THE WEDDING PRESENT - 21.10.2017 - Nieuwe Nor, Heerlen (NL)

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  24. Oktober 2017, 11:25  -  #Konzerte, #Populäre Musik

Fotos by Alan Lomax and John Ross EwingFotos by Alan Lomax and John Ross Ewing
Fotos by Alan Lomax and John Ross EwingFotos by Alan Lomax and John Ross Ewing

Fotos by Alan Lomax and John Ross Ewing

Diese Welt und früheren Zeiten um die Band THE WEDDING PRESENT ist überhaupt nicht schnell, schlüssig und eindeutig zu erklären. Fast muss man sagen, dass man dabei gewesen sein sollte, als Rockmusik noch ein Wort war, das man nicht verwenden durfte, Indie eine Geheimwissenschaft war und Musik so wichtig für uns war, dass wir Freundschaften auf’s Spiel setzten, falls es andere Meinungen gab. Wir waren die Indiepop-Polizei.

In der heutigen liberalen Gesellschaftsstruktur, wo alles „gechillt“ ist und die sog. Ypsiloner einen Scheiß  tun würden, wie zum Beispiel eine Band zu verteidigen oder gar eigene Akzente in dieser Richtung zu setzten oder auch nur darüber diskutieren zu wollen völlig, undenkbar.

Für uns aber waren die Bands und die Musik in der Zeit der späten Achtziger bis ca. Mitte der Neunziger Jahre, etwas besonders Verschachteltes. Vielleicht ein  Verästeltes Liebesfeld um uns selbst zu finden, vielleicht aber auch ein besonderes Geheimnis einer bis heute seltsamen Jugend- und Erwachsenenkultur. Denn wie könnte es anders sein, dass man bei diesen Konzerten von THE WEDDING PRESENT, PRIMAL SCREAM, NEW ORDER, BLUMFELD, PAVEMENT etc. heute immer sofort weiß, wer neben einem steht, obwohl man denjenigen noch nie gesehen hat. Vertrautheit…

Es war die Zeit als wir uns über Mixkassetten definierten. Wöchentlich wurden mehrere dieser ständig anderthalb Stunden arrangierte Autobiographie neu erstellt.

Selbst pophistorisch in Fachbüchern wird diese Zeit meist auf das Tape reduziert, da der NME damals „Cassetten plus Jahreszahl“ in die Hefte steckte und wir so Bands wie WEDDING PRESENT, D.A.F, OASIS oder THE PASTELS kennenlernten.

Wichtig dabei war es tatsächlich, dass man eine Haltung hatte. Haltung hat auch immer was mit Ablehnung zu tun. Und somit war eigentlich alles andere was man selbst nicht gut fand schlecht.

Eine natürlich recht elitäre Geschichte, der man heute wohl ehr selbstironisch begegnen sollte, da man sonst, sehr schnell, sehr einsam wird!

Wir aber fühlten uns verstanden. Und für Menschen die schöne Melodien suchten, fernab von Gitarrensoli und bunter Selbstdarstellung, nebenbei einen gepflegten Schmerz auf die Welt pflegten, war die Musik der C…. Bands oder meinetwegen des Indie-Pop, nicht nur eine Subkultur für eine Nacht, sondern eine Liebe fürs Leben.

Denn auch, wenn man sich angepasst und verstanden hat, dass es einfacher ist Musik missionarisch unter das Volk der Unwissenden zu bringen, anstatt ständig dafür innerlich zu demonstrieren und in sozialen Kreisen den beleidigten Sack zu spielen, so wissen doch „nur wir“ was es bedeutet, wenn Urgesteine wie David Gedge da auf der Bühne stehen und Songs aus seiner inzwischen 35 jährigen Musikkarriere spielt, die uns so viel bedeutet und uns wiedermal still schweigend, wissend, aber nicht ausformulierend hinterlässt.

Natürlich ist das Line-Up nicht mehr das Original Line-Up-War es ja auch noch nie! Schließlich ist der ehemalige Lehrer Gedge THE WEDDING PRESENT! Immer gewesen…

In diesem wunderschönen und wohl besten Club im europäischen Flachland hier in Heerlen, spielt dieser Gedge und seine vierköpfige Band ein famoses Set, zwischen dem zeitlosen Klassiker GEORGE BEST und dem neunen famosen Album GOING, GOING.

Noch immer ist der Typ zerrissen. Noch immer singt er seine Liebeslieder voller Schmerz und Schönheit, niemals selbstmitleidig, sondern einzigartig melodiös und verlassen. Das Gitarrenspiel zwischen ihm und seinem jungen australischen Side-Kick als markant oder schrammelig zu bezeichnen würde kaum reichen. Da sind viele Finessen drin, die die Songs nicht nur dem guten, alten laut-leise Schema unterordnen, sondern durch  komplizierte Riffs angereichert, eine zusätzliche Ausstattung in Sachen Hochgeschwindigkeitsschrammelpop gibt. Famos und wirklich unverkennbar einzigartig! Alles andere ist nachgemacht. Das kann man hier tatsächlich mal attestieren.

Und welcher Band kann man das dann alles schon nachsagen. Unverkennbar! Ich habe mir die ca. 200 Zuschauer ganz genau angesehen. Und es waren nicht nur luftschwingende Gitarren Amigos in dem Laden. Sondern auch einige jüngere Menschen aus Y. Und ich habe gesehen, dass die das fühlten, was wir damals, wie heute spüren, wenn wir die Musik von THE WEDDING PRESENT hören. Nämlich wundersame Glückseeligkeit. Und ganz ehrlich, wenn die Nachhaltigkeit unserer kleinen subkulturellen Leidenschaft, dieses Glück, was wir ja auch empfinden, weitertragen, dann kann es ja immer weiter gehen. Und wir hatten eben doch Recht. Auch wenn wir viel leiser, angepasster und einsamer geworden sind…

Vom Wir zum Ich! Eine Hommage an Menschen, denen auch die Worte für Bands wie THE WEDDING PRESENT fehlen, weil es dann Texte für’s Ableben wären. Aber so weit sind WIR noch nicht;-)

Ukrainsik vistupi v Alan Lomax

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