Der Informant – Steven Soderbergh

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  20. März 2010, 10:46  -  #Filme

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Matt Damon als Brandstifter! Eigentlich „Biedermann als Brandstifter“.

Mark Whitacre ist Manager bei einem Agrarkonzern. Als eines Tages im Rahmen einer Routineangelegenheit das FBI in die Firma kommt, erzählt er den Agenten, dass sein Arbeitgeber mit der Konkurrenz Preisabsprachen im großen Stil unterhält. Das FBI schmeißt seine Routinen an. Whitacre wird Doppelagent. Er erhält ein Abhörgerät, die Büros werden verwanzt und Whitarce versorgt das FBI mit sehr vielen Geschichten. Kaum eine davon stimmt und der „Informant“ verstrickt sich immer mehr in Lügen. Die Zusammenfassung, ab hier weiter zu führen wäre sinnlos. Da es Soderberghs Ziel ist, dass der Zuschauer sich voll und ganz auf den Charakater Mark Whitacre konzentriert. Die Handlung wird undurchschaubar. Ein interessanter Coup des Regisseurs. 

Mark Whitacre ist ein unerträglicher Typ. Er trägt die schlimmsten Krawatten, hat einen fürchterlichen Schnauzbart und eine Brille mit Kassengestell. Ein Biedermann im besten Sinne. Über seine „innere Stimme“ verstehen wir auch sehr schnell, dass auch seine Seele klein kariert ist. Seine Gedankengänge sind die eines tauben Propheten und eines von sich selbst überzeugten Kleingeistes. So bezieht Whitacre sein Handeln oft auf die wirre Literaturwelt von John Grisham und bezeichnet sich selbst als doppelt so clever wie James Bond. Aber es sind gerade diese absurd wirkenden Off-Kommentare des Protagonisten, die den Charakter des von Matt Damon gespielten Whitacre dicht machen. Denn die Geschichte bleibt undurchschaubar. Und somit kann man eigentlich nur annehmen, dass Soderbergh den Masterplan „Konzentration des Zuschauers auf die Hauptperson“ verfolgt hat. Eine gewagte, aber nachvollziehbare Art und Weise einen Film im Jahre 2009 zu drehen. 

Bei mir hat das Soderbersche Konzept funktioniert. Ich fühlte mich streckenweise mit einem Tunnelblick ausgestattet, fokussiert auf Mark Whiacre, dessen Umwelt ich ausgeblendet hattet. Aber was ist es, dass Soderbergh soviel Wert seinen Protagonisten legt? 

„Ich mache mir Sorgen, dass die schwarze Nase eines Eisbären seine Tarnung zerstören könnte“, denkt Whitcare einmal laut. Solche Gedankengänge haben wir in Wirklichkeit alle! Soderbergh lässt Whitcare so neben der Spur erscheinen, aber in Wahrheit sind wir es die so denken. Und komme ich schnell von Whitcare auf die Gesellschaft und denke Whitacre für unsere Gesellschaft steht. Um diese These zu untermauern ein Zitat von Soderbergh: „Was ich beunruhigend finde ist die Erosion der Vorstellung von Privatheit, dass man mache Dinge nicht öffentlich diskutiert, sie nur den Leuten gehören sollten, die sie erlebt haben!“ 

Das Kino erfodert volle Aufmerksamkeit! Soderbergh gelingt es mit diesem schlauen Film viele Fragen zustellen und gleichzeitig eine Generation zu hinterfragen: „Es wird mit Filmen sein wie mit dem Musikalbum –das ist verschwunden- denn da sich ohnehin keiner mehr eine Platte von vorn bis hinten anhört, gibt es auch keine mehr, die tatsächlich ein Konzept haben.“ 

Soderbergh ist somit auch ein Bruder im Geiste! Allerdings muss ich kleinlaut zugeben, dass er besser reflektieren kann, als wir! Denn wenn wir in diesem blog oftmals den Verlust der Motive und der Exklusivität anprangern, so ist Soderbergh doch etwas feinfülliger und kann Gleichgewichte herstellen. Er bezieht sich visuell auf das goldene Jahrzehnt des Kinos. Auf die sechziger Jahre. Weil sie ansteckend und berauschend sind (SZ). 

Der Informant ist so ein Film. Zumindest steckt er zum Nachdenken an.

Noch ein Wort zu Matt Damon. Ich bin noch nie davon überzeugt gewesen, dass er ein Schauspieler ist. Auch als Actionheld konnte ich ihn nicht wahrnehmen. Ehr als Kumpel von nebenan. Den man vielleicht etwas bewundert, der smart ist, aber kein Typ, der im Kino, die großen Rollen spielt. Weil er eben zu durchschnittlich aussieht und zu untalentiert ist. "Auf jeden Topf passt ein Deckel", hat meine Mutter immer gesagt. Und so muss ich quittieren, dass Damon den Mark Whitacare auf allerhöchstem Niveau verkörpert. Aber ob das eine schauspielerische Leistung ist oder das Ausleben eines Biedermannes, lasse ich einmal offen. 

Alan Lomax

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