Götz Alsmann in Bad Zwischenahn, Park der Gärten, 24.05.2018 - Ein Konzertbericht

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  17. Juni 2018, 13:12  -  #Konzerte

Götz Alsmann in Bad Zwischenahn, Park der Gärten, 24.05.2018 - Ein Konzertbericht

New York, Paris, Rom und jetzt auch in Bad Zwischenahn!

Ich fühlte mich an die im norddeutschen Raum geflügelte Umschreibung "Peine - Pattensen - Paris" erinnert. Humorvoll und voller Stolz nimmt damit der Hannoveraner seine Region auf die Schippe.

Götz Alsmann "On Tour" im Ammerland.

Es war ein idealer Abend. Im schönen Park der Gärten wehte ein laues Sommerlüftchen, die Konzertbühne umgeben von prächtiger Fauna und Flora. Draussen Bier und Bratwurst, drinnen eine überdachte, offene Bühne.

Pünktlich zur vereinbarten Zeit betraten die Musiker die Bühne, erst die Band, am Ende Alsmann. Das Outfit der Gruppe war gewöhnungsbedürftig: Violettes Oberteil mit schwarz-weissen Streifen, schwarze Hose, weisses Hemd. Respekt. Die Band und der der "Frontmann" waren bestens aufgelegt, nach Kontaktaufnahme mit dem Publikum wurde die erste Nummer souverän in alle Richtungen geschleudert.

Götz Alsmann & Band beenden mit dem Album In Rom und der gleichnamigen Tour eine Trilogie, die mit einer Reise nach New York begann und über Paris nach Rom führte, stets mit eigenwilligen Interpretationen landesüblicher und bekannter Schlager und Songs.

Das Konzept des Abends (und vermutlich der Tour im Allgemeinen) bestand darin zwischen den einzelnen Stücken dem Publikum die Motivation für die Reisen und die Beschäftigung mit der Musik zu vermitteln. Mit einer rasend schnellen Sprechgeschwindigkeit erklärte Alsmann, warum er nach Rom gereist war, welches berühmte Studio er dabei besuchte und wo er seine Musik aufnahm. Natürlich war das dem Publikum aus den Medien und Fernsehen bestens vertraut, nichtsdestotrotz ging ein "Aah" und "Ooh" und einen Raunen durch die Menge, als Alsmann Ennio Morricone erwähnte und dass eben dieser begnadete Filmmusiker früher in den gleichem Studio aufnahm. Alsmann stimmte die ersten Takte der berühmten Melodie aus Zwei glorreiche Halunken an und forderte das Publikum auf sie fortzusetzen, was es auch tat. Erst mit norddeutscher Zurückhaltung, dann als running gag lauter werdend mit zunehmendem Selbstbewusstsein (erstaunlich, wie populär diese Melodie immer noch ist ...).

Man muss Alsmann eines lassen: Auch wenn das Durchschnittsalter des Publikums 50 und höher war und somit die Namen, Schlager und Orte dem Publikum vertraut, so hält er doch die Erinnerungen an die Musik vergangener Tage hoch, nicht an den italienischen Schlager an sich, sondern auch an Komponisten wie Morricone. Dafür gebührt ihm Dank.

Die Band war perfekt aufeinander abgestimmt, was einen nicht wunderte, da die Zusammensetzung seit Jahren mehr oder minder unterwegs ist. Die einzelnen Songs wurden mit Hingabe gespielt und gesungen. Alsmann erwies sich als ein perfekter Entertainer mit dem ihm eigenen Humor, den er immer wieder, mal ironisch, mal auch mit einer gehörigen Portion Sarkasmus aufblitzen liess.

Der Grund für mich dieses Konzert zu besuchen war weniger die Musik oder der italienische Schlager an sich, sondern die Interpretationen der Band, von Alsmann. Da ich eine grosse Nähe zum Jazz habe und diese Musikgattung sehr liebe, wollte ich in Erfahrung bringen, wie bekanntes in einem anderen Stil neu interpretiert wird und mit welchen Mitteln.

Es war ein Genuss. Alsmann gelang vor allem eines: Der Swing. Die Füße wippten permanent mit. Die Arrangements waren eine gelungene Mischung aus Stilmitteln des Jazz (hier und dort wurde gezielt improvisiert und phrasiert) und rhythmischen Eigenheiten der italienischen Musik. Bass und Schlagzeug waren da eher "im Hintergrund", auch das Klavier, dessen Tonvielfalt und Klang häufig im Konglomerat des Sounds unterging, hervorstechend waren da eher die Percussions und das Xylophon. Faszinierend wieviele grosse und kleine Percussion-Instrumente es mit welchem Klang gibt und welchen Einfluss sie auf den Sound haben. Der Klang des Xylophons ist ohnehin beeindruckend.

Götz Alsmann bediente sich sämtlicher Stereotypien, die man mit Italien der 50'er und 60'er Jahre verbindet, kein einziges Klischee wurde ausgelassen und er redete dabei mit einem solchen Tempo, als dass man nicht unterscheiden konnte, ob es wirklich gefühlte Leidenschaft war und das routinemäßige Herunterspulen um den nächsten Zug nach dem Konzert zu erreichen. Die Energie mit der er das tat, liess einen vermuten, dass er sich vor dem Konzert an eine Steckdose angeschlossen haben könnte.

Ich beobachte bei Konzerten neben dem Sänger sehr gerne und noch viel lieber die Sidemen, die anderen Bandmitglieder und versuche in deren Gesichtern abzulesen, was wohl in ihrem Inneren vorgehen mag, mit wieviel Herz und Verve sie wirklich bei der Sache sind. Die einzelnen Darbietungen waren exzellent, aber das darf man von Profis erwarten. Jedoch ließ mich das Gefühl nicht los, dass hier ein Programm auf Knopfdruck abgespielt wurde, so wie ein jeder in seinem Beruf es mehr oder minder auch tut. Es gibt dabei aber einen Unterschied von Künstlern zu uns: Sie wollen es, dass man zu ihnen kommt, weil sie uns etwas vermitteln oder darstellen wollen. Wir haben sie nicht gebeten zu kommen. Auch wenn eine Tour ein festgelegtes Programm hat und Abend für Abend präsentiert wird, so darf bei aller Routine die Leidenschaft für seine Kunst nicht verloren gehen.

Ausgehend hiervon waren die Begleiter von Alsmann an diesem Abend routinierte Profis, zweifelsohne beherrschten sie alle ihre Instrument, doch darüber hinaus liessen Gestik, Mimik und Körpersprache nichts weiter vermuten als: Heute hier, morgen dort.

In Pause gab es eine leckere Bratwurst und ein kaltes Pils. Nach der Pause legten alle "noch eine Schippe" drauf und es kamen viele wunderbare Assoziationen an die Kindheit und Jugend hoch (auch ein Grund, warum Alsmann und Band so populär sind). Wer, aus unserer Generation, war nicht im Urlaub in Italien, wer kennt es nicht, das berühmte italienische Eis, die berühmten Strände, die Musik ... . Genau diese Erinnerungen liess Götz Alsmann mit "seiner" Musik hochleben und erzielte damit eine grösstmögliche Resonanz beim Publikum (um nichts anderes geht es in der Musik).

Es war ein gelungenes, beschwingtes, optisch und akustisch reizvolles Konzert mit einem wunderbaren Nebeneffekt: Es erinnerte an eines: Toleranz zu leben.

Götz Alsmann lebt seine musikalischen Ideale und kann sie nach außen nachvollziehbar vermitteln. 

In der Dämmerung ging es durch den Park der Gärten zurück mit einem guten Gefühl und einer leichten Seele.

Bad Zwischenahn war an diesem Abend für einen Augenblick der Nabel der Welt und wer würde nicht neben Paris, Rom und New York auch diese Metropole im Ammerland gerne einmal besuchen wollen?

Rick Deckard

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