Allied - Vertraute Fremde
Ist es wahr? Habe ich gerade einen Film des Forrest Gump Regisseurs Robert Zemeckis gesehen? Der Mann, der Michael J. Fox drei mal zurück in die Zukunft schickte, einer Schachtel Pralinen Umsatzrekorde bescherte, mit Tom Hanks einen der besten Filme über Isolation drehte und Denzel Washington mit dem Alkohol kämpfen liess? Der mit Contact einen äusserst veritablen Science Fiction Film drehte?
Ja, es ist wahr.
Nur ... was hat er hier für einen Bockmist verzapft? Und warum? Nicht jeder Film kann ein grosser Wurf sein, aber zumindest ein Wurf in die richtige Richtung. Bei diesem fällt der Ball nach nur einem Meter schlaff zu Boden.
Die Absicht des Drehbuchautors und Regisseurs wird gleich zu Beginn klar: Wir befinden uns im Genre des Spionagethriller vor dem Hintergrund des II. Weltkriegs. Ein beliebtes Sujet und eines, welches zumindest auf dem Papier grosse Unterhaltung verspricht. Vielleicht hätten beide vorher ausgiebig Hitchcock-Filme studieren sollen oder sich Spion zwischen den Fronten ansehen sollen, oder, oder, oder.
Dabei beginnt Allied - Vertraute Fremde optisch verheissungsvoll mit Assoziationen an Lawrence von Arabien und Der Englische Patient. Aus luftiger Höhe schwebt ein Mann mit Fallschirm zu Boden und vor ihm entfaltet sich die ganze Pracht und Schönheit der Sahara. Wir kennen seine Intention nicht, bis ein Wagen seinen Weg kreuzt und von da an wird alles mehr als schnell klar: Der Mann ist ein Agent. Von hier an spielt das Gehirn Domino und jeder halbwegs geübte Kinogänger weiss, was ihn in den nächsten zwei Stunden erwarten wird.
An dem Film passt wirklich gar nichts zusammen.
Das beginnt mit den Schauspielern. Ich frage mich manchmal, wer in den Casting Büros sitzt und nach welcher Methode Schauspieler für bestimmte Filme besetzt werden? Wer kommt auf die Idee einen schauspielerisch nun wirklich nicht sonderlich begabten Darsteller wie Brad Pitt für die Rolle eines kanadischen Spions zu besetzen, in einem Film mit einer Mischung aus Romantik & World War II Action? Da muss einer kurz in geistiger Umnachtung gewesen sein. Pitt läuft den ganzen Film mit einem Botox-Facelift-Salbengesicht durch die Gegend und versucht mit aller Härte so etwas wie Emotionen in seinem Gesicht widerzuspiegeln. Eine Fehlbesetzung der allerschlimmsten Sorte.
Ihm gegenüber steht Marion Cotillard, die umwerfend gut spielt und viel Charme versprüht, leider will die Chemie zwischen den beiden überhaupt nicht funktionieren und die ist doch gerade das entscheidende Bindeglied bei einem Film aus diesem Genre.
Kommt als letztes eine dermaßen hanebüchen unlogische Geschichte hinzu, dass sie fast schon wieder wahr sein könnte. Vieles aus der Handlung erschliesst sich nicht und irgendwann beschleicht einen das Gefühl, dass hier wieder nach "Schema F" ein Film heruntergekurbelt wurde, mit dem Ziel Schablonen auszufüllen um krampfhaft einen Erfolg zu erzielen.
Doch so einfach funktioniert das (Gott sei Dank) nicht.
Was mich zusehends in vielen Filmen ärgert ist, dass die Spezialeffekte so schlecht gemacht sind, dass man genau ahnt, wann wer vor einer Blue oder Green Screen agiert. Das ist bei Allied regelmäßig der Fall und es wird noch schlimmer. Die Bauten und Außenaufnahmen in den Studios sind so offensichtlich, dass einem Angst und Bange um die Zukunft des Kinos (mal wieder!) wird. Dann wiederum wird vor echter Kulisse gedreht und dieser ständige Wechsel von natürlichem und künstlichen Licht nährt das Gefühl, man säße in einem schlechten Film, bis das Gefühl zum Fakt wird.
Ich ertappe mich in letzter Zeit häufig dabei eine neue Kategorie für das zeitgenössische Kino erfinden zu wollen, in das all diese hundsmiserablen Filme hineingestopft werden können, nur mir fällt leider keine ein.
Konsterniert mit einem Mokka vor einem Café sitzend,
Rick Deckard