Ben Folds - The Best Imitation of Myself: A Retrosprective

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  9. Oktober 2011, 14:43  -  #Populäre Musik

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Ben Folds gehört zu den absolut besten Freunden und er ist für mich persönlich der Musiker der mir aus meiner Generation am nächsten steht. Der Grund dafür liegt an seiner Vorstellung von der schönen Melodie und der besten möglichen Harmonien, die mich auch nach Jahren immer noch anrühren und außerdem sind seine Texte im musikalischen Kontext die beste mögliche Beschreibung meiner Gefühlslagen, meiner Anforderungen und Vorstellungen vom Leben. Zusammengefasst Ben Folds ist seit langer Zeit mein persönlich, wichtigster Musiker und wird es auch bleiben.

Die vergangen Jahre haben uns etwas auseinander gebracht. Mit der "Way of Normal" war ich nicht einverstanden. Trotz eines Songs über meine Heimatstadt und einigen veritablen Hits, ist wenig hängen geblieben. Ein Konzert vor 2 Jahren in der Essener Grugahalle hinterlässt noch immer Kopfschütteln und die verschiedenen Projekte: myspace-Konzert, Nick Hornby und weiteren Umtriebigkeiten haben uns auseinander gerissen.

Vieles ist zu viel gewesen. Sicherlich auch bedingt durch eine schwierige Lebensphase von Folds, der die Trennung von seiner Frau, offensichtlich lange verdauen musste und sich aus meiner Sicht in einer künstlerischen Einbahnstraße befand.

Gute Idee, sich dann erstmal zu sammeln, darüber nachzudenken, was hat man erreicht hat! "Was kann ich!"

Ein Best-Off...also muss her und ist nun erschienen. The Best Imitation of Myself: A Retrospective ist die ultimative Zusammenfassung der ersten Lebenshälfte von Ben Folds.

Mit über 40 Songs, vielen Neueinspielungen, unveröffentlichen Versionen, einigen Liveaufnahmen und Videos für ca. 18 Euro ein "unbedingtes Habenmuss" für halbe, dreiviertel und ganze Fans.

Auf meiner Wunschliste stehen massig viele Platten. Eigentlich wollte ich langsam anfangen mich endlich mit Wilco zu beschäftigen, damit auch einen Reißaus, aus der Clutchy Hopkins Welt zu finden, in der ich aber trotzdem bleiben werde.

Als Ausgleich, aber auch aus persönlichen Gründen (die hier nicht her gehören) widme ich mich nun gerne der tollen Zusammenfassung.

Und es ist toll bzw. super, super die alten Hits zu hören, die einem den Schauer über den Rücken laufen lassen, die Tränen in die Augen treiben und die Schönheit der Chance mit jedem Takt vermitteln. 

Alleine der Anfang mit "Annie Waits", "Landed",  "The Luckiest" und der symphonischen Version von "Smoke" mit dem West Australien Orchester machen mich musikalisch ehrlich und gelassen glücklich, wie schon vieles lange nicht mehr.

Die Zusammenstellung ist sagenhaft, umfangreich und ist alles andere als ein normales Best-Off-Album. Ben Folds hat seine Gründe dafür und die sind nachvollziehbar. Wie immer launig, leicht, schwer, unbedarft und einfach nur schön. Wenn man die Gründe in Interviews nachliest, ein wenig seine Biografie kennt und vielleicht dieses Video sieht:

http://www.myplaydirect.com/ben-folds
...ist es nachvollziehbar warum das alles jetzt stattfindet und Sinn macht!
Folds ist immer jemand gewesen, der über sich persönlich geschrieben hat. Unter anderem hat er mit "Still fighting it" das wohl schönste und kräftigste Liebeslied eines Vaters für seinen Sohn geschrieben. Weil das natürlich mit extrem tief gehenden Gefühlen zu tun hat, kann nur Kitsch oder Leidenschaft dabei rauskommen. Wer bei "Still fighting it" nicht versteht, was dort passiert, wozu Musik in Verbindung mit Text für einen ausserordentlichen Gefühlszustand in der Lage ist, muss spürbar, Tod sein. Keine Frage also, dass ich diesen Song Lomax jr. kurz nach seiner Geburt gewidmet habe und er mich immer noch erschüttert, innerlich bewegt und glücklich macht und daran denken lässt, was meine eigentliche Lebensaufgabe ist. "Gracie" ebenso schön, für seine ältere Tochter geschrieben, löst ähnliches aus, ist aber aufgrund einer zufälligen Fügung nicht mein persönlicher Soundtrack für Miss Lomax. Schön nun also die beiden foldschen Kinder, leicht genervt, fast erwachsen, ihren nerdigen Vater begleitend zu sehen. Das vermittelt vieles....
Ich könnte nun die ganze Platte durchgehen, werde aber irgendwann mal einen Hornby ähnlichen Roman schreiben. Dort kann man dann Kapitel für Kapitel in Kurzgeschichtenform, mein Leben, mit den Songs von Ben Folds nachlesen!
Zweifler oder Menschen die bisher noch nie etwas mit Folds zu tun hatten, nicht verstanden haben, dass er der größte Popsongkomponist der Gegenwart ist und auch der einzige Mann auf der Welt ist, der die Kraft hat, das Rotieren dieser Erde kurz zu unterbrechen, wenn er die richtige Zeile findet und den richtigen Akkord, sollte sich einmal die neu eingespielte Pianoversion von "Selfless, Cold and Composed" anhören. 
Ich bin froh, dass diese Compilation nun erschienen ist. Sie bringt mich auf den Boden der Tatsachen zurück und lässt mich kurz Luft holen, bevor, der Irrsinn, mit der Suche nach neuen flüchtigen musikalischen Abenteuern weitergeht, um genau das zu finden, was Ben Folds bereits geschafft hat, nämlich meine multiple Persönlichkeit kurzzeitig in die Kur zu schicken, um mal durchzuatmen, um sich mal innerlich reinigen zulassen und um mal, tja, etwas zusammenzufassen, um dann weiter umtriebig zu bleiben.
Danke Ben!
Alan Lomax
P.S.: Vielleicht noch ein wichtiger Nachtrag für Kenner. Folds covert "Barrytown" von Steely Dan. Mit dem Cover von"Any Major Dude will tell you" von Wilco und den Sternen (!!!) und Joe Jackson's "King of the World", ein weiterer Klassiker im Angebot für das noch nicht veröffentlichte Album der besten Steely Dan Cover auf Lomax-Deckard-Recordings!!!


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