Dinosaur Jr. – I Bet On Sky

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  15. September 2012, 11:49  -  #Populäre Musik

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Das Herz von Hardcore, Indie-Rock, Alternative Rock der 1980er und 1990er wird wieder mal zum Leben erweckt. 

Haben Sie jemals eine Platte von Sonic Youth, Bad Brains oder Minutemen geliebt, während Ihres Studiums verloren zu melodiösem Gitarrenlärm auf Partys getanzt, lieben Sie Gitarren, halten SST (Solid State Transformers) nicht für Elektrobauteile, Sammeln seit über 20 Jahren Schallplatten oder wünschen sich den ergrauten, aber immer obercoolsten Nerd Joseph Donald Mascis Junior als amerikanischen Präsidenten (wie Sonic Youth) oder als Schlagzeuger von Nirvana (nichts gegen Dave Grohl) dann bleiben sie dabei, lesen Sie diesen Artikel oder kaufen Sie sich das neue Album von Dinosaur Jr. 

Denn „I Bet On Sky“ ist eine Offenbarung an die Gitarrenmusik dieser Welt.  Ich höre Dinosaur Jr. seit dem ich denken kann. Erzählen andere von „Ihrer“ Pearl Jam-, Soundgarden- oder Nirvanazeit, denke ich an eingängige Melodien, träume vom Skateboard fahren mit meinen Freunden und sehe schwarze, hohe, getürmte Marshall-Amps. 

War J. Mascis Soloalbum „Several Shades Of Why“ aus dem letzten Jahr einfach, schön, unvergesslich http://www.lomax-deckard.de/article-zwei-unvorstellbar-schone-schallplatten-the-feelies-und-j-mascis-73856915.html, ist es bei dem neuen Dionsaur Jr. Album in Originalbesetzung mit Lou Barlow und Murph, so dass wir es hier mit einem eher konservativen, aber unerreichbaren Rockalbum zu tun haben. 

Die Band macht mit diesem Album im Prinzip da weiter, wo sie damals aufgehört haben: Hobbygitarristen werden weiterhin weinen, furiose Gitarrenarbeit und um es zentral auf den Punkt zu bringen. Es ist die Melodie, die Dinosaur Jr. zu einer echten Hitband macht. Die Gesangspassagen sind einfach und schön und lassen immer etwas offen, dass die irrwitzigen Gitarrensoli weiterspinnen. 

Nehmen wir z. B. das phantastische „What Was That“! Das ist zaghafte Wut, scheinbarer Dilettantismus. Aber hören Sie mal genau hin. Mindestens 4 läufig gespielte Melodien bestimmen die Einzigartigartigkeit dieser Band. Obwohl man diese Schrammelepik schon tausend mal gehört hat, bleibt dieser Song doch eine Dinosaur Jr. Erfindung. Mit so einer kompositorischen Anlage, die durchaus ein Weltbild vertritt, gehört man die „Hall Of Fame“. 

Selbst die ungeliebten und inzwischen kaum noch geforderten Gitarrensolos unserer Zeit erleben eine Auferstehung. Die Macht des Solos in „Recognition“ begründet sich aus einer Haltung, einem Verständnis für Rockmusik und tiefer, religiöser Liebe zur Musik. Nicht der Selbstdarstellung wegen, sondern um den Song zu regulieren. 

Sprechen einige Plattenkritiken von Schwächen z. B. bei dem in der Tat biederen „Rude“, sollte man doch vielleicht das Album mal komplett hören und überlegen, dass wesentlich schwächere Bands wie z. B. die Strokes oder die Babyshambles, mit solchen Nummern bereits am Ende ihrer künstlerischen Vielfalt angelangt waren. 


Beschäftigen wir uns aber nicht mit schwachen Vergleichen, die einen nur emotionalisieren, sondern kommen zum Ultimativen. Nämlich dem was man von einer außergewöhnlichen Band wie Dinosaur Jr. erwarten darf: Hits des Lebens, auch wenn die Hälfte bereits vorbei ist. „See It On Your Side“ dürfte jedem mir bekannten Menschen, die Tränen in die Augen treiben und „Juchhu“ rufen lassen, zumindest überlegen lassen, mal wieder das Skateboard rauszuholen und auf einer langen, abschüssigen, breiten Straße, die warme Abendsonne zu genießen, um sich anschließend mit ein paar Leuten am Strand zu treffen, Bierdosen zu trinken und zu wissen, dass man trotzdem alles richtig gemacht hat. Oder aber zumindest endlich anfängt Gitarre zu spielen, um eine Band zu gründen. 

An meinen Effektgeräten rumdrehend mit meiner Telecaster versuchend diesen Sound hinzukriegen, parallel darüber nachdenkend, ob das Skateboard meines Sohnes über 100 kg verträgt!? 

Alan Lomax

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