A Most Wanted Man - Anton Corbijn
Ich geniesse, es solche Filme zu sehen.
Der niederländische Fotograf und Regisseur Anton Corbijn hat einen Roman von John le Carré 2014 in Szene gesetzt mit einer erlesenen Besetzung:
Philip Seymour Hoffman, Rachel McAdams, Willem Dafoe, Daniel Brühl, Nina Hoss, Robin Wright, Kostja Ullmann und Herbert Grönemeyer, der auch die Musik zum Film komponierte.
Der Grund, warum A Most Wanted Man aus der Vielzahl an Filmen heraussticht, ist seine wunderbar unaufgeregte Machart, mit einem perfekt dosiertem Erzähltempo, einer sehr langsam aufgezogenen Spannungsschraube und einem bestechenden Realismus.
Wieviel Anteil der Meister des Spionageromans selbst daran hatte, vermag ich nicht zu beurteilen, das Buch habe ich nicht gelesen, aber kennt man die Romane und weiß um den Kosmos und die Atmosphäre, die le Carré in seinen Werken erschafft, so ist es Drehbuchautor Andrew Bovell sehr gut gelungen genau diese Essenzen herauszufiltern.
Ohne Action, ohne schnelle Schnitte, ohne dröhnende Musik und ohne Special Effects schafft es der Film eine bedrohliche Stimmung herauf zu beschwören unter der Prämisse, dass einer der Attentäter von 9/11 in Hamburg seine Vorbereitungen traf, ungestört von den Geheimdiensten, die zu sehr mit sich und ihrer Bürokratie beschäftigt waren und einander nicht vertrauten.
Dieser Film ist keineswegs mit 'Zodiac' von David Fincher vergleichbar, aber eines haben sie gemeinsam: Auch hier sehen wir, wie zermürbend, schwer, monoton die Arbeit von (in diesem Falle) Geheimdienstlern sein kann, die "auf der Strasse" arbeiten. Die verspielte Gadget-Welt und das Mondäne eines James Bond sind fern, wenn Günther Bachmann (gespielt von P.S. Hoffman) seine Arbeit aufnimmt.
Der offensichtlich nikotin- und alkoholabhängige Chef einer nicht näher benannten geheimen Organisation, deren Aufgabe es scheinbar ist Terroranschläge zu vereiteln, geht dabei äusserst behutsam, mit Akribie und sehr clever vor. Diese Vorgehensweise ist den eher logarithmisch denkenden inländischen Behörden und dem CIA ein Dorn im Auge ... .
Hoffmans introvertiertes Spiel, nur selten fährt es aus ihm heraus, ist beeindruckend und trägt zur atmosphärischen Dichte des Filmes enorm bei. Unterstützt wird er dabei von einer präzise agierenden Nina Hoss, als seine Kollegin Erna Frey und der glaubhaft aufspielenden Rachel McAdams als Rechtsanwältin. Dafoe, Grönemeyer, Ullmann und Robin Wright haben kleine Szenen, spielen aber auch diese mit Konzentration und der notwendigen Intensität. Noch ein Wort zu Herbert Grönemeyer: Seinen Score kann man vermutlich schwer abseits der Bilder geniessen, aber er passt sehr gut zu den Bildern und der Handlung.
Auch bei den weiteren Credits lohnt es sich näher hinzusehen, nicht von ungefähr beeindruckt das Tempo und der Rhythmus: Cutterin ist Claire Simpson, die für den Oliver Stone Film 'Platoon' Oscar prämierte Britin, welche auch 'Reds' und 'Wall Street' geschnitten hat.
A Most Wanted Man ist Old School Kino mit einer spannenden und realistischen Handlung, vorangetrieben von grossartigen Darstellern. Nach 'Dame, König, Ass, Spion' von Tomas Alfredson ist dies eine weitere sehr gelungene und sehenswerte Verfilmung eines Romans von John le Carré.
http://www.lomax-deckard.de/article-dame-konig-as-spion-tomas-alfredson-108960742.html
Es war zudem der letzte Film des grossartigen Philip Seymour Hoffman.
Aus Hamburg,
Rick Deckard
Lesen Sie auch hier die Rezension auf Filmkompass von Franziska-T:
https://filmkompass.wordpress.com/2014/10/04/a-most-wanted-man-2014/