Endlich wieder live! – ZDF Kultur Gigs & Talks aus Live-Clubs

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  8. April 2021, 11:04  -  #Essay, #Fernsehen, #Feuilleton, #Independent Musik, #Kommunikation, #Popmusik

Quelle: ZDF Mediathek

Quelle: ZDF Mediathek

Das ZDF bemüht sich in der Senderreihe Stay Live, deutschen Musiker*innen die Chance zu geben, sich live zu präsentieren und überträgt Konzerte ohne Publikum von sog. Newcomer*innen aus Clubs wie dem SO36 oder dem UT Connewitz. Dabei treffen sie auf Pat*innen aus der Musikszene.

Kritische Menschen wie ich werden nun denken, dass dort die ewig gleichen deutschen Bands gezeigt werden. Und ich muss die, die ich meine, nicht alle aufzählen. Und so ist tatsächlich die erste große Überraschung wahr geworden: Es gibt in Mainz tatsächlich Redakteure, die über den Mainstream hinausdenken. Wie sonst ist es also möglich, dass wir auf einmal Musik hören, die wir mögen: Gewalt, Hope, Dyse, Peaches…

Natürlich wird bei dem Format auch auf kulturelle Inhalte Wert gelegt. Jeder Band wurde ein Pate zugeordnet. Zwischen den wirklich sehr gut aufgenommen Liveshows finden dann Gespräche statt. Auch an kleine Spielchen wurde gedacht. So werden z. B. Gewalt genötigt gemeinsam mit Max Gruber (Drangsal) das Zigarettenpapiernamensspiel zu spielen. Hope dürfen sich sogar zusammen mit den Herren von Deine Lakaien in einem Gothic-Shop ein Outfit aussuchen. Was natürlich für den Zuschauer zwischen Verwunderung und Belustigung endet, da beide Bands solche Incentivierung nicht gewohnt sind und ganz ab gesehen davon seit Ewigkeiten sowieso die gleichen schwarzen Sachen anhaben.

Interessanter aber ist die Überlegung, wie es überhaupt zu dieser Sendereihe kommen konnte!?

Schnell wird klar, dass wenn alles so geblieben wäre wie vor dem Jahr 2020, ein solches Format keine Chance gehabt hätte. Im öffentlichen deutschen Medienraum hat der Sender arte vorgelegt. Formate wie Open Stage oder die Live-Sessions der Sendung Passengers, vielleicht sogar die Mind-Blowing Live Übertragung des Moers Jazzfestivals 2020 (auch wieder mit Gewalt), aber natürlich auch die Eigeninitiativen der vielen nationalen und internationalen Künstler, Auftritte live o. ä. zu streamen, haben neue Felder geöffnet. Und während andere Sender in Kreativlosigkeit, fehlender Lust oder katastrophalen Formaten vor sich hin darben, muss an dieser Stelle für das ZDF ein Lob ausgesprochen werden. Dafür, dass sich endlich mal ein Fernsehsender in Deutschland mit Popkultur beschäftigt, auch wenn die Annährung an den Underground zunächst noch naiv (aber eben auch etwas charmant) wirkt.

Und natürlich, dass ich meine Lieblingsbands, insbesondere Gewalt & Hope einmal wieder live, in der Kneipe oder eben beim Kleiderkauf im Gothic-Laden  sehen durfte. Das bedeutet mir viel…

Nicht aus Berlin, nicht aus Leipzig, sondern in front of the TV-Screen!!!

Alan Lomax

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