The Pale Blue Eye – Scott Cooper

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  9. Januar 2023, 13:04  -  #Alan Lomax Blog, #Essay, #Film, #Filmkritik, #Feuilleton, #Kulturblog, #Kino

The Pale Blue Eye – Scott Cooper

Es ist notwendig geworden, dass wir von einer Neo-Gothic-Welle sprechen! Merkwürdigerweise hängt die Musikkultur da noch etwas hinterher, aber spätestens mit Jenna Ortegas denkwürdiger Tanzperformance zu dem THE CRAMPS Hit GOO GOO MUCK, der famosen Serie WEDNESDAY von Tim Burton, aber auch der Erweiterung des Spieleklassikers GOTHIC2:Dirty Swamp, kann ich mir jetzt schon vorstellen, was da popkulturell noch so alles kommt.

Zunächst aber zu EDGAR ALLAN POE: Poe kannte das Wort Gothic nicht, hat es aber mit seinen düsteren Geschichten und seiner toleranten Neugier zu grausamen Morden, sowie seinem poetischen Einfluss geschafft, den Symbolismus zu prägen, also einer Welt, die es schafft aus Teilstücken, etwas neues Vollkommens zu schaffen. In seiner Welt  findet immer eine Annäherung an ein Ideal statt, welches so vorher nicht vorhanden war: …oder eben eine mystische Kunstwelt, die dann subjektiv ehr düster ist. In dem Film THE PALE BLUE EYE ist diese Kunstwelt, ein verschneiter Militär Akademie Campus in New York im Jahr 1830. Dort wird ein junger Kadett aufgehängt vorgefunden, dem das Herz aus der Brust gestohlen wurde. Detective Augustus Landor (Christian Bale) wird engagiert, den Tod aufzuklären. Er trifft auf den jungen Dichter EDGAR ALLAN POE (Harry Melling), der ebenfalls Kadett in der Akademie ist.

Neben diesem ausgezeichneten Sujet sehen wir eine fette Besetzung u. a. Charlotte Gainsbourg, Simon McBurney und Gilian Anderson, die die Schauspieldisziplin "Overacting" in diesem Streifen neu definiert.

Den Inhalt des Filmes weiter zu erklären, würde in jeglicher Linie bedeuten zu spoilern. Aber es ist auch nicht die Handlung die den denkwürdigen Film, denkwürdig macht.

Es gibt so viele Kuriositäten, die nichts mit der unbedingten Geschichte zu tun haben, dass diese erzählerischen Kühnheiten bereits stark unterhaltsam sind und letzendlich aber auch zum Plot der zentralen Geschichte führen.

Normale Personen gibt es in diesem Film nicht! Jede Figur ist massiv überbordet bzw. bis hin zur Karikatur verzogen. Besonders schön sind die verschneiten Landschaften, schattigen Innenräume (erinnern an Barry Lyndon), die eine tolle zentrale winterliche Zeit für einen selbst beschreibt, auch in den Augenblicken, in denen man selbst diesen ganzen Verrückten im eigenen Alltag begegnet. Und hier ist auch schon das Learning: Auch das sollte ein(e) jeder sich mehr zum Vergnügen machen.

Christian Bale ist nicht der Superstar auf den Seiten von lomax-deckard.de. Von je her, wird der Schauspieler hier sehr skeptisch betrachtet und besprochen. Der Rolling Stone schreibt von einem notwendigen Kontrapunkt für die Geschichte und nennt damit den Grund für seine Besetzung: Und es stimmt. Bale kann Scherz darstellen, aber als ruhigen Schrei. Und den trägt er würdig durch den Film. Wahrscheinlich bekommt er den Oskar.

Wer ihn aber bestimmt bekommt, ist der merkwürdige Schauspieler Harry Melling, der die Rolle des Dichter-/Kadetten Poe gibt. Und zwar so lustig, dass die spontanen Lachatacke von Bale, nicht geschnitten worden sind, weil sie so nachvollziehbar sind.

THE PALE BLUE EYE ist ein Besserwisser Film für Rechthaber. Aber er ist auch ein wohliger cinematographischer Zufall, ebenso wie es im Prinzip der Plot der Geschichte ist. Aber egal, es ist ein unterhaltsames Stück, welches voraussetzt, dass der Zuschauer sich überlegt, was passiert wäre, wenn das ein oder andere nicht passiert wäre. 3,5 Punkte von 5 Punkten.

Aus dem State of Mind

Alan "Captain" Lomax

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