Wer ist Andreas Eschbach?

von Alan Lomax Rick Deckard Blog  -  1. August 2012, 10:46  -  #Kommunikation

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Foto: Lübbe

Stellen Sie sich vor, dass in einer anderen Welt der Brauch herrscht, dass die Männer Teppiche aus den Haaren der Frauen und Töchter knüpfen.  Oder das bei Ausgrabungen  in einem 2000 Jahre alten Grab die Bedienungsanleitung einer Videokamera gefunden wird. Oder das ein Pizzalieferant eine Billion Dollar vererbt bekommt, mit der Prophezeiung, dass er mit dem Geld der Menschheit ihre verlorene Zukunft zurück gibt.

Leben Sie in Deutschland? Dann wird es noch spektakulärer! Stellen Sie sich vor, der Liter Benzin kostet mehr als vier Euro, weil es schon bald kein Öl mehr geben wird. Könnten  Sie sich vorstellen wieder einen König in Deutschland zu haben, weil die Bundestagswahlen gefälscht worden sind? Und, stellen Sie sich vor, dass jeder Mensch auf der Welt reich ist!

Phantastereien, Romantik, Kitsch? Oder Geschichten mit realen wissenschaftlichen und technischen Möglichkeiten, mit fiktionalen Spekulationen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft und Menschen, also Science –Fiction.

Seit dem das Science-Fiction Genre in den 1970er Jahren den Mainstream erobert hat, ist es schwierig geworden tatsächliche SF-Literatur von allen anderen möglichen belletristischen Genres zu unterschneiden. Bei kaum einer anderen Schublade in der Kunst wurde und wird so viel vermischt. Insbesondere Horror, Fantasy und Military-Bücher oder Krimis in denen vielleicht eine übermenschlich große Spinne vorkommt, werden gerne achtlos zu den hohen Stapeln der SF-Abteilung im Lesekaufhaus getürmt. Schlimm ist es dann wenn noch ein Schild „Fantastische Literatur“ über dem Stapel hängt.

Dies aber nur nebenbei. Ich persönlich bin ein Fan der amerikanischen Golden-Age-SF-Zeit zu der ich jetzt mal die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg hinzuzähle. Der Grund ist einfach. Die Geschichten dieser Zeit beruhten auf verblüffenden Annahmen und die Autoren bezogen sich gerne auf soziologische, politische Themen.

Ebenso macht es der deutsche Autor Andreas Eschbach. Ein studierter Luft- und Raumfahrttechniker, der dann als Softwareentwickler arbeitete, bevor er mit seinem –inzwischen verfilmten- Roman „Jesus-Video“ ruhmreich, zahllose Preise gewann und wahrscheinlich die entscheidenden Euros zur Selbstständigkeit  verdiente. Seit seinem Bucherfolg „Eine Billion Dollar“ gehört er zu den Topautoren des Lübbe-Verlags.

Schriftsteller haben es schwer in Deutschland. Daher ist die Frage „Wer ist Andreas Eschbach?“ mehr als berechtigt. Autoren kommen in den Medien kaum vor und die Marketingkommunikation der Verlage ist nach wie vor schlecht und scheinbar ist es auch den meisten Lesern egal, wer der Autor hinter einem Buch ist.

Merkwürdig, zumindest für mich. Denn ich finde es immer wichtig, interessant und auch plausibel zu wissen, wer der Mensch ist, der hinter einer Geschichte, einem Musikstück, einem Bild oder einer Inszenierung steckt.

Andreas Eschbach Bücher sind keine hochliterarischen Meisterwerke. Oftmals verzettelt sich der Autor auch am kleinteiligen, mehrmals habe ich schon Stellen in seinen Büchern gefunden die konstruiert und unlogisch sind. Was macht das allerdings schon aus, wenn man überwiegend angeregt wird neue Gedanken weiterzuverfolgen und permanent unterhalten wird?

Hält man aufmerksam Ausschau nach Kritik oder Besprechungen über Andreas Eschbach wird man nicht schnell fündig. Im deutschen Feuilleton findet Eschbach kaum statt. Die FAZ nennt Andreas Eschbach allerdings –richtig- einen „Mathe-Epiker“ !

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/rezension-belletristik-ein-mathe-epiker-142429.html

….und aus meiner Sicht noch viel richtiger: einen Unterhaltungsschriftsteller. In Deutschland bekommt man dann natürlich schnell den Konsalik oder Wood-Touch. Bringt man Stephen King ins Spiel http://www.lomax-deckard.de/article-gas-durchtreten-bis-zum-anschlag-stephen-king-s-die-arena-44586762.html, sollte man verstehen was gemeint ist.

Eschbachs Helden sind keine Helden! Eine interessante Variante. In „Eine Billion Dollar“ zum Beispiel fragt man sich immer wieder, wann unser Erbe endlich einen charakterlichen, intellektuellen Wechsel erlebt. Doch das gestattet Eschbach ihm nicht. Der epische Roman will dem Leser geduldig erklären, wie diese Welt Volkswirtschaftlich funktioniert. Und es gelingt auf faszinierende Art und Weise.

Ebenso schafft er es in „Ein König für Deutschland“ grotesk zu hinterfragen, ob man angeblich demokratische Wahlen mit Computer durchführen darf.

Eschbach ist also ehr ein Analyst und Aufklärer, als ein verträumter Romancier. Spektakulär sind die Plots seiner Geschichte, unterhaltsam seine Schreibweise. Einen guten Eindruck über die Person bekommt man auf seiner Homepage, die auch tatsächlich aktuell gehalten wird: http://www.andreaseschbach.de/

Ich zumindest habe einen deutschen Autor gefunden, dessen Bücher ich weiter verfolgen werde.

Aus der Wahlkabine

Alan Lomax

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