Belle and Sebastian: Write About Love
Eine Frau sitzt Gedanken verloren an einem Tisch, den rechten Arm im ärmellosen Kleid auf ein Buch gestützt, in der Hand einen Kugelschreiber haltend. Der Kopf ist in der linken Hand aufgestützt und der Blick nach aussen in den Garten gerichtet. Ob sie sich Gedanken macht über was sie schreiben soll oder gerade durch irgendetwas abgelenkt wird wissen wir nicht. Eher letzteres scheint vermutlich der Fall zu sein.
Es ist schwer über die Liebe zu schreiben. Erich Fried hat versucht sie in seinem berühmten Gedicht zu umschreiben: 'Es ist was es ist.'
'Write About Love' ist das neue Album der Band um Stuart Murdoch, in der es nicht nur um Liebe geht.
Der Einstieg in die Musik ist mit 'I didn't see it coming' und 'Come on sister' zunächst recht schnell und schroff. Erst mit dem kruden Titel 'Calculating Bimbo' taucht die Ruhe und Entspannung auf, die man von früheren Alben der Band gewohnt ist. Gesang im Duett, Anlehnung an einen musikalischen Stil früherer Jahrzehnte und schmeichelnde Harmonien.
Es scheint, als wolle sich die Band vehement gegen das bekannte Image wehren, zumindest vermitteln das die folgenden beiden Stücke 'Write about love' und 'I'm not living in the real world'. Mehrstimmige Harmonien, Orgel, straffe Gitarren und treibende Beats. Yeah! Und doch nicht Yeah! Irgendwie passt das nicht zusammen.
Das Album ist von der Instrumentation sehr vielfältig. Es spielen hier und da Bläser, die oben erwähnte Orgel dominiert bei vielen Stücken und auch die Keyboards verstecken sich nicht. Dies in Zusammenhang mit den sich hinsichtlich der Stimmung, Tempo und musikalischen Stil abwechselnden Nummern geben dem Album kein einheitliches Bild, bzw. wirkt es beim erstmaligen hören "unruhig".
Nachdem 'The ghost of rockschool' mit viel Getöse und Tamtam an uns vorbei geglitten ist wird es plötzlich wieder ruhig und Elemente des Barock und Folk sind bei 'Read the blessed pages' prägnant. Mit 'I can see your future' tritt danceable PoP an die Oberfläche. Ein wunderschönes Lied. Bläser, eine einzelne Trompete, Streicher, ein angedeutet sirenenhafter Gesang und dosierter Groove verbreiten gute Laune.
Das Album endet mit 'Sunday's pretty icons': harmonischer Gesang im Duett, Gitarre ala Italo-Filmmusik, rockig-folkige Attitüde.
'Write About Love' hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Ich zumindest kann mich nicht entscheiden wie ich sie einordnen soll, v.a. auch im 'Belle & Sebastian'schen' Kosmos. Mit allen anderen Alben der Band war es wesentlich einfacher. 'Dear Catastrophe Waitress' bleibt der "Massstab".
Vielleicht ist das Album einfach nur zu einer ungünstigen Jahreszeit erschienen?
Könnte mir gut vorstellen die Musik draussen im Sommer im Garten mit einem Glas Sangria zu geniessen. Das werde ich in 6 Monaten mal ausprobieren und erneut berichten.
Bis dahin,
Rick Deckard
link zu belleandsebastian.com mit einem 30 min. Video zum neuen Album.