Antwort auf den offenen Brief von The Sundance Deckard aka. Rick Deckard!

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  26. Mai 2016, 10:56  -  #Kommunikation

Antwort auf den offenen Brief von The Sundance Deckard aka. Rick Deckard!

Lieber Sundance,

erstmal freue ich mich, dass Du es bereits nach Boliven geschafft hast, während dem ich mich hier in Patagonien noch als Farmer betätigen muss!

Zu Deinem Brief und meiner Idee des offenen Dialogs: Nach mehrmaligen durchlesen aller dazugehörigen Einträge, muss ich leider zu geben, dass ich an meinen eigenen Anforderungen scheitere. Die Analyse all' der aufgerufenen Themen, in Verbindung mit der Vielzahl der Filme, lässt sich auf diesem Weg, schon jetzt nicht mehr, siginifikant beantworten. Zu wichtig, zu detailliert, zu komplex und multi motivisch sind die Themen. Vielleicht auch zu anspruchsvoll für bzw. auf diesem Medium.

Es gäbe die Möglichkeit eine weitere blog-Seite zu eröffnen, die wir da www.Cassidy-Sundance.de nennen könnten, sozusagen als Counterblog, um dort diese, ja dann doch mal irgendwann persönlichen Gespräche, auszutragen. Ich befrüchte nämlich, dass das verbale Gewirre irgendwann so groß wird, dass wir selbst nicht mehr Herr der Lage werden. 

Sicherlich erinnern Sie sich noch an unsere frühere Korrespondenz die wir aus Hay Springs geführt haben!? Irgendwann wurde diese so babylonisch, dass wir die Quellen der eigenen oder des anderen Zitate so lange suchen mussten, dass wir kaum noch Zeit für das Geschäft hatten.

Aber ich will kein Spielverderber sein und natürlich bin ich mir meiner Verantwortung bewusst, da ich diesen Dialog ja aufgerufen habe! Somit will ich zumindest auf Ihre erste Vorlage direkt reagieren:

Zunächst war ich über zwei Tatsachen des offenen Briefes üerrascht. Die erste Überraschung war für mich die Tonalität des Briefes, die einen sehr (gewohnt) aufgeräumten Eindruck hinterlässt, aber eine (ungewohnt) zarte Sprache verwendet. Als Outlaw und Viehdieb bin ich einiges gewohnt und mit meinen mittlerweile ca. 35 Jahren kann ich auch einiges vertragen. Sie können daher ruhig härter und direkter Argumentieren. Hätte ich den Brief so formuliert, hätten Sie einen asthmatischen Lachanfall bekommen. Außerdem hatten Sie ja bereits vor einiger Zukunft angekündigt, mir zu erläutern, warum sich unsere gemeinsame Wahrnehmung und Bewertung von neueren Filmen so grundlegend verändert hat und wie es zu diesem Dissens gekommen ist!

-ich hatte mir dazu zwischenzeitlich alle möglichen Szenarien zu rechtgelegt-

Umso erstaunter war ich dann, dass sie meinen von Ihnen erwateten Hauptpunkt gar nicht aufgerufen haben: Nämlich das unterschiedliche Sehverhalten, welches sich insbesondere auf die "Revolution im Fernsehn" bzw. der "Serie" bei mir beziehen würde.

Im Gegenteil Sie rufen, Wertesysteme, Lebenseinstellungen, gesellschaftliche Umfelder, Verankerungen von Schwerpunkten und formulieren in Ihrem offenen Brief (was mir wirklich am aller Besten gefällt, weil es am richtigsten ist) eine gegenseitige cineastische Emanzipation auf.

-und noch ein kurzer Einschub-

...dass ich alle anderen "soften" Skills wie Bereicherung, gegenseitiger Respekt, mit spannung Ihre Kritiken zu lesen, den anderen zu verstehen, Akzeptanz und Toleranz, insbesondere Ihnen Sundance gegenüber genauso empfinde, möchte ich hier nicht nur wiederholen, sondern, bevor ich konkreter werde, auch unterstreichen!!!

Die Höfflichkeit gebietet es nun, ersteinmal Ihre Frage zu beantworten:

Unabhängig hiervon bin ich bei einer Sache mehr als überzeugt: Ich vermute, dass die Situation in denen wir die Filme sehen, die unterschiedliche Wahrnehmung und Bewertung erklärt. Alles, was uns kurz zuvor und Tage vor der Betrachtung widerfahren ist, die Eindrücke, die Umgebung, unsere Stimmung spiegelt sich wieder in unseren Besprechungen. Was meinen Sie?

Absolut Ihrer Meinung! Und um die Frage zu untermauern: Ich glaube, diese Diskussion und vielleicht sogar unsere gegenseitige Wahrnehmung und Bewertung, wäre eine andere, wenn wir uns wöchentlich zum gemeinsamen Kinogang trefffen würden! Selbst dann wäre der erlebte Tagesvorlauf, die unterschiedliche Stimmung noch eine andere, aber duch eine versuchte Anpassung an die Wichtigkeit des Abends, würde sich eine gewisse Gegenseitigkeit einstellen. Das Thema hier wäre also ein völlig anderes!

Da frage ich mich am Ende: Wie nahe kommen wir der Wahrheit wirklich und wie objektiv sind wir in unseren Kritiken?

Eine ebenso völlig gerechetfertigte Frage, weil die erste Frage bereits der Schlüssel ist. Ob es allerdings gut wäre, ist eine andere Frage! Denn ich glaube, dass man durch Diskurs, unterschiedlichen Herangehensweisen, anders erlebten, unterschiedlichen Stimmungen, Entwicklungen, Lebensphasen, blauen/roten/rosa Menschen, anderen Kulturen usw. nur profitieren kann, als in der Gleichschaltung und dem ewigen Konsens und dazu gehört auch Wahrheit und Objektivität. Wobei das letzte Wort streitbar ist! Eine gewisse analytische Objektivität kann bei der Filmbesprechung nicht schaden. Insbesondere wenn Sie in den Leitmedien stattfindet und versucht akademischer Natur zu sein. Aber wir hier, schreiben einen blog, zur persönlichen Archivierung unserer Gedanken und da kann die Besprechung nur subjektiv sein. Und das ist auch gut so. Denn unpersönliche, kopierte, sich ständig wiederholtende Filmkritiken kann ich überall lesen. Wer näher an der Wirklichkeit ist, mag ich nicht entscheiden, denn für mich persönlich entscheidet das beim Kino mein Verstand und mein Herz, nicht mein Gehirn!

Ein Gedanke ist mir zum Schluß noch gekommen: Wenn wir uns bei Hitchcock, Lean und Leone, Coppola, Wilder und Scorsese einig sind und bei Regisseuren der neuen Generation nicht, erlaubt das den logischen Rückschluss über die Qualität der "Neuen" und Ihrer Filme?

Diesen Punkt würde ich nicht sofort beipflichten! Vielleicht müssen wir uns auch befreien, von diesen Vergleichen! Fincher, Spielberg, Nolan etc. immer wieder bringen wir die armen Männer mit diesen Ikonen in Verbindung. Klar, sie hätten die Chance, alles anders zu machen und ihre eigene Unterschrift zu kreieren. Machen Sie aber nicht. Im Gegenteil. Kommerziell und künstlerisch ist es doch auch verfüherrerisch sich als Epigone darzustellen. Eine andere Theorie wäre, dass es gar nicht mehr möglich ist, das Thema Spielfilm zu revolutionieren, weil alles dagewesen ist und es inhaltlich und cineastisch nur Epigonen geben kann! 

Und eine dritte Theorie ist natürlich die von unserem Mentor Scorsese, dass sich Kunst im Verlauf der Zeit, modular weiterentwickelt, in dem sie sich, in schlechten Zeiten, ersteinmal selbst zitiert, bis was neues kommen kann. Finde ich eigentlich sehr gut, den Gedanken und kann ihn zumindest in der Popmusik nachvollziehen und für mich mit vielen Dekaden und Künstlern belegen.

Und abschließend, dann noch meine eigene allumfassende Theorie zu der gesamten Diskussion hier, die ich mal zum Ende, ganz direkt und mutig in den Raum stelle:

Meine erste Vermutung, dass Sie diese Diskussion auf das Thema "Fernsehserie" reduzieren, wurde ja nicht bestätigt. Trotzdem habe ich mir, auch weil Sie Sundance ein großer Kritiker dieses Formates sind, sehr viele Gedanken darüber gemacht und somit möchte ich selbst, das Thema "Sehgewohnheiten" mit ins Feld führen.

Sopranos Erfinder David Chase - der sich einst nicht sehnlicher wünschte, als aus dem Fernsehgeschäft auszusteigen und Filme zu schreiben - drückt es so aus: "Filme wurden von etwas Interessantem zu dem, was sie heute sind." Und das Fernsehn füllte die Lücke. Wenn man auf der Suche nach einem intelligenten Drama für Erwachsene war, ging man nicht ins Multiplex, sondern setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer.

Und genauso ist es doch heute auch. Die Menge an guter Kinofilme ist im Jahr an zwei Händen abzuzählen. Wo es in einem beliebigen Jahr 1992 vielleicht 40 Filme waren, die man in die Top-5 des Jahres wählen wollte, sind es im letzten Jahr 2015 gerade mal sechs Filme bei mir gewesen, die überhaupt in die engere Auswahl gekommen sind. Und das lag nicht daran, dass ich weniger Filme sehen wollte, sondern, weil es weniger Filme zu sehen gab. Und da schließe ich jetzt mal alle Marvel, DC, Hunger Games, Star Wars Filme und weitere ständige Wiederholungen bzw. Kinoserien aus!

Was Sie mir also zum Vorwurf gemacht haben, Sundance, empfinde ich heute als meinen persönlichen Vorteil. Da mit Geschichten im Fernsehen erzählt werden die ich im Kino vermisse und vermisst habe. Unvergessliche Momente habe, die ich vom Film erwarte und für das ich das Kino eigentlich liebe.

Und genau in diesem Zusammenhang, stelle ich Ihnen nun die Masterfrage, ob sich unsere Wahrnehmung und Bewertung nicht daher begründet, dass Sie grundsätzlich konzentrierter bei der Sache sind, wenn Sie sich einen Film ansehen, mein Anspruch aber auch erstmal der ist, dass ein Film, mindestens den Anspruch einer sehr guten Dramaserie toppt. Es ist schwer zu beschreiben, da wir vielleicht auch Opfer der Genre sind. Wo Sie zu viel ablehnen, konsumiere ich vielleicht zu viel! Richtig! Falsch! Sehr schwer, finde ich!

Aus einem sehr warmen Pferd!

Alan Lomax 

 

 

 

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