Ben Schadow – Die Renaissance des Musikers mit Vollbart

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  22. April 2013, 09:55  -  #Populäre Musik

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Schrieb ich noch wenigen Tagen gegen Männer und Bands aus Baltimore mit Vollbart in der Popmusik, so rufe ich heute die Renaissance des Vollbartes in der Popmusik aus. Darf der das? Ist das nicht zu selbstverliebt? Oder gar viel zu schlecht? „Och, lasst mich doch“, würde ich direkt entgegnen! Es geht doch nur um Musik und um sympathische Menschen wie Ben Schadow.

Ben Schadow könnte man als das richtige und letzte Bewusstsein der Hamburger Schule bezeichnen. Wenn es denn diese noch geben würde.  Leicht kauzig, an Damon Michael Gough erinnernd, hat der Musiker und Filmliebhaber vor ein paar Wochen sein erstes Album „Liebe zur Zeit der Automaten“ veröffentlicht. Einer Platte die ein Anrecht auf Beachtung und mehrfachen Zuhören verdient hat.

Die Musik Schadows und seiner hervorragend besetzen Band siedelt sich zwischen ausgesuchten Popperlen früherer Zeiten und durchdachten Arrangements aus, die ehr aus einer jazzigen Idee stammen, als im Rock anzusiedeln sind. Dabei bleibt sie abwechslungsreich und eindeutig dem Genre zuzuordnen in dem sich auch Musiker und Freunde wie Bernd Begemann, Nils Frevert oder Fink bewegen (leider bewegt haben).

Schadow war bisher ein Mann der zweiten Reihe. Bei Begemanns Befreiung spielt er den Bass. Mit Dirk Darmstädter ist er häufig unterwegs und wenn man sich für musikalische Autoren oder Studiomusiker interessiert, also gerne das Kleingedruckte auf Platten und CDs liest, wird man den Namen häufig treffen. Vielleicht sogar auf Scheiben unseres Freundes Paul Kuhn.

Hamburger und Freunde der Musik aus dieser Stadt werden sich natürlich noch an die zweite Mod-Band der Elbmetropole „Le Garcons“ erinnern, die neben Superpunk leider etwas weniger Beachtung fanden.

Wer, so wie ich, seit Jahren den „Flimmerfreunde“ Podcast hört, kennt Ben Schadow zudem als ruhendes Gewissen von Kay Otto und Bernd Begemann, als zurückhaltenden und ordnenden Filmkenner und richtig Beschreiber.

Die Ben Schadow Band ist derzeit auf Deutschland Tour und spielt in kleinen Clubs. Vorgestellt wird dabei die neue Platte. Es sind aber auch einige grandiose Coversongs im Set zu finden und tatsächlich auch das wunderbare „In einer Welt voller Sonnenschein und Bier“ aus Les Garcons Zeiten.

Zu den Songs der Platte  „Liebe zur Zeit der Automaten“ sollte man erwähnen, dass sie sich auf eine merkwürdige Art und Weise erst nach dem zweiten und dritten Mal richtig erschließen. Beim ersten Durchlaufen hatte ich immer das Gefühlt, dass die teilweise schüchtern vorgetragenen Nummern einen Anschub vertragen könnten. Was sich schnell als Hör- bzw. Denkfehler herausgestellt hat.

Vielleicht kann man von melancholischer Tiefe und abseitigen Mainstream berichten, vielleicht einfach auch nur von Rückzug. Denn Schadows Songs kommen ohne Pathos aus, sind Authentisch und definitiv eine hervorragende Erweiterung  jeder gut geführten Plattensammlung mit deutscher Musik. Natürlich weit, weit weg von Männern wie Poisel oder Benzko. Schlimm, dass man das jetzt immer erwähnen muss, wenn sich etwas aus der richtigen Richtung tut.

Alan Lomax

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