Abdullah Ibrahim – South Africa

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  30. Juni 2010, 18:07  -  #Jazz

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Zwischen diesen ganzen unsagbaren Songs zur Fussball-Weltmeisterschaft muss es doch irgendwo eine Erlösung geben. Eine Möglichkeit dieses offensichtlich vielschichtige und wunderschöne Land musikalisch motiviert zu erzählen!? 

Klar, war ich froh als ich meine alte Afrika-Musik-Ikone Hugh Masekela bei dem Eröffnungskonzert zur WM in Soweto gesehen habe. 

Zwischendurch ein paar Berichte über diesen oder jenen Musiker aus Afrika und die ungeliebten Songs aus dem Radio, die bei mir gar nicht ankommen. 

Gestern beim Betrachten des aktuellen Programms der WDR Big Band fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Klar, der gute alte Abdullah Ibrahim kommt doch aus Kapstadt! Vergessen zwischendurch, aber musikalisch für immer gefestigt durch sein unvergesslichen Hauptgang „African Market Place“. Der übrigens nicht mit Oscar Petersons „Nigerian Marketplace“ verwechselt werden sollte. Aber ruhig kann, denn dann darf/kann man sich beide Stücke hintereinander anhören. 

Zurück zu Ibrahim, der eigentlich Adolph Johannes Brand heißt und der mit dem Song „Mannenberg“ die inoffizielle Hymne der schwarzen Bevölkerung Südafrikas geschrieben hat. Erstaunlich und gleichzeitig sympathisch, wenn man die beswingte, naive, aber gleichzeitig komplexe Komposition hört. Gleichzeitig aber auch noch neugieriger auf dieses Land und seine offensichtlich sehr musikalische und fröhliche Bevölkerung wird. 

Nicht gerade aus glorreichen Gründen zog es Ibrahim 1962 in die weite Welt hinaus. Er ging mit dem Musical „King Kong“ auf Welttour. Zum Glück lernte er in Europa die richtigen Leute für ein erstes Trio kennen, bevor er von der Legende Duke Ellington entdeckt wurde. Spätere Werke gilt es zu entdecken. Ich kenne nicht all zu viel, außer die Zusammenarbeit mit der erwähnten WDR Big Band. Nachholbedarf!? Gerne, insbesondere bei einem wichtigen Zeitgenossen, der viel für die Musik und für sein Land getan hat, in dem er seine Kunst zurückgebracht hat und sie kraftvoll gegen die Apartheid eingesetzt hat. 

Schön das es den nahe liegenden Download des logischen Albums „South Africa“ sofort gibt und vom ersten Ton überzeugt, Spaß macht und alle Wünsche erfüllt. 

Der erste Song Thaba Bosigo fängt mit einer sehr schönen, fast seichten, Querflötenmelodie an. Begleitet von Ibrahim am Klavier. Schließt man die Augen sieht man Elefantenkühe und Bullen. Wahrscheinlich die Großeltern von den Elefanten, die ich durch die Berichterstattung zum Fußball vom Namen her kenne. Zebras kreuzen den Weg, zumindest bekommt man ein afrikanisches Gefühl, eine wunderbare Einstimmung auf eine malerische, wenn nicht sogar visuelle akustische Reise. 

Direkt im Anschluß „Siya Hamba Namhlanje“ live gespielt übrigens und fast lückenlos zum Vorgänger Song. Ein Mann singt den typischen afrikanischen „Call-Response-Gesang“. Da der typische Zulugesang (die uns wohl bekannteste Form) einer einstimmigen Melodie folgt, ist es interessant den Harmonien des Klaviers zu lauschen, die unaufdringlich eine kurze Jazznote vorbeibringt. 

Die nächsten beiden Nummern sind eine leichte Enttäuschung bevor mit „Our Loving Memory“ eine zarte, sehr melodiöse, sehr amerikanische Nummer folgt, die Ibrahims bekannten Muster der Wiederholung folgt. Man fühlt sich an die poetischen, ruhigeren Pianoimprovisationen eines Keith Jarrett erinnert, bevor ein etwas übermotiviert geblasenes Saxophone einstiegt und die Nummer etwas hemmt. 

Mit zunehmender Dauer der Platte werden die Klaviersätze etwas dominanter, bevor Phasenweise wieder etwas Langeweile aufkommt und man sich dieses hektische Saxophone nach Madagaskar wünscht. 

Einen versöhnlichen Abschied gibt dann Capetown Carnival. Eine fröhliche, erdige, afrikanische getrommelte Groove-Nummer mit einfach Instrumenten gespielt. Auch irgendwie als Fußballhymne geeignet.

Dieses Album ist eine schöne Abwechslung und ein wunderbarer Lückenfüller an diesen schrecklichen freien Spieltagen, bevor am Freitag die Viertelfinalspiele anfangen. Schafft es Deutschland als Weltmeister abzureisen, werde ich persönlich zu Capetown Carnival einen Tanz aufführen. Versprochen. 

Alan Lomax

 

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