LOVE - Judd Apatow

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  22. April 2016, 08:24  -  #Fernsehen

LOVE - Judd Apatow

Leider war ich noch nie in Los Angeles! Menschen die ich kenne, haben von einer seelenlosen, langweiligen bis hin einer schwer zu verstehenden Stadt gesprochen. Amerikanophil wie ich nun mal bin, kann ich das nicht glauben! Aus verschiedenen Gründen habe ich immer an New York geglaubt, aber eben auf L. A. gehofft. Klar, als Filmfan, sind Hollywood und die Studios ein Mythos. Der Pazifik, die Wüste, Kalifornien hinzu, ich konnte nicht glauben, dass es dort nicht lebenswert ist. Außerdem habe immer an die Seele meiner Lieblingsband Steely Dan geglaubt und mich an den Bildern des Films L.A. Story von Mick Jackson auf gehangen. 

Einer meiner liebsten Schriftsteller ist James Ellroy. Der Krimiautor stellt gerne die dunkle Seite der Stadt in den Vordergrund seiner sowieso bösen Geschichten. Fan der Stadt wird man deswegen nicht. 

Ich stelle mir L. A. erstmal als Autostadt vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort jemand zu Fuß geht. Die Weg sind zu weit, die Straßen zu lang. Außerdem glaube ich das L.A. kein richtiges Zentrum hat. Man lebt ehr in Vierteln und dann gesellt sich gerne auch gleich zu gleich. Das Nachbarschaftsprinzip.

Diese Bilder in meinem Kopf werden in der schwermütigen, aber durchweg unterhaltsamen neuen NETFILX-Serie bestätigt. Die Geschichte spielt in dem Stadtteil Echopark. Wo sich ehr liberal-intellektuelle, Performer und expeditive Milieus niedergelassen haben. Eltern rauchen gerne mal einen Joint auf dem Spielplatz gemeinsam, Popkultur ist allgewärtig, nicht zuletzt weil jeder zweite Bewohner bei den Medien, für den Film oder das Fernsehen arbeitet und der Lebensstil ist ehr lässig. 

Genügend Zeit also um sich mit sich selbst zu beschäftigen. Heiraten, ja oder nein! Kinder oder keine Kinder! Mann oder Frau, Frau oder Mann oder doch beides! Hinzu viel Umständlichkeit, Neurotik und Unsicherheit. Jammern auf aller Höchsten Niveau.

Gus ist auch so ein Typ! Er sieht aus wie eine junge Version von Woody Allen, Filmfan und ein Nerd wie er nerdiger nicht sein kann. Seine Freundin hat er verlassen und nun sucht er sich selbst und eine neue Freundin.

Beruflich muss er sich als Privatlehrer für eine Kinderschauspielerin rumschlagen, die Hauptdarstellerin in einer gerade sehr angesagten Hexenserie ist. Anstrengend! Kein Wunder also, dass er davon träumt, Autor zu werden.

Zeitgleich lernen wir die sehr hübsche Mickey kennen. Die Boderlinerin hat viele Probleme: Alkohol ist eins davon, außerdem ist sie weniger nett als Gus und sehr zynisch. Bei ihrem Radiosender, wo sie als Programmchefin für eine Call-In-Show arbeitet läuft es auch nicht rund, ihr Freund hat sie verlassen. Auch Mickey befindet sich auf der Suche. Eines Morgens treffen sich die zwei zufällig in einer Tankstelle und das ist natürlich nicht das letzte Mal. Mehr zur Geschichte, wäre gespoilert.

Nach einigen Jahren haben wir gelernt, dass es nicht immer das Drehbuch einer Serie sein muss, welches fasziniert. Die Gründe für eine kurzweilige Liebe -im Fall von LOVE muss man ja von Wohlfühlen sprechen- sind vielfertiger und komplexerer Natur. Denn auch die Studios haben gelernt, dass es schon lange nicht mehr nur die Geschichte oder die Schauspieler sind, die den Grund des Erfolges ausmachen, sondern eben die Show und das Sujet. Und das muss bis ins feinste Detail ausbalanciert sein, damit das inzwischen sehr anspruchsvolle Publikum bedient wird. 

Schon lange ist es nicht mehr so, dass nur ein feiner Kreis von Nerds das Geheimwissen über Popkultur hat. Das Thema ist im Mainstream angekommen und auch Max Mustermann und Lieschen Meier können inzwischen verstehen, was es bedeutet, wenn ein Charakter einen Satz sagt, wie: „Erinnerst Du Dich noch an die Nacht als Elliott Smith gestorben ist!“. 

Es gab Zeit da hätten deutsche Synchronstudios Smith mit Lennon ausgetauscht! Aber so ist es nicht mehr. Nennen wir es also -ohne Greul- Sozialisierung und wenn ein Seriensoundtrack Songs von Wilco, James oder Jamie XX ausweist, muss es einen Bezug zum eigenen Leben geben!

LOVE - Judd Apatow

Die beiden Hauptdarsteller Paul Rust und Gillian Jacobs sind wahrhaftige Entdeckungen die man ab sofort auf der Agenda haben sollte. Beide sind authentisch, nervtötend, aber eben auch unglaublich klug und sympathisch. Und auch wenn einem jegliche Orientierungslosigkeit der Menschen in dieser Serie auf den Sack geht, sollte man sich an dem restlichen Cast und den Nebendarstellern erfreuen, die im Prinzip eine ganze Generation abbilden.

Love ist keine gewöhnliche Sitkom. Dafür werden aufkommende komische Situationen zu schnell dramatisch. Es gibt sehr viele Außenaufnahmen die für die großartige Los Angeles Atmosphäre sorgen und natürlich fehlen auf die Lachkonserven. Dafür gibt es jede Menge schöne Einfälle, Begegnungen und Sidekicks die einen Jubeln lassen:

Da sind zum Beispiel die legendären Treffen von Gus und seinen Freunden mit dem Motto Songs für Filme zu komponieren die es so in Filmanspännen nicht gegeben hat. Die Jamsessions sind das Highlight der Serie plus allen anderen Anspielungen an Filme und Zitate.

Oder die grandiose Sequenz, in der Gus auf einer Party von etwas älteren BoBos erscheint. Er im Prinzip, wie Peter Sellers in „The Party“ im riesigen Haus rum schlurft, bis er mit dem sympathischen Gastgeber eine spontane Jamsession in Wohnzimmer beginnt. Der ältere Hipster ist Mark Everett von den Eels. Alle Gäste bedienen sich an seiner Gitarrensammlung und spielen „Jets“ von den Wings. 

Leute, am Wochenende wird es noch mal kalt und ungemütlich. Diese Serie ist totales Wohlfühlprogramm. Die 10 ersten Folgen lassen sich in einem Rutsch durchschauen und man ist hinter zwar nicht schlauer, aber zumindest glücklich!

Aus L.A.!

A.L.

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