Berlinale Eröffnung – Mal ehrlich, was für eine Katastrophe!

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  11. Februar 2011, 08:07  -  #Filme

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In den vergangen Jahren war das, was man bei der Berlinale Gala zu sehen bekam, amüsant und charmant. Ich bin einer der großen Fans von Dieter Kosslick gewesen http://lomax.over-blog.de/article-27608213.html, da er mit seiner unkonventionellen Art dem größten Publikumsfestival der Welt, einen wirklich neuen Verve verlieh und den Moder von Moritz de Hadeln wegwischte.

 

Ein Filmfestival dient dazu, der Welt zu zeigen, wie der Status Quo des Kinos ist. Es hat eine klare kulturelle Aufgabe, aber muss auch einen Unterhaltungswert beinhalten. Das ist die Gradwanderung! In unserem Land, wo Film schon immer viel mit Politik zu tun gehabt, nicht zu letzt wegen der fragwürdigen Filmförderung der Länder, hat insbesondere die Berlinale immer unter der politischen Dimension gelitten. Mit großen Fanfaren fängt das Festival immer an.

 

„True Grit“ ist dieses Jahr der Eröffnungsfilm. Sehr passend. Mit einem miesen Beigeschmack wird es enden, denn gewinnen wird ein Film aus Irkutsk, der Mongolei oder aus Botswana, von dem man nie mehr hören wird, den keiner sehen will.

 

Stellt man sich nun vor, dass ein frischer, kritischer Geist wie z. B. Joel Coen dazu genötigt wurde, sich die 1-stündige Gala anzusehen, kommt an folgenden Überlegungen nicht vorbei:

 

1.)     Wo bin ich?

 

Coen: „Um mich herum sind nur unbekannte Menschen. Klar, ich sehe Ethan, Jeff ist da, aber die anderen Typen? Vorhin wurden mit ein paar vorgestellt. Zum Glück habe ich ein gutes Namensgedächtnis: Senta Berger, Iris Berben, Mario Adorf, Dani Levy und dieser Typ der den Film ‚The International’ gemacht hat. Aber sonst, ich kenne keine Sau. Wann gibt es endlich Essen!

 

2.)    Was machen die dort auf der Bühne?

 

Coen: „Ich sehe eine ziemlich hässliche Moderatorin und da kommt ja auch schon dieser Kosslick, der mich hier her gezerrt hat. Beide können kein Englisch sprechen, tun es trotzdem. Offensichtlich sind viele Politiker hier. Die Namen kennt keiner, auch diese Engelke nicht. Hat Sie gerade den Namen des Wirtschaftsministers verwechselt. Funny! In der Ecke steht noch eine Band aus Berlin. The Beatsteacks singen etwas von ‚Milk and Honey’. Nie gehört. Scheint Punkrock für Rednecks zu sein. Egal, ah, ein weiterer Politiker. Mr. Newmann. Minster fürs Kino? Verrückt diese Deutschen. Oder für Kultur? Noch verrückter. Meine Synchronsprecherin sagt ständig, fcuk!? Muss wohl an der Rhetorik liegen. Bernd Eichinger ist gestorben? Oh, damned, dass ist traurig. Wer war das? Gleich wird die Jury vorgestellt, sicherlich wird’s dann interessant. Man hab ich ein Hunger!

 

3.)    Welche Filme?

 

Coen: „Die komische Moderation hat die Festivalfilme angekündigt. Ein paar Kumpels aus New York haben mir erzählt, dass die Berlinale für die Vielfalt der Selektionen bekannt ist. Mal sehen: Ein Film von Wolfgang Murnberger über die Nazis. Der Mann ist Österreicher. Hm, ah Spacey und Irons die alten Recken, in einem Film von Mr. Chandor. Nie gehört! Mexico? Paula Markovitch „The Prize“ okay, aber was ist das „Turiner Pferd“ und wer zum Teufel ist Bela Tarr und Seyfi Teoman mit seinem Film „Bizim Büyük Caresizligmiz“? Verrückt diese Deutschen. Das größte Publikums Festival der Welt. Ich wünschte ich könnte hier wohnen, mal morgen gucken, wo diese Filmförderung ist. Aber erstmal viel wichtiger, wo ist das Buffet!

 

4.)    Was für eine Jury?

 

Coen: Ah, die Juryvorstellung. Einer fehlt! Jafar Panahi! Ein Iraner! Er darf sein Land nicht verlassen, weil er anderer Meinung als seine Diktatoren ist. Das geht natürlich gar nicht. Ein Brief und ein leerer Stuhl? Ah, Panahi hat aus dem Gefängnis geschrieben: «Aber ich hoffe, nach meiner Freilassung eine Welt ohne geografische, ethnische und ideologische Grenzen zu bereisen. Eine Welt, in der die Menschen ungeachtet ihres Glaubens und ihrer Überzeugungen in Frieden miteinander leben.» Die ersten guten Worte heute Abend! Wer ist der Mann, ein Schriftsteller? Isabella Rossellini, endlich jemanden den ich kenne! Ist die eigentlich lesbisch? Egal, sieht gut aus. Wie ihre Mutter! Die anderen, keine Ahnung. Ist mir auch egal, ich will jetzt endlich essen, morgen geht es zum Glück nach Cannes. Diese Jury muss hier bleiben und sich den ganzen miesen Schund reinziehen, den hinterher keiner mehr sehen will!

 

Aus dem Newsticker nach der Eröffnungsgala: „Etwas Murren gab es, weil das Coen-Team während des Films den Saal verlassen wollte, um Essen zu gehen.“

 

Ein Filmfestival muss den Status Quo des Kinos zeigen. Eine Mischung aus Kommerz und Kunst hinbekommen, dabei die Probleme der Filmkunst berücksichtigen und diskutieren.

 

Mit einem Ethnoprogramm und Publikumsfeindlichen Filmen ist dies nicht möglich. Kosslick hat in den vergangenen 10 Jahren, die Berlinale in die ständige beste Richtung gesteuert. Doch nun ist seine Zeit vorbei. Ein neuer Intendant muss her. Vielleicht etwas kritischer, etwas kommerzieller, etwas pragmatischer und viel visionärer. Deckard, könnten Sie vielleicht die Festivalleitung übernehmen?

 

Danke Dieter!

 

Alan Lomax

 

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