Janelle Monae Tanzbrunnen Köln – Andreas Dorau Studio 672 Köln 22.06.2011
Lesen Sie auch meine Konzertkritik aus dem Dezember 2010: http://lomax.over-blog.de/article-janelle-monae-the-arch-android-live-gloria-koln-13-12-2010-62992173.html
Erstaunlicher Weise habe ich kaum Response auf diesen Artikel erfahren! Habe ich mich doch gekrümmt und gewunden, zu erklären, von welchem revolutionierenden Phänomen ich spreche, wenn ich von Janelle Monae spreche. Erstaunlicher Weise ist aber auch bei Frau Monae nicht viel passiert. Obwohl als kommender Weltstar von mir und der Weltpresse ;-) angekündigt, immer noch kein Weltruhm, trotz Grammy Gewinn, sondern nur ein kleines Konzert im Kölner Tanzbrunnen vor ca. 2.000 Menschen, dass zwar kurz aber unterhaltsam war.
Es war zu erwarten, dass das Konzert aus dem Kölner Gloria nicht zu toppen sein wird, weil der Groove in vier Räumen einfach kompakter ist als im freien Köln. Trotzdem sah alles schön aus und hörte sich gut an. Auf die perfekte Inszenierung, die halbe Bigband, die Qualität der Musiker und die Freude und Empathie die Janelle verbreitet, muss man keine Worte mehr verlieren. Interessanter fand ich persönlich die Setlist. Dance or Die, Faster und Locked Inside. Klar, wenn man eine solche Suite hat, sollte man auch damit auftrumpfen und am Ende natürlich Tightrope mit allen Luftballons und voller Kraft. Damit waren aber auch schon fast 30 Minuten des doppelt so lange dauernden Sets gespielt. Mein persönlicher Höhepunkt war die Interpretation des Stevie Wonder Klassikers „My Cherie Amour“. Ähnlich wie bei „Smile“ überträgt sich insbesondere bei den Balladen die Besonderheit einzigartigen Stimme auf mich! Weiter dann mit Michael Jackson bzw. den Fünfen und einem Prince Cover. Sicher nicht das beste Konzert, aber um den Eindruck nochmals zu verschärfen, mit wem wir es hier zu tun haben, hats gereicht. ….
Nach dem Konzert fühlte ich mich an glorreiche Popkomm Zeiten im Köln der neunziger Jahre erinnert. Damals sprinteten wir von Konzert, zu Konzert, von Showcase zu Showcase. Die c/o Pop bringt an diesem Mittwochabend das alte Gefühl zurück. Also schnell ins Taxi und schnell zum Andreas Dorau Konzert im Keller des Stadtgartens:
Du kannst weinen oder Lachen,
ich werd trotzdem weitermachen,
denn am Steuer seines Lebens,
lenkt man doch meist vergebens.
The record keeps spinning, maybe round and round,
don't you know, this is the same old sound, again.
So ist das nun mal!
Zu Andreas Dorau habe ich eine sehr genaue und ziemlich alte Meinung, die ich in zwei Sätzen unterbringen kann: Satz 1: Die vergessene 1983er Schallplatte „Die Doraus und die Marinas geben offenherzige Antworten auf brennede Frage“ stellt mit zwei anderen Platten die Triangle der besten deutschsprachigen Alben der Vergangenheit überhaupt dar. Satz 2: Wenn ich Tierkostüme tragen müsste und dabei tanzen soll, dann würde ich das bei einem Andreas Dorau Konzert machen.
Dorau ist natürlich ein vergessener Künstler. Fälschlicher Weise wird er von Generationen falsch zugeordnet. Denn Dorau war kein Musiker der sogenannten Neuen Deutschen Wellen, sondern ist immer ehr im Kontext zu wegeweisenden deutschen Popkünstlern wie Fehlfarben, Holger Hiller, Der Plan und S.Y.P.H zu sehen. Alles Atatak Künstler. Dem legendären Düsseldorfer Plattenlabel, welches wie kaum ein anderes Label in Deutschland, ein eigenes künstlerisches, schaffendes Universum erschaffen hat.
An dieser Stelle kann man eigentlich immer wieder nur Jürgen Teipels Roman „Verschwende Deine Jugend“ über den deutschen Punk und New Wave empfehlen.
All das Wissen die Besucher in den engen Räumen des Studio 672. Selten ein so angenehmes und homogenes Publikum auf einem Konzert gesehen. Dorau Versteher der ersten Sekunden, denen man für wahr, nicht erst jedes Detail erklären muss.
Ich bin ein Mann ohne Papiere,
suchen sie ruhig nach Geld,
ich werde ewig warten,
an den Ecken deiner Welt.
Dieses Dorau Konzert wird unvergesslich bleiben, weil es genau das Zentrum unserer Herzen traf. Es singt ein Mann, der uns etwas gibt, was wir selbst nicht verstehen, es aber trotzdem lieben. Ich fühle mich an Gedanken von Rick Deckard erinnert, die er einmal nach einem Sterne Konzert auf der popkomm verlautbaren lies.
Aber! …so ist das nun mal!
Die Welt (die sich auffällig oft mit Andreas Dorau in diesen Tagen beschäftigt), stellt eine richtige Frage: „Die Frage, die sich beim Hören des neuen, achten Andreas-Dorau-Albums stellt: Ist seine Musik lustig, weil sie lustig gemeint ist?“
Die Antwort ist "Ja!" - wobei nicht unerwähnt bleiben sollte, dass der 47-jährige Hamburger an seiner Kunst nichts Komisches sehen möchte, im Gespräch aber einräumt, dass man sie komisch finden könnte. "Ich würde sie als humorvoll beschreiben", sagt Dorau. "Humor ist bei mir wahrscheinlich eine Strategie mit der Angst vor der Lächerlichkeit des Ernsthaften umzugehen."
An diesem Abend passt diese Strategie perfekt und Dorau vergass zwischenzeitlich seine gute Erziehung („darf ich das Jacket jetzt schon ausziehen“) und seinen eigentlich zurückhaltenden Charme, da er offensichtlich ergriffen war, von dem wunderbaren Publikum war, das sehr viel von ihm wissen wollte.
Begleitet von Matthias Strzoda (Electro) und dem unfassbar groovenden Tim Lorenz am Schlagwerk, gab es eine treibende und tanzwütige Show zu sehen, die durchaus auf der Höhe der Zeit ist und weniger seltsam, als so gesagt wird.
Der praktizierende Wiederspruch wurde also zum Unterhaltungskünstler. Übrigens zum Schluß nochmal ein Wort zu dem oftmals erwähntem „Universum“. Was soll das eigentlich, könnte man auch fragen: Nun, für mich stellt ein eigenes Musikuniversum immer Bestätigung dar. Es ist etwas durchaus Schönes, wenn man bestätigt wird. Und es ist spannend, in diesem Raum weiterzureisen.
Das Staatsakt Label zum Beispiel, ist gerade dabei soetwas zu erledigen: Schauen und staunen Sie nur mal über die Künstler, die sich auf einmal hier versammelt haben: Neben Dorau, Ja, Panik, Frank Spilker Gruppe, Bonaparte, Chuckamuck (müssen auch erwähnt werden), Erobique, Jacques Palminger usw. usw.
Freunde, dass war ein schöner Abend!
Alan Lomax