THE BATMAN

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  31. Juli 2022, 14:25  -  #Filme

THE BATMAN

The Silent Guardian.

 

The Dark Knight.

 

Der von Bob Kane und Bill Finger ersonnene Charakter des Milliardärs Bruce Wayne, der in der Nacht zum Batman wird, scheint die Popkultur, Filmstudios und Regisseure weiterhin zu beschäftigen. Der neben Superman bekannteste Charakter aus einem Comic übt scheinbar einen Reiz aus, dem es - nicht nur aus pekuniären Gründen - nachzugeben gilt.

 

Mich als Comic-Fan freut das sehr, wenn ich mich auch wundere, wie schnell ein neuer Film auf den Markt gekommen ist, nachdem Christopher Nolan mit seiner meisterhaften Trilogie eigentlich alles filmische über die Fledermaus in grandioser Form und perfektem Design gesagt hatte. Das ist für jeden Regisseur, für jedes Studio eine grosse Hürde - ich wage einen hinkenden Vergleich, aber für das SF-Genre ist Kubrick's 2001 das Non Plus Ultra und so sind die drei Filme von Nolan - aber Warner Bros. und Matt Reeves haben sich der Herausforderung angenommen.

 

Was ist dabei herausgekommen?

 

Nun, das ist ein Tag nach dem Sehen des Films schwer zu beantworten. "Merkwürdig" war das erste Wort, welches mir nach dem Abspann einfiel. Semantisch bedeutet "merkwürdig" Staunen, Verwunderung, aber auch leises Mißtrauen hervorrufend, im weiteren Sinne "durch Abweichung vom Üblichen auffallend",  aber auch des Merkens würdig, bedeutsam.

 

Alle diese Worte fassen die ersten Eindrücke gut zusammen.

 

Aber die ersten Eindrücke sind auch so vielfältiger Natur, dass das Ordnen schwer fällt. Ich versuche es.

THE BATMAN

Grundlage des neuen Batman ist das Comic "Jahr Null" aus dem DC Verlag. Ich las es vor einigen Jahren und war erstaunt, weil auf dem Cover Batman nicht als perfekter "Superheld" präsentiert wurde, sondern ziemlich abgefuckt. Das irritierte mich. Mein Held als "heruntergekommener" Normalo?

 

Genau diese Prämisse greift der neue Film von Matt Reeves auf. Batman ist selbstredend kein normaler Mensch, aber er kommt ein wenig abgefuckt daher.

 

Der Streifen ist in vielerlei Hinsicht erstaunlich. Er kommt er in absoluter Old School Manier daher. Das Tempo, der Rhythmus des Schnitts ist fast zeitlupenartig. Aus der Moderne kennt man diese ruhige, in sich ruhende bildliche Erzählform gar nicht mehr, die meisten Filme haben ja bereits zu Anfang ein dermaßen perverses Stakkato an Bildabfolgen, dass man ohnmächtig zu werden droht. Regisseur Reeves behält diese Ruhe bis zum Ende bei. Der Film dauert 3 Stunden und Millenials als auch jüngere Zuschauer müssen Geduld mitbringen. Langweilen tut der Film erstaunlicher Weise zu keiner Zeit, wenn er auch hier und dort einige kleine Längen hat.

 

David Fincher und Se7en standen Pate. Es ist unübersehbar. Es ist dunkel in Gotham City und es regnet unentwegt. Fast der gesamte Film spielt nur nachts oder im Dunkeln und liefert durch das abwesende Licht mitunter auch die Zugehörigkeit zum Genre: The Batman ist ein Kriminalfilm, Bruce Wayne aka Batman ein Detektiv und wir haben es hier mit einem Film Noir zu tun.

 

Interessenter Perspektivenwechsel, soviel muss man Matt Reeves und Warner Brothers zugute halten.

THE BATMAN

Wieso aber merkwürdig?

 

Zum einen liegt das daran, dass man als Zuschauer nicht beteiligt, emotional nicht gefesselt ist. Man ist, wie in einem Museum, ein stiller Beobachter, hat aber keine Bezugsperson in dem Film, keine Möglichkeit zur Identifikation. Alles erscheint auf mysteriöse Weise fremd und artifiziell.

 

Das liegt vermutlich am Storytelling. Man wird in eine Handlung hineingeworfen und hat keinen historischen, popkulturellen Bezugspunkt, selbst ich als Cineast und Comic-Liebhaber nicht, und genauso erging es mir auch beim Lesen des Comics.

 

Das hat Nolan schlauer gemacht, in dem er dem fiktiven Charakter des Batman einen (realen) Hintergrund gab, eine Geschichte erzählte, dem Zuschauer die Gefühlswelt des Batman eröffnete, von der sensationellen Machart der Filme ganz zu schweigen.

 

Warner Bros. und Regisseur Matt Reeves setzen das alles beim Zuschauer voraus, sie erzählen eine Geschichte aus diesem Kosmos und selbst der Pinguin und Catwoman tauchen beiläufig als weitere Charaktere im Film auf, als wären sie selbstverständlich ... man kennt sie ja.

 

Tim Burton war da ebenfalls schlauer. Auch er bemühte sich das Narrativ des kleinen Jungen auszubauen, der mit ansehen musste, wie seine Eltern vor seinen Augen erschossen wurden, später in eine Fledermaushöhle stürzte und sich seinen Ängsten stellen musste, um fortan in der Dunkelheit auf Verbrecherjagd zu gehen. Pinguin war bei Burton nicht irgendwer und auch Catwoman nicht.

 

Zum anderen liegt das merkwürdige darin, als dass es im Film keinen Spannungsbogen gibt, bis auf ein paar wenige Actionszenen (weitere sind auch nicht notwendig), gibt es keine "Ups and Downs", die Handlung fliesst wie ein dunkler, geheimnisvoller Fluss vor sich hin und man schaut trotzdem zu und ist nicht gelangweilt. Sehr merkwürdig.

 

Technisch ist der Film gut gemacht. Trotz der Dunkelheit ist er sehr schön ausgeleuchtet. Er bietet zum Teil ungewohnte Perspektiven und viel düstere Atmosphäre. Michael Giacchino liefert eine orchestrale Filmmusik mit Anleihen an die Romantik, wenn auch thematisch wenig ausgefeilt (das Hauptthema besteht aus einem 4-Noten-Motiv, welches wiederholt und auf dem Klavier gespielt wird).

 

Das grösste Problem bei The Batman ist der Hauptdarsteller Robert Pattinson. Ich glaube, er hat die Rolle nicht verstanden und verfügt zudem über bemerkenswert schlechte schauspielerische Qualitäten. Ich will es anders sagen: Pattinson als Batman ist eine Katastrophe. Als Schauspieler hat man es mit einer Maske erfahrungsgemäß immer schwer, aber selbst in den Szenen, in denen Pattinson ohne Maske zu sehen ist, wird einem übel. Auch die Maskenbildner (geschrieben im generischen Maskulinum, gemeint sind beide Geschlechter) müssen an dieser Stelle harsch kritisiert werden. Es gibt Momente im Film, in denen Pattinson aussieht wie ein blutleerer Vampir, eine Möchtegern-Grunge Ikone. Auch die Frisur (!) ist ganz schlimm. Michael Keaton und Christian Bale waren da summarisch in allen Belangen - eigentlich gar nicht vergleichbar - um Längen besser!

 

Matt Reeves hat ein Problem und ich erwähnte es bereits eingangs: Nolan hat mit seinem Realismus, seiner Idee Batman nicht in einem Parallelkosmos zu präsentieren, sondern im hier und jetzt sowie seiner filmischen Machart für lange Zeit Massstäbe gesetzt. Das bedeutet, dass The Batman in dieser Hinsicht leider nichts neues zu bieten hat, wenn auch Reeves sich genau um diesen (Hyper-)Realismus bemüht. Anders gesagt: Man kennt das alles schon. Das ist ein riesengrosses Problem, denn scheinbar ist eine Trilogie geplant und wenn sie erfolgreich werden soll, muss am Storytelling gearbeitet werden.

 

Der Film bemüht sich um einen dreckigen, düsteren, dunklen Look. Das gelingt ihm stellenweise, stellenweise aber auch nicht. Wayne Manor ist ein heruntergekommener, stilistisch nicht klar definierter Raum. Das Set Design ist gerade in diesen Szenen furchtbar. Es hat den Anschein man wollte krampfhaft Gothic mit Moderne verbinden. Gleiches gilt für die Gadgets und Gerätschaften. Ästhetisch absolut nicht überzeugend. Ein Problem ist, dass der Film im IMAX-Format auf den heimischen Bildschirmen erscheint, dadurch wirken die vielen Close ups irgendwie künstlich und störend, auch, weil die Ränder unscharf werden.

 

The Batman ist kein neuer Wurf. Er bietet einen soliden Kriminalfilm im Genre des Film Noir mit einigen wenigen gelungenen und denkwürdigen Szenen. Um aber die Meisterschaft seiner Vorgänger zu erreichen - sowohl Burton als auch Nolan betreffend - bedarf es einiger gewichtiger Veränderungen.

 

Aus Arkham,

 

Rick Deckard

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