NARCOS - José Padilha

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  4. September 2015, 13:36  -  #Fernsehen

Wohin mit dem ganzen Kram?

Wohin mit dem ganzen Kram?

Schön, dass es noch ein Verantwortungsgefühl gegenüber der Wirklichkeit gibt! Denn wer will schon ständig verträumte Liebespaare im Hafen sehen oder Kaufhauscops die in Las Vegas mit Vögeln kämpfen.

 

Die Wirklichkeit der Serie NARCOS ist das Kolumbien der 1980er Jahre. Zu der Zeit tyrannisierte Pablo Emilio Escobar das Land. Durch perfekte Organisation und Logistik industrialisierte er bereits in den späten 1970er Jahren den Drogenschmuggel. Wurde so zu einem der reichsten Menschen der Welt und war der wohl mächtigste und zugleich brutalste Drogenhändler der Welt.

 

Die NETFLIX Serie wird recht lakonisch aus dem Off kommentiert und aus der Perspektive des amerikanischen DEA Agenten Steve Murphy (Boyd Holbrook) erzählt. Dabei wird der Zuschauer langsam und verblüfft und dann entsetzt mitgerissen.

 

Der brasilianische Schauspieler Wagner Moura spielt den immer etwas neben sich stehenden, etwas dicken, schon fast spießig wirkenden Escobar mit unvergesslicher Wirkung. Orientiert hat er sich dabei in der Anlage der Rolle klar an den beiden Glanzleistungen der amerikanischen Kinogeschichte eines James Gandolfini (Tony Soprano) und Ray Liottas Darstellung des Henry Hills in Martin Scorseses atemberaubenden Meisterwerk GOODFELLAS.

 

Und es ist nicht nur die Schauspielkunst eines Mouras oder dem Geschick der Produktionsfirmen GAUMONT und NETFLIX zu verdanken, sondern auch der gewollten Inszenierung des Brasilianiers José Padilha (Tropa d’Elite), dass diese Serie an das große Filmwerk, aber auch an Serien wie z. B. THE WIRE erinnert.

 

NARCOS beruft sich auf den gekonnten Stil Zusammenhänge zu erklären und einen schaudern und staunen zu lassen, denn was dort damals in Südamerika passierte ist unfassbar. Man muss sich nur mal vorstellen, dass das Kartell um Escobar das mächtigste Unternehmen der Welt war. Die haben 60 Millionen Dollar am Tag umgesetzt und waren somit gewinnträchtiger als z. B. General Motors.

 

Und ja natürlich fragt man sich irgendwann unweigerlich: „Alter, was würdest Du selbst mit soviel Geld, Macht und Zwiespalt anfangen“.

Escobar sitzt irgendwann in Folge Fünf mit seiner Frau im Exil in Panama. Reagan ist gerade hinter ihm her, weil er den Drogenbaron kurzfristig als kommunistische Bedrohung identifizierte. Im Hintergrund sieht man einen wundervollen Strand, ein schönes Hotel, Swimmingpool, sehr viel Sonnenschein, alles perfekt! Doch beide haben nur einen Wunsch! Sie wollen nach Hause! In seiner sanftmütigen Art, schaut Escobar sie an und versteht kurzweilig, dass es wohl doch Dinge gibt, die nicht bezahlbar sind. Dann kommt er aber schnell auf die Idee Panama zu Kolumbien zu machen. Geld genug dafür wäre da. Die Bananenrepublik um Diktator Noriega war auch da...; wie einfach!

 

Weiterhin erstaunlich an dieser Serie, ist der große Anteil am spanischen Originalton, der richtiger Weise nicht übersetzt wurde und somit zur sowieso schon dichten, authentischen und historischen Authentizität beiträgt. Abgesehen davon, war es in letzter Zeit auch kaum noch zu ertragen, die schlimmen deutschen Synchronsprecher mit spanischen Akzent zu hören! Ein Wohltat, die Amigos/Ganoven mal spanisch sprechen zu hören.

 

NARCOS ist die TV-Überraschung des Jahres. Netflix hat eine große Serie vorgelegt, die jedem Standard ausweicht. In jeglicher Weise überragt, groß und unterhaltsam ist und vor allem spannend und konsequent ist. 

 

Aus dem Chemie Volkhochschulkurs

Alan Lomax

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