Score Session II: Earthquake - John Williams

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  11. Dezember 2011, 18:50  -  #Orchestrale Musik

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Es gab eine Zeit in der die Musik zu Filmen kompakt und in hörbarem Format erschien. Nicht jeder Schnipsel und jede Sekunde Musik wurden veröffentlicht, nur um die Komplettisten zu befriedigen, sondern um aus Filmmusik v.a. ein Hörerlebnis zu machen.

'Earthquake' von John Williams ist so ein Beispiel. Noch lange vor Roland Emmerich verfilmte Hollywood gekonnt Erdbeben und andere Katastrophen. Der Film von Mark Robson aus dem Jahr 1974 ist einer der berühmten "Katastrophenfilme" aus den Siebzigern, neben 'Das flammende Inferno' und 'Das Poseidon-Inferno' (zu denen Williams auch  die Musik schrieb).

John Williams hatte zu Beginn der 70'er Jahre einige sehr hörenswerte Scores geschrieben, wie z.B. die zu den Filmen 'Die Cowboys' und 'Der Tod kennt keine Wiederkehr'. Er stand im Jahr 1974 kurz vor seinem endgültigen Durchbruch zu einem der grössten Filmmusik-Komponisten aller Zeiten.

Die Musik zu 'Earthquake' erlebte in diesen Tagen neben 'Dracula', 'The Eiger Sanction'. 'Jaws 2' und 'The Fury' ein persönliches Revival. Williams liefert hier nicht nur Suspense und Dramatik (eher in der Minderheit), sondern funky-groovy und jazzy Themes mit sehr viel Zeitgeist und Melodie. Bei zwei Tracks fliessen Hintergrundgeräusche in die Musik mit ein. Damals wurde das Sensurround-Tonsystem eingeführt, was auf sehr realistische Weise einen Ton bzw. Schall erzeugte, der den Zuschauern in diesem Fall das Beben förmlich spüren liess.

Man achte auf das sehr schön gestaltete Artwork der Platte, so etwas gibt es heute nicht mehr.

Der 'Main Title' ist eine sehr gelungene Kombination aus Sinfonieorchester, Streichern, Bläsern und PoP-Flair mit entsprechender Rhythmusgruppe. Was für schöne Musik! Weitere Höhepunkte sind z.B. 'Miles On Wheels', ein temporeiche Nummer mit Percussions, Bläsern und elektronischen Instrumenten ... . Ein Traum. Auch sehr hörenswert sind das 'City Theme' und das 'Love Theme'.

Nicht nur Mancini war ein Meister des 'PoP-Scoring'. Williams beweist gerade hier bei 'Earthquake', dass auch er durchaus in der Lage war neben großer Sinfonik, verschiedene (populäre) stilistische Mittel einzusetzen, die nicht nur der Zeit entsprachen, sondern auch sehr filmdienlich waren.

'Earthquake' bietet mit 11 Titeln und 30:31 eine kurze, kompakte und äussert gelungene Filmmusik eines Meisters seiner Zunft. Hier lassen sich schon sehr viele kompositorische Eigenheiten dieses Genies heraushören.

Ein wunderbarer, sehr nostalgischer Filmmusikabend.

Grüsse aus Los Angeles,

Rick Deckard

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