Stranger Things – The Duffer Brothers

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  9. September 2016, 15:28  -  #Fernsehen

Stranger Things – The Duffer Brothers

ABSOLUT KEIN SPOILER! REINE DRAUFRUMSCHREIBEREI! 

Der beste Satz um die achtziger Jahre zu beschreiben ist immer noch, dass es jeden Tag geregnet hat. Natürlich stimmt das nicht. Wenn man aber, wie ich, in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover aufgewachsen ist und dieses Jahrzehnt aus der heutigen Perspektive wahrnimmt, könnte es so gewesen sein. Alleine die endlosen TATORT Sonntage, die ich voller Furcht und Angst auf die kommende Schulwoche abgesessen habe, lösen ein endloses Trauma in mir aus. Zudem die wenig freudvolle, aber schönste Musik von meinen ewigen Lieblingsbands, die Niederlagen, der Liebesschmerz, der Ärger. Es ist so, es hat permanent geregnet!

Auch in der kleinen Stadt Hawkins ist kein schönes Wetter. Ständig ist es neblig, regnerisch, grau. Der Soundtrack der Serie spricht klare Worte: Wir hören das Beste der Achtziger: New Order, Echo & the Bunnymen, Modern English, The Clash, The Seeds usw. Und wir sehen den feuchten Traum eines damals jeden feucht (wie gesagt es hat ständig geregnet) denkenden männlichen Teenagers, Wyona Ryder, die vielen erst später bekannt wurde, mir aber bereits 1989 in der Highschool Komödie HEATHERS so gut gefiel, dass ich kurz überlegte nach L.A. zu fliegen um ihr einen Heiratsantrag zu machen.

 

 

Stranger Things – The Duffer Brothers
Stranger Things – The Duffer Brothers

Ihr Schicksal von da an, ist bis heute bekannt. Rauf und runter, Erfolge, Misserfolge, Alkohol, Probleme, schlechte Rollen, das Alter. Ebenso wie wir anderen normalen um die 1970ziger Jahre geborenen, ging sie ihren Lebensweg. Das Jahrzehnt des Regens war vergessen. Ob danach das Wetter besser wurde, konnte jeder selbst beeinflussen. 

Vor ca. 10 Jahren fing die Popmusik und Mode an, sich erstmals rezeptiv auf dieses Jahrzehnt zu beziehen. Epigonen der ersten Tausender Jahre verfolgten uns auf einmal überall. Es war unerträglich, da das meiste fehl interpretiert wurde oder maßlos übertrieben war.

Manchmal muss man warten bis das richtige Ergebnis kommt. Mit der Netflix Serie Stranger Things gibt es nun die erste popkulturelle Mainstreamzusammenfassung der 1980ziger die popkulturell, gesellschaftlich, filmisch, atmosphärisch und zusammengefasst einen Sinn ergibt und Spaß macht. Eine überaus gelungene Hommage an das schlecht Wetter Jahrzehnt.

Es stimmt fast alles und man darf sich nicht selbst im Weg stehen, wen man meint, dass das schon wieder zu viel ist. Die Serie ist enorm spannend, hat eine eigene Bildsprache und glänzt mit nicht stereotypen Figuren, weil sie glaubhaft gespielt sind und überhaupt nicht dem Schema der Vorlagenfilme STAND BY ME, GOONIES, POLTERGEIST, E.T. und vielen weiteren entsprechen und gegen die Rolle besetzt sind. 

Natürlich muss man Stephen King und Steven Spielberg erwähnen, die das Jahrzehnt nun mal trivial erzählerisch geprägt haben. Die Zwillingsbrüder Duffer machen da kein Geheimnis draus und setzen direkt auf das Sujet. Eben auch weil es unterhält zu zitieren und eben auch weil es dann sehr gut umgesetzt ist und man förmlich nach mehr schreit, wenn man die drei Jungs beobachtet, wie sie ihren verlorenen gegangen Freund suchen und referentieller sind, als jede gut gemachte Collage aus dem Jahr 1985 von Mutti oder der ersten Freundin. 

Klar, das Fernsehen und die Serie wurde auch hier nicht neu erfunden. Aber zumindest wurde abermals ein Serienmeilenstein gesetzt. Und das meine ich gar nicht mal aus einer Qualitativen Sicht, sondern aus der Sicht der Möglichkeiten für das Thema Serien. 

Ich könnte nun Zeile um Zeile schreiben, bremse mich aber selbst, um das Vorhersagen zu unterbinden. Verbleibe aber mit einem herzlichen Gruß an alle grantelnden Serienverweigerer, die gehofft haben, dass das hier bald vorbei ist. Mit dieser STRANGER THINGS haben wir den Serienmöglichkeitspeak aber immer noch nicht erreicht, stehen alle mal kurz vorm Bergfest. Viele Jahre werden uns nun noch bleiben und die Duffer Brothers haben uns angestupst, dies zu verstehen.

Alan Lomax

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