The Banshees Of Inisherin - Martin McDonagh (2022)
The Banshees of Inisherin spielt in den 1920er Jahren auf einer fiktiven Insel vor der Küste Irlands und ist die Geschichte von Colm und Padraic, die seit Jahrzehnten befreundet sind. Täglich um zwei Uhr nachmittags klopf Padraic an Colms Tür und sie gehen gemeinsam zum Pub, um ein paar Pint zu trinken. An diesem Tag, kurz vor dem 01. April, hört Padraic eine Explosion auf dem Festland und sieht Rauch aufsteigen. Es sind die Kanonen des Bürgerkriegs. Padraic beschliesst, dass das nicht interessant für ihn ist und geht wie gewohnt zu Colm. Ohne Vorwarnung oder Erklärung und scheinbar unabhängig von den Ereignissen auf dem Festland, beschliesst Colm aber, dass er Padraic nicht mehr in seiner Nähe haben möchte und die Freundschaft beendet ist. Colm möchte Musik komponieren und Dinge tun die sich für sinnvoll anfühlen und keine Zeit mehr mit seinem netten, aber langweiligen Freund verbringen.
Padraic, der das Herz am rechten Fleck, aber nicht die hellste Kerze auf der Torte ist, ist entschlossen seinen Freund zurückzubekommen, aber Colm ist ebenso entschlossen, Padraic zu umgehen und wenn er sich dafür bei jeder Begegnung mit der Schafschere einen Finger abtrennen muss.
Um die Beiden herum gibt es die unfassbare Landschaft, eine Schwester, einen Dorfdeppen, eine unausstehlichen Polizisten, ein altes Weib, ein Hund und einen Esel.
Der Film ist aus mehrfachen Gründen bemerkenswert. Zunächst einmal, weil er komplett aus der Zeit gefallen ist und das macht ihn wunderschön. Die Landschaft und Bilder der west-irischen Inseln sind atemberaubend und es gibt nicht eine einzige CGI Aufnahme, da der Film, vor Ort 2021, gedreht wurde. Das geschlossene Set-Up der Insel, gibt der Story etwas wunderbar Kammerspiel artiges. Aber auch etwas boulevardesk und für wahr, schnell denken wir auch an das New York der 1960er und an unsere alten Freunde Oscar Madison (Walther Matthau) und Felix Ungar (Jack Lemmon). Colin Farrell und Brendan Gelesen spielen sich mühelos an The Odd-Couple ran.
Denn es ist durchaus möglich The Bandes Of Inisherin als leichte, muntere und auch publikumswirksame Filmkomödie zu nehmen. Der eigentliche Coup ist dann aber eigentlich, dass die ewige irische Melancholie mit Drang zum britischen Drama, der Leichtigkeit einen Garaus macht. Das Böse lauert hinter jeder keltischer Mauer und schliesslich lies sich ja Freude, Gewalt und Traurigkeit von Irland nie trennen. Erst kürzlich haben "wir", die von diesem Land besessen sind, in dem gewaltigen Film „Shane“ von Julien Temple und Johnny Depp gelernt, dass Gott ein Ire war.
Und dann öffnen sich auf einmal die Pforten und die Gedankenspiele beginnen:
Wir alle können uns jeden Tag die Regel stellen, dass es keinen Krieg gibt da draußen, dass es uns egal ist, dass hier auf dieser Welt in ein paar hundert Jahren keiner mehr lebt, im Jahr 2023 in Afrika noch immer Kinder an Hungersnot leiden oder wir pauschal gesehen von immer mehr Vollidioten in dieser Welt unterwandert werden. Wir können die Gardinen zu machen und das alles ignorieren, aber irgendwann müssen wir uns mit unserer Frustration auseinandersetzen. Auch weil wir Potenziale verschwendet haben und Zeit verpasst haben, die wir gemeinsam hätte im schönen Sinne erleben können.
Die heile Inselwelt gibt es nicht, eine Blase existiert nicht. Denn in Blasen leben immer in einer Welt in der sie sich in einer Wahnvorstellung einhüllen und in einer Art Echokammer. Aus Liebe zu einander wird nicht mehr gesprochen. Realität und Illusion, wie im echten Leben, wenn der einzige Hoffnungsschimmer noch immer Mut ist und das leuchtende Grün der Realität dem Dämmerungsblau der Bildschirme weicht und in Lügen, Subtilitäten und Heimlichkeiten mutiert...
Ich will nicht sagen dass, Martin McDonaghs hier ein Meisterwerk gelungen ist, das wird die Zeit zeigen. Aber zur Zeit ist es wahrscheinlich der bemerkenswerteste Film der Welt!
Sag mal Deckard, wieviele Finger hast Du eigentlich noch?
Alan Lomax