Bridge of Spies - Steven Spielberg

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  14. Mai 2016, 13:38  -  #Filme

Bridge of Spies - Steven Spielberg

Wissen Sie? Menschen wie ich leben von der Romantisierung! Von Bildern, von Augenblicken, der Wahrhaftigkeit, vom Pathos und der Renaissance des Schönen. Viele Gründe dafür warum ich das Kino liebe und an den Film glaube.

 

Gestern Abend habe ich den Film BRIDGE OF SPIES gesehen. 

 

Regie: Steven Spielberg

Drehbuch: Ethan und Joel Coen

Kamera: Janusz Kaminski

Musik: Thomas Newman

Architektur: Adam Stockhausen

Darsteller: Tom Hanks, Alan Alda, Amy Ryan, Mark Rylance

 

Würden Rick Deckard und ich nach einer durchzechten Nacht, bei einem letzten Drink zusammensitzen, eben nicht mehr in der Lage sein, vollständige Sätze zu sprechen, wir würden uns diese Namen zurufen, gegenseitig nicken, verstohlen lachen oder jubeln. So wie kleine Jungs früher Quartett gespielt haben und sich mit den Werten der Karten in Form von Leistungsfähigkeiten und anderen Attributen der Stärke gemessen haben.

 

Ich spreche hier heute nicht von einem durchschnittlichen amerikanischen Streifen, den man sich „mal“ so eben an einem Freitagabend ansieht, um abzuschalten (VIdeo rein, Alltag raus), sondern von einem Filmopus, von dem man als geschulter Kinogänger und leidenschaftlicher Filmfan ein Leben lang zehren kann!

 

Kann man? Denn das ist die entscheidende Frage. Crew, Cast, Drehbuch, Pathos, Bildwucht, Sujet und Plot sollten auf jeden Fall mit einigen Filmen, allein aus der Leistungsfähigkeit des nicht vorhandenen Quartetts zum Film gegeben sein. 

 

Und direkt von Anfang weht einem ein Hauch von altem klassischen 1960er Jahren Golden Age Kino um die Nase. Der Verlauf des Streifens ist von tollster klassischer Machart und der Plot hat das Zeug von langfristiger Kulturhistorischer Bedeutung zu sein. Ähnlich vielen anderen Beispielen, wo ein Landzug, eine Ruine, ein Gebäude, ein Platz durch einen Film spektakulär aufgewertet wurde und das obwohl durch die Historie bekannt, doch erst durch den Film ein weltweites Interesse weckt. In dem Fall die Glienicker Brücke zwischen Potsdam und Berlin.

 

Matt Charman, Ethan Coen und Joel Coen erzählen die unbekannte, aber wahre Geschichte des zu Zeiten des Kalten Kriegs in Brooklyn lebenden Anwalts James Donovan (Tom Hanks), der von der CIA beauftragt wird, sich um die Freilassung eines US-amerikanischen U-2-Piloten zu kümmern. 

 

Donovan hat zuvor als Pflichtverteidiger das Mandat von Rudolf Abel übernommen, der im Geheimen für die Russen als Spion in New York gefasst wurde.

 

Der Film ist in zwei Sujets aufgeteilt und extrem konsequent aufgebaut. Als packender, unvergesslicher Plot ist natürlich (und das ist wohl kein Spoiler!) der erste Agenten-Austausch überhaupt geplant wurden. Die ideologischen Gegensätze werden auch so kongenial angepasst und der Aufteilung angeglichen. Zeigt uns Spielberg im ersten Teil die Bedrohung des Kommunismus für Amerika, mit allen dem Wahnsinn und der inneren patriotischen Zerrissenheit, bekommen wir im zweiten Teil, der in Berlin spielt eine authentische Stimmung gezeigt. 

 

Allerdings ist dieser zweite Teil nicht unbedingt so, wie man nun meint, dass er sein wird. Und dafür sorgt der Humor und das Filmwissen der Coen-Brothers, den es gelingt, die ideologische dunkle Russische Seite und die der gerade aus dem tauben Winterboden erhobenen DDR, zwar bedrohlich zu zeigen, aber jederzeit auch eine humorige Unternote sorgen und es in den besten Sequenzen, sogar zu einem zweiten Teil mit Billy-Wilder-Touch schaffen.

 

Spielberg hat sich für den klassischen Ansatz des Filmes entschieden und das ist auch gut so. 

Überfordern tut er keinen Zuschauer auf der ganzen Welt. Denn schliesslich ist er der Kinovater für den gehobenen Familienfilm bzw. steht auch für die Erfindung des „Feel-Good-Movies“.

 

Darüber hinaus ist die Geschichte der nicht erfundenen Hauptfigur James B. Donovan von eigentlichem Interesse. Wenn man so will, würde seine Vitae für eine Trilogie reichen. Der Mann  war bei den Nürnberger Prozessen dabei, seinen diplomatischen Coup für den ersten Agentenaustausch im kalten Krieg, beschreibt der Film und man könnte die Reihe mit der Schweinebucht und der Kuba-Krise abschließen, wo Donovan sogar persönlich die Verhandlungen mit Fidel Castro führte. 

 

Der Mann der den Beruf „Unterhändler“ wahrscheinlich erfand, wird in dem gleichnamigen deutschen-hier besprochenen Film- „Der Unterhändler“ (!) von dem famosen Tom Hanks gespielt, für den man keine Adjektive mehr finden wird. 

 

Tom Hanks spielt in so einem Film nicht mit, er trägt ihn! Und selbst das ist noch zu wenig. In einigen Szenen hat man den Eindruck, dass er soviel Präsenz hat, dass er den Film auch Verantwortet und nicht nur das, sondern die Aufrichtigkeit der gesamten amerikanischen Verfassung, die Wahrheit des Gesetztes und an den Triumph über dem Land der Freien und der Heimat der Tapferen trägt. Ziemlich patriotisch natürlich, aber eben nicht übertrieben stumpf, sondern stolz und reflektierend! „Herr Hofmann, sie sind offensichtlich deutscher?“. „Ja, meine Eltern waren deutsche!“ „Meine Eltern waren beide Iren, deswegen heiße ich Donovan!“ „…und ich Hofmann“ „Genau, sie haben deutsche Vorfahren, ich irische…aber eins haben wir gemeinsam, wir sind beide Amerikaner.“ 

 

Was für ein banaler Dialog! Und es ist schlimm, das man 2016 solche Dialoge im Kino hören muss! Aber offensichtlich ist es so, dass man einigen vielen Menschen, den Sinn des Gesetztes und der Verfassung so verkaufen muss, damit sie es verstehen. Der Film schafft das und erklärt auf hoher Ebene, auf kindgerechter, auf unterhaltsamer und auf spannender Weise. Und Tom Hanks ist der Filter, der Träger, das Motiv, die Projektion, die Identifikation und ja, er ist der ganze Film. 

 

Bereits als Walt Disney in dem schönen Film SAVING MR. BANKS ist mir aufgefallen, dass er so eine großartige Statue hat und körperlich noch viel mehr Mittel hat, als er je zuvor eingesetzen kann. Vielleicht sind es auch die guten Anzüge die als Walt Disney in den 1940er trägt und jetzt als New Yorker Anwalt von der 5th Avenue. Kostüme die dem Mann enorm gut stehen und die ihn zu einer noch größeren amerikanischen Kinolegende werden lassen und noch unnahbarer, verehrungswürdiger und strahlend hinterlassen. Sagen wir es abschließend so: Herr Hanks, sie können sich ab sofort hinter Frank James Cooper einreihen. Denn dort gehörten sie langsam aber sicher hin! Glückwunsch….

 
Zwei vom alten Schlag!Zwei vom alten Schlag!

Zwei vom alten Schlag!

Es ist ein Drama! Ein Film wie dieser hier, wäre vor ca. 40 - 50 Jahren ein Spektakel gewesen. Wochenlang hätte die Menschheit von nichts anderem mehr gesprochen. Er wäre Jahre lang, weltweit in allen Kinos gelaufen. Studenten hätten ihre Doktorarbeiten darüber geschrieben, Dialoge, Sequenzen wären in den Alltag der Menschen übergegangen. Ein paar Jahre später wäre er weltweit im Fernsehen gelaufen. Eltern, hätten ihn gemeinsam mit ihren Kindern gesehen. Der Film wäre danach gereift. Autoren, Kritiker, Magazine, Bücher hätte das Thema immer wieder aufgegriffen. Teile werden immer wieder zitiert worden, Ausschnitte immer gezeigt worden. Filmhistoriker würden sich bis heute damit beschäftigen. Unbekanntere Stars wie der ständig gute Sebastian Koch oder Austin Stowell wären große Stars geworden, der Film wäre wie -ich nenne bewusst keine Namen- andere Filme in unseren Herzen, in unserem Körper in unserem Verstand.

 

Dieser Film wird aber so bald vergessen sein. Und der Gedanke ist kaum zu ertragen! Nicht zu ertragen, dass es DVD-Hüllen geben wird, die für EUR 1,99 mit dem Film im Friedhof der Filme liegen wird, dass er vielleicht in 3 Jahren auf RTL läuft und irgendwelche Unwissenden, nach den 2,5 h sagen, puh, dass war ja ganz schön lang oder auf der Couch eingeschlafen sind, weil ihr verrotteter Verstand nicht mehr in der Lage ist, die Wahrhaftigkeit der Kamera zu verstehen!

 

Und somit ist das Fazit des Films ein schmerzvolles. Denn es ist nicht der Film der daran schuld ist, dass Kino so nicht mehr funktioniert und nicht mehr bleibend ist. Es sind die Menschen, die solche cineastischen Meisterleistungen doch gar nicht mehr wollen. Denen ist es doch egal, ob John Williams krank ist und Thomas Newman trotz allem einen wundervoll wirklich zu Herzen gehenden Score komponiert hat, wie es wohl kein europäischer Komponist weltweit, seit 30 Jahren nicht mehr gelungen ist. Oder das ein Kaminski tatsächlich ein Künstler ist. Man muss nur mal sein Konzept der Farbwahl und der Interpretation von geschlossenen Räumen folgen. Oder das Tom Hanks schauspielerisch und künstlerisch an Peck's Atticus Finch Darstellung kratzt oder eben, dass Spielberg der letzte Regisseur der Weltgeschichte sein wird, der so ein Kino, einen solchen Film, auf dem Niveau, mit diesen Leistungen und allen Regeln der Unterhaltung noch stemmen kann, dann aber tatsächlich eine neue Zeit anbrechen wird.

 
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Epilog

 

Ich habe die ganze Woche in Berlin verbracht! Am Donnerstagabend bin ich mit dem Taxi vom Gendarmenmarkt in mein Hotel hinter dem Alexanderplatz gebracht worden, dabei ist mir auf einem Plattenbau vor dem Alex eine alte Coca Cola Reklame aufgefallen. Alt heißt in dem Fall mit dem „alten“ Logo. „Wie lange hängt, dass denn schon da?“, frage ich den Kutscher. „Na ja, auf jeden Fall noch nicht immer!“, sagt er im typisch berlinerischen Schnodder! „…oder Billy Wilder hat es damals dort vergessen, als er eins, zwei, drei“ gedreht hat. Der Taxifahrer sieht mich an und sagt dann: „…jetzt fahre ich schon seit Jahrzehnten hier Taxe, aber da bin ich noch nicht drauf gekommen, werde ich jetzt zum Mythos machen!“. „Wenn die Leute, die sie dann fahren, Billy Wilder oder den Film kennen!“. „Stimmt!“, sagt der Taximann, „dass wird dann wohl doch nicht klappen.!“

 

Schade, denn die Welt wir langweilig, wenn man nicht mehr über Filme sprechen kann...

 

Alan Lomax

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