Haldern Pop Festival 2020 - Trinity

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  10. August 2020, 13:18  -  #674.fm, #Festivalbericht, #Filmmusik, #Haldern Pop, #Popmusik, #Stefan Reichmann

Foto JREwing Superhero Pictures ltd.

Foto JREwing Superhero Pictures ltd.

Das Haldern Pop Festival hat 2020 aus dem Schrecklichen etwas Strahlendes gemacht. Natürlich musste das Festival in diesem Jahr abgesagt werden. Aber am Niederrhein wurden die Köpfe schräg gehalten: Die Festivalmacher um Stefan Reichmann haben sich auf die Werte des Festivals konzentriert, auf die Möglichkeiten im kleinen, klugen Rahmen, auf die geo-kulturelle Lage des Dorfes und auf die Werte, die sich das Festival seit 36 Jahren erarbeitet hat: Entschleunigung, Diversität, Resonanz, Leidenschaft und Freundschaft.

Mit einem einzigartigen Konzept präsentierte das Haldern Pop 2020 am Freitagabend den wohl best durchdachten und produzierten Musik-Live-Stream dieser Tage. Obwohl die Bezeichnung „Live-Stream“ in der Zusammenkunft des Festivals mit vier wohl überlegten Live-Bands und der Deputation des Others Voices Festival in Dingle eher etwas mit einer echten TV-Produktion zu tun hatte. Über die inzwischen gewohnten verwackelten Kameras, unscharfen Bilder, schlechte Audioqualität und unüberlegten Inszenierungen von vielen anderen Produktion setzten sich die beiden Festivals in Union hinweg und lieferten eine 2-stündige Show, an der sich viele andere Unternehmungen ab sofort messen lassen müssen.

“Um Energie zu teilen und einer Polarisierung entgegenzuwirken, braucht es den Zauber von Gemeinsamkeit, es braucht Kultur.”  (Stefan Reichmann)

Und das ist den beiden Dörfern, die mit Europa geredet haben, vollends gelungen. Geredet wurde auch untereinander und so wurden zwischen den Live-Auftritten der Musiker in Irland, wie z. B. Peter Broderick oder Lisa Hannigan und dem stargaze Orchester mit Loney Dear, All The Luck In The World und der derzeit „führenden ersten Band der Welt“ (Moderator Richard Forster; Haldern) nicht einfach wahllos geschaltet. Es wurden die regionalen Schönheiten der Dörfer gezeigt. Philip King vom Other Voices Festival moderierte aus der kleinen, einfachen St. James Church, die sich zwar mit dem drei-schiffigen, neugotischen Monument der Pseudobasilika in Haldern architektonisch nicht vergleichen lassen kann, aber immerhin gemein hat, dass der Weg in den Pub nur ein paar wenige Schritte über die Hauptstraße ausmacht. So landet man nach dem Kirchgang also entweder im Foxy’s John oder in der Haldern Pop Bar.

Ich kenne beide Pubs und auch die erstaunliche Gleichheit beider Gegenden recht gut. So war ich einige Male in Irland und zum 22. Mal in Haldern. Der Satz „Der Steckginster blüht, die Fuchsien haben schon Knospen“ (Heinrich Böll „Irisches Tagebuch“) hätte auch eine Bemerkung des Haldernchefs in der Radiosendung „Liedgut“ sein können (jeden ersten Donnerstag im Monat um 16:00 Uhr auf 674FM). Ich selbst fühle bei den Menschen in Haldern auch diese „merkwürdige Mischung aus Leidenschaft und Gleichmut“, die Böll so an Irland fasziniert hat.

Zwei Dörfer also, die vieles gemein haben neben der legendären Gastfreundschaft. Theologen –diese Überlegung muss im Zusammenhang mit so vielen Kirchen, Irland, Niederrhein und des latenten Katholizismus erlaubt sein– sprechen bei der unauflösbaren Einheit von einer Dreifaltigkeit oder Trinität. So wird aber auch zugleich eine mitschwingende Unterscheidung, ausgedrückt.

Um diese Übereinstimmung zu vervollständigen, muss der Ort KALTERN in Süd-Tirol erwähnt werden!  Als Schwester-Festival von Haldern längst etabliert und mit Dingle im äußersten Westen Europas liegt es auf der Hand, die Trinität weiterzudenken.

„Love can't mature in one room. It has to come out of the full sharing of everything: joys, aspirations, downfalls, all of it. That's the only real path to love.“ (Leon Uris, Trinity)

 

 

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren: