Mad Men – Cologne Conference

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  30. September 2010, 19:37  -  #Kommunikation

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The Revolution will not be Televised (Gil Scott-Heron)

 

„Die Sorge, "Mad Men" könnte den normalen ZDF-Zuschauer eher verstören als begeistern, ist für die öffentlich-rechtliche Programm-Mutlosigkeit so bezeichnend wie begründet. Mit ungeheurer Detailtreue von der Zeichnung der Charaktere bis zum letzten Nagel der Kulisse stellt "Mad Men" eine kinoreife Nähe zu einer Zeit her, die von der unseren kaum weiter entfernt sein könnte: keine Szene, in der nicht gequalmt, getrunken oder längst verpöntes Benehmen zelebriert wird.“ (www.rp-online.de

Unfassbar! Es gibt eigentlich kaum Worte um diese unfassbare Aussage, als normal denkender Mensch zu kommentieren. Weder die Worte der Zeitung, noch die Beleidigung an den Gebührenzahler des ZDFs sind ertragbar. 

Vielleicht hilft folgendes so eben erlebtes Ereignis, die Dramatik des Untergangs der deutschen gesamt Kultur und deren "Besprecher" richtig zu verstehen. 

Seit Wochen kündigt die Internetseite der Cologne Conference den Showcase der Serie  "Mad Men" im Kölner Cinedom an. Unter Anwesenheit der Hauptdarsteller sollten die ersten beiden Folgen der neuen Staffel gezeigt werden. 

Für Fans der Serie seit der ersten Stunde (Eintrag auf dieser blog-Seite vom 07. Juli 2009)http://lomax.over-blog.de/article-33546815.html ein großes Fest. 

Insbesondere weil es sich um ein Public Viewing handeln sollte. Eintritt frei oder sicherheitshalber Karten für die Veranstaltung via. E-Ticket bestellen. Ich habe mich sicherheitshalber für die zweite Variante entschieden. 

Die dritte Variante wäre die Presseakkreditierung gewesen. Deckard und ich haben uns entschieden nicht kommerziell zu werden. So haben wir von Anfang kommerzielle Angebote von Verlagen, Versendern und Agenturen abgelehnt. Auch sind wir in keinen Presseverteilern drin. Die uns monatlich zwingen würden über Ihre Produkte zu berichten, weil sie uns kostenfreies Material zur Verfügung stellen. 

Aus meiner persönlichen Sicht immer noch die richtige Entscheidung, da wir so unabhängig bleiben und uns gegenüber der schreibenden Presse klar abgrenzen. Wir sind in dem Sinne Konsumenten und behalten diesen Status auch. Obwohl der Erfolg dieses blogs unter marketingtechnischen Gesichtspunkten schon lange eine Meinungsführerschaft hat. Bitte nicht falsch verstehen. Ich muss das schreiben, um ein Grundverständnis für die Gesamtsituation zu erwecken. Anzahl von Besuchern und streckenweise atemberaubende Statistiken von Views freuen uns zwar, sind aber nicht Credo dieser Seite.

Die enttäuschende Situation und der unerträglich absurde Verlauf dieses eigentlich geplant schönen Abends zwingt mich nun, Klartext zu sprechen. Denn es wurde mir verwährt den Showcase von Mad Men zu besuchen. Mit anderen Worten, obwohl wir uns frühzeitig um Tickets gekümmert haben und auch frühzeitig im Kino waren um uns die Plätze zu sichern, gab es keinen Einlass. 

Nach dem üblichen unangenehmen Gang über vier Instanzen, in Form von unwissenden und unfreundlichen Mitarbeitern, teilte uns, die zugegebener Weise freundliche und klar denkende Mitarbeiterin der verantwortlichen Agentur HMR International mit, dass aufgrund des großen Presseechos, nur geladenen Gästen Einlass gewährt wird und es sich um ein Versehen handelt, dass der Showcase in den offenen Verkauf gegangen ist. Organisatorisch ist das nachzuvollziehen. Außerdem hat uns die freundliche Dame mit zwei Festivalpässen entschädigt. Also eine schnelle und unkomplizierte Wiedergutmachung. 

Umso verstörender dann, die kurze, oberflächliche Sichtung der geladenen Gäste. Kölner C und D Prominenz, zugegebener Weise viel Presse und einige Damen und Herren, den ich in der Tat die angekündigte „Verstörung“ des deutschen Publikums zu traue. Und zwar nicht aufgrund ihrer Bildung oder sozialen Schicht, sondern wegen ihrer unerträglichen Impertinenz. 

Einzel Beispiel: Während ich meine Frustration mit 3 Zigaretten im Regen vor dem Kino stillte, aus der Weite das Spiel am „Roten Teppich“ beobachtete, verfolgte ich das Handygespräch einer mittel alten, schick gekleideten Dame, die ein Akkreditierungsbändchen trug wie folgt: 

„Gehe gleich ins Kino – keine Ahnung irgend so ein namenloser Schauspieler-  Mad Men - ...ich auch nicht – is ja egal – ja der ist auch mit – ne’ der hat mich ja mitgenommen – ne der kennt das auch nicht – ja, aber ich weiß nicht ob wir das nachher noch schaffen – er muss ja noch darüber schreiben – ja, ist super, keine Ahnung wie er das macht, wird sich wohl ein paar Sachen zusammen kopieren...“ 

Ich wünschte ich hätte mir diesen Telefondialog ausgedacht! Dann wäre ich nicht so wütend wie jetzt. Und wenn ich wütend werde, werde ich persönlich und leidenschaftlich. 

Bitte checkt morgen und die nächsten Tage die Einträge im Internet am besten unter google. Sucht nach Mad Men und lest zumindest unter News und Web die ersten Hits unter der Stichwortsuche „Mad Men und Köln“. Jede Wette, dass ihr mindestens einen ursprünglichen Text findet und zehn kopierte Texte die auf den Quelltext eines wissenden Kollegen aufbauen. Lest bewusst und konzentriert auf evtl. rhetorischen Variationen die in einer textlichen Basis verwurzelt sind. 

Das ist das Übel, das Ärgerliche! Die Unwissenden, die nicht Empathischen und Professionellen machen Ereignisse wie Fernsehserien, guter unbekannter Musik und großartigen Filmen, schon lange nicht mehr groß und mit ihrem unkritischen Verhalten sogar kaputt. Es ist die freie Community von Menschen, die sich mit kulturellen, komplexen Produkten ausgiebig und leidenschaftlich auseinandersetzen. Es nicht nach den Regeln, der größten Leserschaft kritisieren, sondern Interpunktuelle und rechtschreib-technische Probleme in Kauf nehmen, weil sie das Schreiben was sie denken und ihre ganze Persönlichkeit in Kunstwerke wie „Mad Men“ stecken und Ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.

Dramatisch und ärgerlich ist dabei, dass die Marketingstrategien der Vertriebe (egal ob Buch, Musik oder Film),Verlage, Labels und Studios nicht mehr greifen. „Events“ wie heute Abend sind weder Image fördernd, noch entsprechen sie der verdienten inhaltlichen nachhaltigen Rezeption der Pressearbeit. Transportiert wird ein kurzes Ereignis, was keinem nutzt. Das gute Produkt, die Serie, leidet darunter. Als Künstler, Erfinder und Darsteller des Kulturproduktes Film, in diesem Fall Serie, würde ich anfangen zu heulen, wenn ich diese ganzen kläglich gescheiterten Rezeptionen zu Mad Men lesen müsste. Nichts verstehen die von Leidenschaft, von Empathie und bilateralen Wissen um den Subkontext Popkultur. Liebe Presseleute und Kulturkritiker da draußen, ich muss das hier leider pauschalisieren, da mir die Zeit fehlt, eine Liste der Ausnahmen zu erstellen. 

Meine Wut entschwindet langsam mit jeder geschrieben Zeile und dem Wissen, dass es ein großes Paralleluniversum von Menschen gibt, die diese Zeilen hier verstehen und sich ihres eigen Glückes Schmied sind. 

Am liebsten würde ich eine Gegenbewegung, ähnlich wie mein neuer Held Markus Yallow http://lomax.over-blog.de/article-cory-doctorow-little-brother-57645707.html gründen, die den vermeidlich wichtigen Medienentscheider und –besprecher dadraußen mal ordentlich die Meinung geigt. Aber dafür fehlt mir die Kraft! 

Ich ziehe mich nun wieder zurück und erfreue mich über die Dinge die mir wirklich wichtig sind: Zeit, Empathie und ein gutes persönliches Gefühl.

Alan Lomax


 

 

 

 

 

 

 

 

 

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