Das Leben als Pendler

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  27. April 2011, 18:33  -  #Kommunikation

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Seit Anfang des Monats gehöre ich zu den Millionen von Menschen, die täglich mehr als 5 min zur Arbeit mit dem Auto fahren müssen. Der Weg hin und wieder zurück zum liebsten täglichen Aufenthaltsort der Welt ist immer eine kleine Reise wert und plötzlich werden Benzinpreise, Pendler-Pauschale, Verbrauch und Zeit ein Thema.

Ich kann es nicht anders sagen: es ist herrlich im morgendlichen und abendlichen Strom zu fliessen, zumal ich glücklicherweise eine Strecke fahren muss, die nicht zu den meist befahrenen der Welt gehört. Das Radio läuft, der erstklassige und frisch gebrühte 'Kaffee zum mitnehmen' steht in der Mittelkonsole und die Stimmung ist super!

Erstaunlich um welche Uhrzeit was auf den Strassen so los ist. Verzweifelt versuche ich im Verkehr die üblichen Verdächtigen auszumachen, aber jeden Morgen und jeden Abend umfliessen mich andere Verkehrsteilnehmer.

Es gilt auf den Strassen wie im Leben: offensiv versus defensiv. 2/3 aller Fahrer fahren gemächlich mit Tempo 100 ihres Weges, das andere 1/3 ist bekannt: Bis auf 5 cm heranfahren, Lichthupen setzen, ohne Rücksicht auf Verluste oder menschliches Leben versuchen Überschallgeschwindigkeit zu erreichen. Überall des Weges warnen Schilder mit drastischen Konsequenzen.

Ist man erst einmal über die Knotenpunkte hinweg, dann lässt es sich gut leben. Die Nachrichten sind vorüber, die Presseschau neigt sich dem Ende zu. Die Sonne geht auf, links und rechts ist es grün und friedlich, trotzdem man auf der Autobahn unterwegs ist. Es bleibt respektive aller Konzentration Zeit und Muße über alles und jeden zu sinnieren. Ein wesentlicher Vorteil einer längeren Anfahrt zur Arbeit: man hat Zeit sich morgens einzustellen und abends solche um Distanz zu gewinnen. Das geniesse ich sehr. Sonst war der Zeitraum immer zu eng und stets ein Überhang da, der jetzt mit den Kilometern verloren geht. Awesome!

Nach einer Eingewöhnungsphase stehe ich nun vor der "unlösbaren" Aufgabe was ich mit auf diese täglichen Reisen nehmen soll: Hörbücher oder Musik? Ich ertappte mich doch gerade heute wieder bei Men's World, wie ich statt in den DVD Regalen zu kramen plötzlich vor dem Hörbuch-Regal stand. In der linken belletristischer Trash, in der rechten weltberühmte Literatur. Nach 12 min lagen beide im Fach und ich durchforstete stundenlang den Touch Screen um die richtige Druckerpatrone zu finden. Hörbücher erst einmal ad acta.

Musik! Welche? Ich stöberte in den Regalen, überlegte hin und her und fand nicht die richtigen Scheiben. Zu viele alte Erinnerungen um diese auf einer Autofahrt mit der Gegenwart zu teilen. Klassik oder symphonische Filmmusik? Zu viele Nuancen und zu sehr variable Dynamik, mal laut, mal leise. Nein, nicht das richtige. Jazz? Bin noch am überlegen. Aber zum Auto fahren? Lieber nicht. Also PoP, nur welcher? Es ist Zeit für ein Mix Tape: 'The Commuter Remixes'. So werde ich es nennen und am Wochenende vorbereiten. Wozu hat man schliesslich itunes?

Man erlebt allerlei skurriles, bizarres und lustiges mehr oder minder tagtäglich: Zollfahndung die plötzlich aus dem Nichts auftaucht, Laster die einem entgegen kommen und man unweigerlich an Hemingway's 'Wem die Stunde schlägt' denkt, Menschen die ungeniert am Autobahnrand ihre Geschäfte erledigen, Autos bei den man sich wundert, warum es den TÜV gibt, Hochsitze direkt an der Autobahn usw. und so fort. Das Bildungsbürgertum hasst diesen Begriff, das Bürgertum hingegen mag ihn: Grosses Kino.

Ich hoffe, dass der Sommer ewig wahren wird. Der Blick zumindest aus dem Auto auf das satte, frische Grün am Wegesrand entschädigt für meine grosse Leidenschaft: Das Reisen. Romantiker sind in dieser Gesellschaft im Nachteil, aber für sich alleine genommen die glücklicheren Menschen.

Mixtape folgt.

Rick 'The Driver' Deckard

link des Tages zu einer der schönsten Sequenzen aus einem der wahrhaftigsten Filme, die je gedreht wurden (http://www.youtube.com/watch?v=AN8kAjbuCIA&feature=related)

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