Vorfreude – Boardwalk Empire

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  21. Dezember 2010, 14:03  -  #Fernsehen

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Steve Buscemi ist sicherlich einer der einprägsamsten Schauspieler der Neuzeit. Meist leider reduziert auf Nebenrollen. In der lang erwarteten neuen HBO-Serie „Boardwalk Empire“ spielt er endlich die Hauptrolle, die er lange verdient hat. Enoch Lewis „Nucky“ Johnson war der „King of Atlantic City“. Sein Leben dient als Vorlage für die von Terence Winter (The Sopranos) geschaffene Serie. Und diese lässt großes Erwarten.

 

Alleine der Pilotfilm lässt Filmliebhabern das Herz schneller schlagen. 18 Million Dollar wurden investiert. Martin Scorsese führte Regie und produzierte mit Tim van Patten (Sopranos, The Wire, The Pacific, Deadwood) Mark Wahlberg und Stephen Levinson (Entourage).  

 

Allerdings hatte Hollywood (im Film, sowie auch in der Serienkunst) bis jetzt nicht das goldene Händchen für die „Roaring Twenties“ bzw. die sich anbahnenden Wirtschaftskrise. HBO scheiterte leider zu letzt mit der zwar guten, aber zu verschachtelten Serie Carnivàle.

 

Sergio Leone hat mit „Es war einmal in Amerika“ einen der größten Filme aller Zeiten gedreht und Brian De Palma hat sicherlich mit „Scarface“ und dem gar nicht mal so schlechten „The Untouchables“ versucht nachzulegen (es gibt mehr Beispiele in dieser Klasse), aber was fehlt ist der epische breite Rahmen, die verwinkelten Handlungsstrenge und die in sich ausufernde breite Spannung die nur eine Serie erreichen kann.

 

„Die Grenzen zwischen Film und Fernsehen verschwimmen immer mehr“, sagt dann auch Terence Winter. Erstaunlich das eine solche Aussage bezüglich der Opulenz und Raffinesse von Fernsehserien erst im Jahr 2010 Relevanz findet. In einem Interview begründet Winter dies aber sicher und logisch mit folgenden Worten: „"Konventionelle Serien sind dazu da, dem Publikum zu versichern: Alles ist okay, wir fangen den Mörder, bevor die Stunde rum ist, und jetzt geht raus und kauft etwas! Der kreative Prozess wird beherrscht von der Angst vor den Werbekunden. Beim Drehbuchschreiben fühlt man sich, als trüge man Handschellen. Die ,Sopranos' waren anders: Die Welt war nicht in Ordnung, die Mörder wurden nicht gefangen. Sie waren unsere Protagonisten!". Wer die Vorteile des Bezahlfernsehnens also immer noch nicht verstanden hat und den damit verbundenen Möglichkeiten der Fernsehserie aus dem Weg geht, dem kann ab hier auch nicht geholfen werden.

Die ganze sehr gute Argumentation, mit noch mehr  hilfreichen und logischen Zitaten von den Hauptpropagandisten dieser noch neuen Kunstform kann man in diesem sehr guten Artikel zu „Boardwalk Empire“ und „Warum das Fernsehen besser ist / Movies are anywhere“ der Süddeutschen Zeitung nachlesen: http://www.sueddeutsche.de/medien/us-serie-boardwalk-empire-nun-geht-der-spass-erst-richtig-los-1.1001759-2

Was mir besonders gut gefällt ist die Wehmut des Autors und die damit verbundendene Hoffnung, dass das ganze nur ein notwendiger Umweg ist um dann die Rettung des Kinos durchzuziehen. Ich kann diese Zeilen schmerzlich nachvollziehen. So sehr ich es liebe, diese grandiosen Serie zu sehen, zu sammeln, darüber zu sprechen und nachzudenken, das Kino werde ich dabei nicht vergessen. Vielleicht ist die Lösung ja ganz einfach, aber wir kennen sie halt noch nicht.

Eins steht für mich fest! Wenn ich mir die Kinovorschau für 2011 ansehe und diese mit der Vorschau inkl. „Boardwalk Empire“ vergleiche, so freue ich mich vorerst weiterhin aus Serien.

Alan Lomax

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