ONCE UPON A TIME IN HOLLYWOOD - Quentin Tarantino

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  11. Januar 2020, 23:49  -  #Filme

ONCE UPON A TIME IN HOLLYWOOD - Quentin Tarantino

Der Film ist ein wunderbarer nostalgischer Rückblick in eine Zeit, die nie wieder so sein wird.

Im vergangenen Jahr habe ich mir viele Gedanken zu Vergänglichkeit gemacht. Die Zeit ist ein Killer, gnadenlos, unbeirrbar. Doch der Gedanke, so sehr die Vergangenheit unwiderruflich erloschen ist, an eine Zeit, in der man mit Filmen aufwuchs und Leidenschaft für das Kino entwickelte, wird niemals sterben, so allmächtig die Gegenwart und so undurchdringlich die Zukunft auch sein mag.

OUATIH (Once upon a time in Hollywood) ist einer der lustigsten Filme, die ich je gesehen habe und ein optimistischer obendrein. "Lustig" mag sich trivial anhören, im Sinne eines inflationären Gebrauchs dieses Wortes im Alltag, dem man dadurch keine besondere Bedeutung beimisst, ist aber keineswegs so gemeint, denn es ist ungemein schwer, ein Publikum zum Lachen zu bringen.

Quentin Tarantino hat es mit diesem Film geschafft keinen wehmütigen Rückblick auf eine goldene Ära des Kinos zu werfen, der in Trübsal und Melancholie endet, sondern es gelingt dem Regisseur mit einem großen Lächeln in die Geschichte zurückzublicken und das sogar mit einem Haufen Optimismus, denn: Das Kino wird niemals sterben!

Tarantino hat eine Gabe, die ihn von allen Regisseuren unterscheidet und  ihm dadurch ein Alleinstellungsmerkmal einbringt: Er ist ein wahrer Meister, ein Künstler - nicht nur was Dialoge betrifft - sondern insbesondere in der Gestaltung von Szenen. Seine Fähigkeit den Zuschauer zu fesseln ist einzigartig. OUATIH liefert ein wahres Sammelsurium an einzelnen, zum Teil sensationellen Highlights, die sich bereits jetzt in das Gedächtnis eingebrannt haben.

Doch die Fähigkeit eines Regisseurs und Drehbuchautors besteht nicht nur darin, herausragende Szenen zu schreiben, sondern diese zu einem Ganzen zusammenzufügen, nämlich eine Geschichte zu erzählen. Würde ich mich nach diesem Film mit meinem Best Buddie Alan Lomax an eine Bar setzen und versuchen ihm die Handlung zu erzählen, ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen und wo ich aufhören sollte!

Je länger ich darüber nachdenke, desto amüsanter erscheint der Gedanke, denn ich vermute, es ging Tarantino gar nicht so sehr um einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende, sondern darum ein Gefühl zum Leben zu erwecken und das ist ihm vollends gelungen: Gib Deine Leidenschaft nicht auf. Du bist es der sie füttert und Du bist es, an dem es liegt, ob das Feuer erlischt oder nicht. Wer weiss, ob er solche Gedanken gehegt hat, als er den Film inszenierte, der Verdacht liegt nahe.

Wie oft habe ich mich vor meinem Regal mit unzähligen DVDs, Blu Rays und CDs (mit Filmmusiken) stehen sehen und darüber sinniert, was das alles wert ist, ob es etwas wert ist, ob es überhaupt Sinn macht mit dieser Leidenschaft weiter zu machen? Die Antwort auf diese Fragen ergaben sich mir nach den heutigen 2 Stunden 41 Min.

Ich war selten so euphorisch, wie nach der Betrachtung dieses Films. Leonardo Di Caprio sollte für den Oscar nominiert werden, eine seiner besten Darstellungen. Rick Dalton ist bereits jetzt Ultra-Kult und sein best Buddy Cliff Booth aka Brad Pitt steht dem in nichts nach. Eine der besten Szenen dieses Films ist erstaunlicherweise eine der letzten Sequenzen, als die beiden gemeinsam beim Mexikaner im "Valley" mit Frozen Margaritas feiern. Erstaunlich deswegen, weil nur ein Teil eines (vermutlich viel längeren) Dialogs zu hören ist, in dem die beiden über Filme und Regisseure diskutieren - beide sternhagelvoll - aber der hat es in sich. Was habe ich gelacht! Nicht zuletzt durch den sensationellen Off Kommentar mit der Synchronstimme Kurt Russels. Sagenhafte Sequenz und der Frozen Margarita ist ab sofort einer meiner Lieblingscocktails.

Es gibt eine weitere Szene - neben unzähligen anderen! - in der die beiden beschliessen eine Pizza zu essen, ein Bier zu trinken und eine Folge FBI zu schauen! Die Kommentare der beiden und die Gesichtsausdrücke dazu: Kultstatus - von Null auf Hundert! Was für eine Szene!

Ich schreibe mich gerade in einen Rausch und daher sei noch eine letzte Szene erwähnt, die ich zu den besten dieses Filmes halte und zu den besten ever: Die, in der "Bruce Lee" einen Monolog über Cassius Clay und seine Boxfights hält und anschliessend Cliff Booth zum Kampf herausfordert. Unfassbare Sequenz, unfassbar. Hier zeigt sich das magische Können eines Quentin Tarantino! Meisterhaft.

Was das Herz aber höher schlagen liess, waren die Bilder der unzähligen Kinos und Filmplakate, die immer wieder durch den Film hindurch zu sehen sind, wunderschön gegen Ende, als die Leuchtreklamen zum Leuchten gebracht werden, auch das legendäre "Das Wiener Schnitzel". Hier kam sie auf die Wehmut, die Sucht nach der Nostalgie, das Verlangen nach einer Zeit, in der das Kino eine Magie ausstrahlte, wie wohl nur noch selten danach oder davor. 

Als Margot Robbie sich entscheidet ihren eigenen Film anzusehen: Das ist eine der liebevollsten Hommagen, die ich je an das Kino gesehen habe! Eine grössere Liebe zum Kino kann man nicht ausdrücken. Das Entscheidende ist nicht der Moment, in dem sie im Kino sitzt, sondern die Minuten davor: Der Filmtitel mit den schwarzen Lettern über dem Kinoeingang, die Stills draussen an der Wand, die Frau im kleinen Kassenhäuschen, der Mann hinten vor dem Kinoeingang: Das ist das Kino meiner Zeit. Es war genauso, wie Tarantino es in dieser Szene beschreibt. Genau diese Gefühle gingen einem Menschen wie mir durch den Kopf, bevor (!) ich das Kino betrat. Ob es das Weltspiele war, das Gloria oder andere Kinos waren.

Ich werde mir diesen Film wieder ansehen, aber das nächste Mal mit meinem Buddy Alan Lomax, ohne den ich auf diesem Blog nicht schreiben würde und ohne den ich meine Liebe zu Kino fast verloren hätte.

Mein Freund: Danke, dass Du mich motiviert hast, diesen Film zu sehen und Danke für Deine Ausdauer mich darin zu bekräftigen, niemals seine Leidenschaften fallen zu lassen  . . .  egal, wer sich noch dafür interessiert, egal wieviele sich dafür noch interessieren, egal, in welcher Zeit wir leben.

Wichtig ist, dass wir das tun.

Dalton & Booth wäre auch ein Name für unseren Blog.

Aus Hollywood,

Rick Deckard

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