amerikas kamen die Götter des Abendlandes und des Orients in das Neue Land. Im Laufe der Zeit schwand der Glauben an diese Götter und die alten wurden zunehmend durch neue ersetzt (Technologien, Geld, Medien). Es geht um den Kampf der alten gegen die neuen Götter. Es geht folglich um eine Geschichte auf der Meta-Ebene.

 

Ein weiterer Grund mit der Serie zu beginnen, ist mein Faible und meine Liebe für das Science-Fiction Genre.

 

Wie nun wurde das Buch, welches ich nicht gelesen habe, als Serie umgesetzt, bei der es mittlerweile 3. Staffeln gibt?

 

Betrachten wir diese Frage rückblickend aus der fernen Zukunft. Zum einen wird sie, wie fast alles in der PoP-Kultur, schnell vergessen sein, zum anderen wird sie kulturell eingeordnet werden in das Zeitalter des Serien-Streaming-Trash.

 

Das ist sehr bedauerlich, denn die Geschichte, die Gaiman vermutlich in seinem Buch erzählt, und er hat in mir das Interesse geweckt sein Buch zu lesen, ist eine sehr schöne, spannende und eine, über die es wert ist, nachzudenken.

 

Bei American Gods als Verfilmung zur Serie wird das Manko deutlich, welches häufig vorkommt, wenn literarische Vorlagen in das Medium der sich bewegenden Bilder umgesetzt werden: Es gelingt nur selten. Das geschriebene Wort und die Fantasie des Lesers werden durch Drehbuchautoren übersetzt und ersetzt in Bilder. Beim Lesen ist der Rhythmus ein anderer, die Versenkung hat eine andere Qualität und es werden statt zwei Sinne nur einer beansprucht, der Sehsinn.

 

Die Vorstellungskraft des Menschen ist um so vieles größer, als die Macher glauben.

 

Die meisten Menschen können nicht lesen, insofern ist es ein Geschenk an die Massen, wenn Geschichten als bewegende Bilder erzählt werden. Im Mainstream muss dabei natürlich an den Geschmack der Massen gedacht werden, die Sex und Gewalt lieben. "Das zieht immer" und sorgt für hohe Quoten. 

 

Bislang dachte ich stets, dass die Nachfrage das Angebot bestimmt. Aber es ist nicht so. Das Angebot beeinflusst die Nachfrage.

American Gods - Staffel 1

Die Autoren standen vor der Wahl die Essenz des Buches in das Medium Fernsehen zu übertragen. American Gods zeigt einmal mehr, dass es diese Autoren sind, vermutlich unter Einfluss der Produzenten, die Schönheit verschandeln, mit ihrer Fäkalsprache, mit expliziten Darstellungen von Sex und Gewalt.

 

Ich war mir sicher und es bewahrheitete sich: Es gibt kaum noch Tabus in der seriellen Popkultur. Tabus haben eine schützende Funktion. Heute ist alles möglich. Alles kann gezeigt werden, alles wird gezeigt, selbst Flatulenz-Geräusche auf der Toilette sind zu hören.

 

Ich bin weiss Gott kein Spießer, nicht bigott oder verklemmt, aber für mich zählt das Medium Fernsehen so wie Kino und Filme, zu meinen Interessen, in unterhaltender aber auch künstlerischer Hinsicht. Jede Ästhetik schwindet aus Ihnen.

 

Die erste Staffel hat durchaus ihre Lichtblicke, Ideen und schöne Momente (ein Highlight - so hätte die ganze Staffel sein sollen - ist Folge 7), beeindruckt durch visuelle Fantasie, gute Schauspielerinnen, einen guten Score und zum Teil verschachtelte Handlung, aber immer wieder rutscht sie ab in die Gosse.

 

Man meint niedere Instinkte und Bedürfnisse des Publikums befriedigen zu müssen, es galt bereits im Golden Age in Hollywood die Regel "Sex sells" oder "Sex And Crime", ach was, seit der Antike gibt es sie, und so gibt es Sex, ekelhafte Szenen, die übliche Gewalt.

 

Was wäre aus diesem "Stoff" entstanden, was hätte aus diesem Stoff entstehen können, wenn man sich an die Magie der Bilder gehalten und die Fantasie dem Zuschauer überlassen hätte! Das ist Literatur für Klassiker: Götter, Menschen, Mythen.

 

So aber bleibt und festigt sich der Eindruck immer weiter und mehr, dass das Zeitalter des seriellen Erzählens nichts weiter ist, als ein riesiger Haufen Müll. Das meine ich nicht generalisierend auf alle Serien und Genres, denn es gibt einige wunderbare Ausnahmen, aber das Gros der angebotenen Unterhaltung ist leider Schund und der Zuschauer wird überschüttet und zugeschüttet mit Dreck.

 

In einem hat Gaiman recht: Es gibt sie, die neuen Götter und wie sagt einer der Protagonisten in der Serie: "Sie verarschen uns!"

 

Einer der neuen Götter ist: Das Fernsehen.

 

Rick Deckard

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