Pat Metheny Unity Group – Kin

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  22. Januar 2014, 16:42  -  #Jazz

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O ha! Fast 60 Jahre ist der Mann nun schon alt! Ob man seine –unter Puristen verhöhnte- oftmals melodiöse, häufig zu experimentell Bombast geschwängerte, häufig verkannte und manchmal tatsächlich langweilige Musik, nun mag oder nicht, eines kann ihm keiner nehmen (deswegen liebe ich es blogs zu schreiben, wegen solcher Sätze, die einem sonst jeder zerreissen würde). Nämlich, dass Pat Metheny wahrscheinlich der bekannteste und bedeutsamste Jazzgitarrist unser Zeit ist.

Was mich an dem Jazzmusiker immer fasziniert hat ist seine Beharrlichkeit  bzw. Ausdauer. In den 1970ziger und 1980ziger Jahren war er mit der Pat Metheny Group definitiv „the most Touring Musican in Showbiz“. Seine spätere Idee die Gitarre als Leitinstrument in das klassische Jazztrio einzuführen und somit alte ehrfurchtgebietende Pianodarbietungen in Frage zu stellen, trotzdem neben bei immer ein Ohr für den Rock und dann doch wieder für unterschiedliche Rhythmusgruppen zu aktivieren, könnten –die Puristen– überforderte haben oder im besten Fall inspiriert haben.

Letzteres muss der Fall sein, den Metheny, der immer noch häufig auf Tour ist und in Deutschland als einer der wenigen Jazzmusiker (fast hätte ich Jazzer geschrieben, puh) die 1.000er Hallen und Konzertsäle füllt, scheint populär zu sein und das eben nicht nur bei Jazzpuristen. Man könnte natürlich schnell den Eindruck bekommen, dass dort auch viele sog. Mucker am Start sind. Die eben von Methenys Handwerk fasziniert sind, selbst gerne technisch so fabelhaft versiert wären, aber eben nur schlicht Rockriffs spielen können. Weil sie eben keine geschulten Ohren haben oder deren musikalisches Verständnis für den Jazz nicht ausreicht.

Mit der Unity Group hat Metheny so etwas wie seine musikalische Heimat gefunden. Der sich oftmals auf der Reise und auf der Suche befindliche Metheny hat mit dieser Band (Chris Potter, Antonio Sanchez, Ben Williams und Giulio Carmassi) eine ähnlich adäquate und für seine Fans akzeptierte Familie gefunden, wie zur großen Zeit mit seiner Pat Metheny Group.

Hört man sich eine Weile die besten Platten der Metheny-Geschichte an, fällt u. a. auf das der rhythmische Bezug in Metheny Gesamtwerk immer eine wesentliche Rolle gespielt hat. Somit ist es auch Antonio Sanchez der neben Chris Potter (Sax.) an seinem Instrument zu weltumfassenden Rhythmen ansetzt. Der Mexikaner gehört sicherlich nicht nur der neuen Generation von Jazzmusiker an, sondern hat alleine das Starpotenzial dieser Ausnahmeband. Metheny ist natürlich auch Weise geworden, hat lange nicht mehr den Drang, den richtigen Gitarrensound quälend mit Midi-Sounds zu strecken, um sich permanent in den Vordergrund zu spielen. Der Mann, der gerne gestreifte T-Shirts trägt, hält sich zurück und hat gelernt, dass eine Band auch im Jazz nur über die Kommunikation, den Dialog funktioniert.

Natürlich muss mit dieser Besetzung auch Giulio Carmassi genannt werden. Vielleicht schließt sich mit ihm der Methenyinische Kreis. Denn der Italiener scheint nicht nur musikalisch und handwerklich viel Ähnlichkeit mit dem verkrachten Lyle Mays zu haben.

Im Mai ist die Pat Metheny Unity Group in Deutschland unterwegs. Man kann wohl getrost sagen, dass das die derzeit aufregendste Live-Jazzband der Welt ist. Kaum ein Ensemble hat so viele junge und interessante Musiker an Bord und dabei ist Metheny vielleicht nur der berühmt Tropfen auf den heißen Stein.

Das neue Album „Kin“ ist eine echte Perle, für Menschen wie mich, die den modernen Jazz vor einiger Zeit aufgegeben haben. Es ist zu tiefst beeindruckend und inspirierend, was diese Band auf der Platte (und wahrscheinlich auch live) mit den typischen Metheny Melodien anstellt und diese interpretiert. Es macht wieder Spaß zuzuhören.

Natürlich ist es sachlich falsch hier von Harmonie zu sprechen, weil ich lange gedacht habe, dass eine Jazzband unserer Zeit wütend, aggressiv und revolutionär sein muss, was aber nach einigen inneren Diskussionen mit mir selbst Blödsinn ist. Es ist harmonische Wut und mehr! Denn wenn man diese Besetzung zusammen hört und zu was sie in der Lage ist zu konstruieren und entstehen zu lassen, könnte man tatsächlich glauben, dass alles möglich ist und wird.

Alan Lomax

 

Erstveröffentlichung des Albums ist der 07.02.2014

 

Lesen Sie auch die Review des vorherigen Albums von Rick Dckard: http://www.lomax-deckard.de/article-pat-metheny-unity-band-106658987.html

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