Caramel Frappuccino® Blended Coffee

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  18. Juni 2009, 09:51  -  #Kommunikation



Was ja immer nervt sind Trends. Ein oftmals zitierter Trend ist der Krimi. Und das in allen Variaten.

Jeder Mensch der Lesen kann, hat ein bis zwei Autoren oder aktuelle Krimihelden aus Skandinavien oder England (im weitesten Sinne) im Petto. Ein allumfassendes Thema zu dem Jedermann was sagen kann. Auch wenn es sich auf „verdammt spannend“ und „ganz super“ reduziert. Aber das ist die Sprache des Mainstreams und der fehlenden Reflektion. Die sogenannte „Klappentextgeneration der Literatur“!
Daher gibt es auch kaum noch gute Buchbesprechungen und von Krimis schon gar nicht, da diese wie Pilze aus dem Boden schießen. Genug Gründe diese Gattung von Anfang abzulehnen um lieber die Tageszeitung oder Musikmagazine zu lesen, als die Paperbackberge im Buchfachgeschäft zu durchstöbern.

 

Ehrlich gesagt bin ich überrascht, dass es diesbezüglich kaum Kritiker oder Proteste gibt. Ich habe immer das Gefühl, dass es schon okay ist, wenn man liest, es aber egal ist, was es ist. Lesen legitimiert insofern zum dumm sein, insbesondere wenn es der Schund der Stapel ist.

 

Schwierig wird es dann, sich die besseren Autoren rauszupicken.

 

Kürzlich habe ich einen ganzen Nachmittag auf dem Züricher Flughafen verbracht. Zugegeben, etwas desolat hing ich in einem Starbucks und langweilte mich. Bis zum Boarding hatte ich noch geschlagene 4 h Zeit und keine Lust auf die schöne Stadt am See. Arbeiten war lästig und Musikzeitschriften alle gelesen. Aus der Not eine Tugend machen und mal wieder ein Buch lesen. Gesagt getan, Caramel Frappuccino® Blended Coffee ausgetrunken und in eine der vielen Buchhandlungen gegangen.

 

Zwischen Magazinen aus der ganzen Welt lagen Bücherberge. Unglaubliche Cover, überboten unglaubliche Titel, von unglaublich gut klingenden Autoren. Alle Bücher waren gleich! "Unglaublich Spannend", "Bizarre", "Atemberaubend", "Phänomenal" oder "...wirklich Spannend". Zitiert wurden alle Zeitschriften dieser Welt. Ich verlor den Überblick und die Lust und war schon kurz davor doch noch Charlottes „Feuchtgebiete“ zu lesen. Bis mir 2 Titel aufgefallen sind, die sich irgendwie abhoben von den Karin Slaughter’s, Tess Gerritsen und Anreas Franz(en) dieser Welt.

 

Auf einem Buch stand „Die Chemie des Todes“ und auf dem anderen „Kalte Asche“. Die Kreatividee hinter dem Titel ist die Todesanzeige. Beide Bücher verzichten zudem auf plakative Pantheraugen, höllische Burgen in Cornwall oder wetzende Messer in Schweden, sondern bestechen mit einem puristischen schwarz/weiß. Der Autor dieser Bücher heißt Simon Beckett, was einen affigen Bildungsbürger, wie mich, natürlich direkt an den irischen Schriftsteller Samuel Beckett denken lässt.

 

Motiviert und gespannt habe ich die zwanzig Schweizer Franken also investiert und kehrte skeptisch in meine Starbuckswartehalle zurück. Diesmal ausgestattet mit einem Tazo® Iced Chai Tea Latte
(ist Euch schon mal aufgefallen, dass es kaum noch Kaffee gibt), öffnete ich das Buch und begann zu lesen.

 

In der Zwischenzeit habe ich beide Bücher gelesen und habe bereits den dritten Band der David Hunter Trilogie bestellt.

 

David Hunter ist Forensische Anthropologe, was letztendlich bedeutet, dass er ein besserer Gerichtsmediziner ist.

 

Die ersten beiden Teile spielen in englischen bzw. schottischen Provinzen. Handlungsverlauf und Plot der Geschichten sind letztendlich nicht außergewöhnlichen, sondern ehr Medium Standard. Bezeichnend und faszinierend ist der kammerspielartige Verlauf der Geschichten und die perfekte Beschreibung der Charaktere. Insbesondere der zweite Teil „Kalte Asche“, der im intimen Rahmen einer schottischen Insel spielt, ist furios. Jede einzelne Seite ist spannend und nachvollziehbar, zu dem extrem visuell geschrieben. Fast wie ein fertiges Drehbuch zu einem sehr guten amerikanischen Thriller.

 

Was könnte also das Fazit dieser kurzen Darstellung sein: Kritischer Blick auf den Buchmarkt des Jahres 2009 und kommerzielle Übernahme des skeptischen Alan Lomax in das krude Marketingsystem des Buchhandels, wo es kaum noch um Literatur geht, sondern um spannende Geschichten, die sich auf einen Klappentext reduzieren lassen?

 

Kann sein, ich für mich selbst habe daraus gelernt, dass es manchmal weh tut, sich dem Mainstream anzupassen und mitzumachen, aber auch durchaus Spaß machen kann.

 

Aber passt auf! Der Markt der Unterhaltungsliteratur wird von 3 großen Konzernen gesteuert. Individualität, Kunst und Vision bleibt auf der Strecke. Den Leuten wird das Verkauft, was sie lesen wollen, Kompromisse und Versuche werden nicht unternommen. Gute Literatur findet wie die Musik im Untergrund- und in der Subkultur statt, nicht auf den Bücherbergen Eurer Buchhandlungen!



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