PrimaveraSound 2017 - Porto - Reisefieber by John Ross Ewing

von John Ross Ewing  -  24. Juni 2017, 12:37  -  #Got my eyes on you - Ewings Kolumne, #Konzerte, #Populäre Musik

Photos by John Ross Ewing
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Das Reisefieber hat den Musikabend samt Anhang Anfang Juni nach Porto gebracht. Auf ein Event zu dieser Jahreszeit in Südeuropa kann man sich schon sehr freuen. In diesem Jahr ist es das kleine Schwesterfestival von Barcelona geworden, erneut da die Qualität ebenso ausgezeichnet ist, aber die Auswahl, welche Band man sich als nächstes anschaut bei diesem sehr viel kleineren Line Up noch leicht fällt. Natürlich geben wir uns sofort, berauscht von der steilen Sonne und der Wucht des Atlantiks, gern den kulinarischen Kostbarkeiten hin, wir sind alle Genussmenschen. Außerdem sind wir gerührt von der Gastfreundschaft unserer Vermieter Joao und Ana.

Wir sind angekommen. Wir widmen uns der Musik, die an diesen drei Tagen für uns gespielt wird:

QUINTA  08 de Junho

 

Cigarettes After Sex

 

All dressed in black again. CAS kommen aus Brooklyn, melancholischer Dream Pop mit ruhigen Phasen. "Nothings gonna hurt you, Baby" ist ein epischer Ambient SlowCore Smasher wie er im Buche steht. Singt da nun ein Mann oder eine Frau? Augen zu und raten. Man verzeiht ihnen sogar ein Cover der sehr unbedeutenden amerikanischen Band REO Speedwagon. Wenn es noch 10 Grad heißer wäre, würden alle auf der Wiese liegen. 

 

"And on the Lower East Side you're dancing with me now

And I'm taking pictures of you with flowers on the wall

Think I like you best when you're dressed in black from head to toe

Think I like you best when you're just with me

And no one else…" aus K. 

 

Das könnte von M.L. Gore sein. Perfect to get on the festival.

 

 

Arab Strap

 

Große Spannung. Damals - wir waren definitiv im Chemikal Underground Wahn - und mit dem musikalischen Herz mehr in Glasgow als in Köln, waren sie ein Meilenstein. Andere Bands sind erfolgreicher gewesen und haben weiter gemacht. Vielleicht passten die explicit lyrics auch nicht so ganz zur behänden Musik, Malcolm Middleton und Aidan Moffat haben sich dann ein wenig solo verzettelt und jetzt legen die hier einen relevanten Auftritt hin, wow. Komplett unerwartet lasse ich mich von dominanten elektronischen Beats und dem einlullenden Timbre Moffats einfangen. Ganz schön schön, come back again.

 

Flying Lotus

 

Steven Ellison entführt uns in eine velvetjazzige Electronica Space Night, eine alarmierende, offene, bewusstseinserweiternde Spektralfarben-Abenteuer-Film-Show. Wundervoll. Natürlich mit Hips und Hops, not to much, eher ein Feierbrett. Ein Frickler, ein Suchender, ein Ausprobierender. Heute allein am Pult, keine Band und ohne seinen langjährigen Superbassisten Thundercat, der uns im März in Köln schon beglückte. Wir landen mit Flying Lotus in einer sonderbaren Welt der surrealen Cosmogramme. Get the WOW!

 

Run The Jewels

 

Für mich die legitimen Nachfolger der Beastie Boys. Die rocken den Rap, wir feiern auf der Super Bock Tribüne mit großen Kannen. EL P und Killer Mike haben‘s auf jeden Fall drauf. Alles ist im Flow. Feiner Humor, die Stimmung steigt, geballte Fäuste, imaginäre Knarren, ausgelassenes Kopfnicken von 25000 Leuten. FETT. Sie stellen ihr aktuelles Album vor, RUN THE JEWELS 3,  auf solid Doppelgold ist schon das Vinyl gepresst. Große Schnauze, große Gesten, verbunden mit angenehmer Demut nach mittelmäßigen Witzen, Hello Barcelona… Nach ner halben Stunde ist man so drin, dass der street fight losgehen könnte, but EVERYBODY STAYS CALM.

Run The Jewels sind der heiße Scheiß des Rap und werden zurecht gefeiert.

 

Justice

 

Dem Bericht von Alan Lomax ist nicht viel hinzuzufügen, dennoch: Don't belive the Marshall Towers haben wir am Anfang so gedacht. Dann erleuchtet das Justice Cross und wir glaubten alles. Wir wurden Jünger und jünger, marschierten nach vorn, bereit zum D.A.N.C.E. 

Cos we are your friends, we'll never be alone again.

Photo by John Ross Ewing

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SEXTA 09 de Junho

 

Pond

 

Wir laufen etwas spät ein, Portwein und Meeresfrüchte verlangen auch ihre Zeit, wir werden warm empfangen von Pond, Space Rock Psych aus Perth, Australien. Hier sind drei Leute der Band Tame Impla dabei. Pond gefallen mir viel besser und das neue Album "The Weather" ist eine Erweiterung des bisherigen Werks mit großem Pop appeal, feine Sachen, kreativ, kickend, reaching out for the summer. PAINT ME SILVER!

 

Whitney

 

So wundervoll, melancholisch, umarmend und mit alten Lehren und neuen Mitteln zeitgemäß.

 

Der Superhit "No Woman" hängt mir als Soundtrack des Festivals tagelang im Ohr und im Herzen.

 

Weiterhin empfehle ich die wunderbare Einschätzung der Whitney-Sache von Herrn Lomax.

 

Link zu Deinem Artikel

 

Angel Olsen

 

Na, Frau Olsen, wehren Sie sich gegen das Wetter? Angel Olsen trägt ihre ruhigen aber rohen Songs mit Schwermut, Anklagelust und Stärke gegen die gleißende Abendsonne vor, Man räkelt sich dazu gemütlich auf der Wiese und ich bin ein wenig erstaunt, dass die Langsamkeit die Power der Songs doch sehr hemmt. Vielleicht sind wir aber auch in jedem Sinn zu weit weg. Die alten Stücke von "Burn your fire for no witness" gehen dann aber doch ganz schön rein, unf***theworld, bitte schön.

 

Teenage Fanclub

 

The concert to cry to. Das letzte Album dieser schottischen Band ist wunderschön und heißt HERE. Die ausgekoppelte Single "I‘m in love" ist einer meiner Songs des vergangenen Jahres und Teenage Fanclub sind nun wieder auf Tour. Drei Sänger in einer Band, wo geht das über so viele Jahre gut? Der Harmoniegesang, der von extrem melodiösen und immer wieder brachial ausbrechenden Guitarren unterlegt ist, verbindet scheinbar. Normn Blake, Gerard Love und Raymond McGinley könnten ja alles sein: Lehrer, Postboten, Poetry Slammer, Leichenwäscher oder Bademeister. Den Typen traut man alles zu. Ich bin Fan seit der „Catholic Education“, danach wurden sie mit „Bandwagonesque“ Popstars im Vereinigten Königreich. Über die vielen Jahre hben sie mich mal verloren aber wieder gefunden und das bleibt. Brille auf, tears are not enough. What you do to me, Fannies?

 

Setlist

 

Start Again 

Don't Look Back
Hold On
I Don't Want Control of You
Thin Air
About You
Star Sign
The Darkest Part of the Night
Can't Feel My Soul
Ain't That Enough
I'm in Love
The Concept
Sparky's Dream
Everything Flows

 

 

 

 

Bon Iver

 

Was kann man noch zu BON IVER sagen, das Projekt von Justin Vernon ist eine ständige Weiterentwicklung vom zartesten Folk songs zu elektrisierenden Experimenten. Einige Elemente des aktuellen Albums „22, a million“ wurden in der Nähe von Lissabon aufgenommen, so dass sein Auftritt in Portugal direkt am Meer besonders ist, so besonderes wie seine eklektischen Songs. Auch während des Konzerts breiten sich die Songs immer weiter aus, die Bläser tragen das Ganze. Die doppelte Drum Performance sorgt für eine Platzreife, die den vermutlich 25000 Leuten den Sound an jeder Stelle spürbar macht. Der Meister seines Faches, ein Falsett geht steil, wo soll das nur hinführen?

City Club

City Club

SABADO 10 de Junho

 

Elza Soares

 

Wir wollten sie unbedingt sehen und haben sie leider verpasst, es soll sehr schön gewesen sein. Verschiedenfarbige Calems verüßten dafür den Nachmittag in den Kellern Portos.

 

Growlers

 

 Das neue Growlers Album ist ja schon saugeil, eine Mischun aus lzy LA shit und viele spannenden Instrumentierungen, die der Sonne entgegen eine positive Anti-Haltung in den Wind stellen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Growlers sind die Doors dieses Festivals, vermutlich eines jeden Festivals auf dem sie auftreten. Lässigkeit und Spnnungsbögen waren selten näher beieinander und erlösen sich selbst zwischendrin mit schunkelnden PowerPopSongs. Da will an sich in den City Club 17 Parka schmeißen und lostanzen. BEACH GOTH ist definitiv die beste Genre-Bezeichnung ever, und die haben sie sich selbst gegeben. Seeligkeit stellt sich ein. Brooks Nielson, Sänger der Band, die sich den Toilettengang zum Namen wählten, ist dermaßen selbstbewusst, dass es eine große Schau ist.

 

Morrisonesque – I like!!!

 

Sampha

 

Sampha hat ein recht cooles ElectroSoulHop Abum (oder so ähnlich) aufgenommen, wirklich vielversprechend, obwohl es an verschiedenen Stellen schon sehr schmalzig anmutet. Live ist das eher enttäuschend, kommt als langweiliger radiokompatibler Schmachtkram rüber. Total schade.

 

Metronomy

 

Was aus experimenteller Elektronik so alles entstehen kann, Metronomy sind an der Schwelle, Superstars zu werden. Ein funky beat, der stark Talking Heads geschwängert ist. Ein blütenweißer English Riviera Sound, der den Klimawandel der Neuzeit längst berücksichtigt hat ist zu einem eigenen Markenzeichen dieser wunderbaren Band geworden. Heute nur Hits und eine befreit tanzende, glückliche crowd mit guten Drinks in der Hand.

 

 

The Make Up

 

The Make Up sind so irreal, irgendwie ein künstliches Produkt, die Pomade täuscht,  wie eine Comic Band, eine Formation die antikapitalistischen Rock'n'Roll in schönster Rohheit offenbart, Sie kommen als Einheit, in goldenen 50s Anzügen, der Ansager fragt nachhaltig "Waht´s up?" und bringt die Meute auf die richtige Fährte. Ian Svenonius ist immer front of front of stage, also mittendrin und transportiert seine Formel exzessiven RnRs. Es ist ein aufgeregter, überschäumender, fast apokalyptischer Auftritt, sehr aufregend.

Das Buch dieses Sängers  heißt: Supernatural strategies for Making A Rockn'n'Roll Group.

Nehmt Euch mal Zeit für The Make Up, The Make Up!!!!! 

 

 

 

Photo by John Ross Ewing

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Aphex Twin

 

Check the Lomax-view and you will see.

 

The Black Angels

 

Some say Psycho, Black Angels sind der best psychedelic shit der letzten 10 Jahre. Jedes Album ein Opus, ein Trance Guitarren Feuerwerk mit bestem Songwriting. PsychoShoegaze aus Texas. Eine formidable Band, die es versteht, mit mir unerklärlichen Mitteln ihr Pblikum zu hypnotisieren, von alten Stonerrockern bis zu jungen Groupies. Ich wünsche mir, dss die schwaren Engel noch 2-3 Stunden länger spielen, aber leider ist dies der letzte Akt (fürmich) bei diesem wundervollen Festival.

 

Obrigado, Porto.

 

JOHN ROSS EWING

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