Rick Deckard lernt Salsa
Der amerikanische Literat Norman Mailer prägte einst den Ausspruch "Tough Guys Don't Dance!". Nun gestaltet sich das als schwierig auf einer Gesellschaft mit mehreren Menschen, egal ob man nun ein 'tough guy' ist oder nicht. So geschehen gestern Abend.
Deckard war zum 50. Geburtstag geladen. Er blickte um sich und ging erst einmal zur Theke um ein selbstgebrautes Bier zu trinken - die Party fand in einer ehemaligen Kneipe auf dem tiefsten Land statt. Wie dem so ist, nach den ersten Drinks zog es ihn in Richtung "Ballsaal". Zu seinem Erstaunen war gerade eine 2 Mann Band damit beschäftigt Instrumente und Anlage aufzubauen für einen kleinen Gig.
Ein polnischer Jazz Gitarrist und ein deutscher Bassist spielten 4 Songs aus dem Great American Songbook, u.a. auch den Cole Porter Klassiker 'Night and Day'. Deckard wurde warm ums Herz, wühlte er doch in Erinnerungen an bessere Sinatra Zeiten. Dann kam etwas womit er nicht gerechnet hätte.
Die Gastgeber hatten Tanzlehrer geladen um den Anwesenden die Grundschritte des Salsa beizubringen und alle Gäste zum Tanzen zu animieren. Im Grunde eine hervorragende Idee, denn die meisten Menschen scheuen die Tanzfläche auf solchen Veranstaltungen. Deckard wurde etwas mulmig zu Mute. Tanzen! Und dann auch noch Salsa! Binnen weniger Sekunden konkurrierten Gedanken in seinem Kopf: Gehe ich oder bleibe ich? Er hoffte auf eine sich daraus ergebende Übersprungshandlung, die jedoch nicht eintrat. Was soll's! Deckard fasste sich ein Herz!
Der Tanzlehrer ging nach vorne. Die Luft war zum schneiden dick, die Tanzfläche voll. Der Grundschritt: Gewicht auf das rechte Bein, linken Fuß zurück, vor und zur Seite, identisch rechts. Hmm, dachte sich Deckard, gar nicht schwer. Er fand sich an einem Samstag Abend auf dem Land wieder, in Mitten von Menschen, die er nicht kannte und lernte den Grundschritt des Salsa.
Der Grundschritt wurde wiederholt und der Tanzlehrer erhöhte das Tempo. Deckard verstand allmählich den Rhythmus und fing an auch mit dem Körper mitzugehen. Plötzlich keimten lateinamerikanische Gefühle in ihm hoch. Tanz als Ausdruck - das gefiel ihm. Der Tanzlehrer klatschte bei den Schritten nun in die Hände. Deckard in Ekstase.
So weit so gut.
Was wäre ein Tanz ohne Musik? Wissen Sie was wirklich schwer ist, verehrte Leserinnen und Leser? Die Schritte im Takt der Musik, passend zum Rhythmus zu tanzen. Er hatte sich das etwas einfacher vorgestellt. Als die Musik anlief gelangen ihm die ersten Grundschritte, doch nach wenigen Sekunden bemerkte er, dass die Beine seinem Kopf nicht folgen wollten und die unteren Extremitäten plötzlich anarchische Figuren aus Salsa und Disco-Fox auf's Parkett legten. Deckard musste kurz an den Norman Mailer Ausspruch denken.
Alles eine Frage der Übung. Nachdem er einer Dame die hinter ihm tanzte mehrfach auf die Füße getreten hatte, fand er sich plötzlich wieder im Takt: Es machte Spaß. Er versuchte die Hüft- und Beckenschwingungen des Tanzlehrers nachzumachen ... .
Dann wurden die Grundschritte um eine Drehung erweitert and last but not least: Paartanz. Deckard wurde nervös, aber die Nervosität verflog binnen Sekunden, als die Musik losging und der Salsa in Bein und Blut überging. Er wollte kein tough guy mehr sein, sondern nur noch Ausdruck pur.
Tanz als Kommunikation, Tanz als Bewegung, Tanz als erotisierendes Element (weniger im sexuell-anzüglichen als im Sinne einer erhöhten Attraktivität).
Deckard war im Rausch.
Später erfuhr er, dass es einen Los Angeles, New York und Cuban Style gibt.
"Der Schritt verrät, ob einer schon auf seiner Bahn schreitet (...). Wer aber seinem Ziele nahe kommt, der tanzt."
Friedrich Nietzsche
Am Ende siegte der Philosoph über den Literaten.
In diesem Zusammenhang muss ich noch einen Werbeslogan loswerden, der sich im Leben immer wieder bewahrheitet:
Just Do It!
Rick Deckard
So tanzen Profis: