Ewings Musikmomente des Jahres 2023

von Ewing  -  24. Januar 2024, 11:34  -  #647FM, #Best of 2023, #Konzertbereicht, #Plattenkritik

Ewings Musikmomente des Jahres 2023

Dem ersten schlimmen Krieg folgte der Zweite. Unsicherheit, Überforderung, Massenanstrengung und Depression allerorts. Schräge Sachen passieren. Und wenn alles so richtig scheiße ist, ist immer noch die Musik da. Wisst ihr ja. Das Jahr war musikalisch nämlich richtig aufregend.

Hier also streng subjektiv die Aufregendsten:

Songs

Top Ten

1.    NATION OF LANGUAGE Across that fine line (PIAS)
Genau genommen gehört dieser Song nicht mehr ins Jahr 2023, aber die Entfaltung des Songs, vor allem live, berechtigt das. Es ist der tollste Song des Jahres, we died a hundred times.

2.    DEPECHE MODE Ghosts again (Columbia)
Auch die Nummer hat uns durch das ganze Jahr getragen und es ist ein wahnsinniger Hit, wie ihn DM schon lange nicht geschrieben haben. Faith is sleeping, Lovers in the end, Whisper we'll be ghosts again

3.    BALA DESEJO Passarinha 
Eine Droge in Tropicalia

4.    YUSSEF DAYES Raisins under the sun (Brownswwood, Nonesuch, Warner, Cashmere Thoughts)
Mit Shabaka Hutchings an der Bass-Klarinette und Theon Cross an der Tuba – spektakulär

5.    DINNER PARTY feat. ARIN RAY Breathe (Sounds of Crenshaw)
Eine Soul Love Super Group unter Leitung von Robert Glasper und Kamasi Washington. Weitermachen…

6.    GRIAN CHATTEN Last time every time forever (Partisan Records)
7.    SURPRISE CHEF/MINORU MURAOKA The positive and the negative (Mr. Bongo / Split-Single)
8.    SHAME All the people
9.    BAR ITALIA Glory hunter (Matador)
10.    DANIEL ÖGREN Idag (Mr. Bongo)

Ebenfalls sensationell
•    ZAHO DE SAGAZAN Les dormantes (Disparate)
•    GRIAN CHATTEN All of the people (Partisan Records)
•    DA GOOGIE November new ( )
•    KARA JACKSON Why does the Earth give us people to love? (September Recordings)
•    GOLDEN HOURS Dead on (Fuzz Club)
•    NATION OF LANGUAGE Sole obsession (PIAS)
•    BIG SPECIAL This here ain't water (SO recordings)
•    SLEAFORD MODS West End Girls (Rough Trade)
•    HOCHZEITSKAPELLE+TENNISCOATS+ZAYAENDO Tsuki no oto (Alien Transistor)
•    THE LIBERTINES  Run run run (EMI)
•    GEWALT Trans (Clouds Hill)
•    FONTAINES D.C. Cello song (Chrysalis)
•    BLUR The swan (Parlophone)
•    BENJAMIN BIOLAY It was a very good year - live (Romance Music)

 

Alben

Top Ten

1.    GRIAN CHATTEN Chaos for the fly (Partisan Records)
Produziert von Dan Carey ist ein so starkes Werk voller Poesie und Zweifel entstanden. Vorgetragen wird es vom tollsten Crooner unserer Zeit, man hängt unweigerlich an seinen Lippen und fragt sich, wie man in so kurzer Zeit solo und mit Band so ein starkes Output hinbekommen kann. Ganz schön dunkel, die schreckliche Fratze der Menschheit wird intensiv verhandelt und Hoffnung wird dabei klein geschrieben. Mein Album des Jahres.

2.    YUSSEF DAYES Black Classical Music  (Brownswwood, Nonesuch, Warner, Cashmere Thoughts) 
Der Name war mir vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Tom Misch bekannt, aber die Faszination für dieses Variantenfeuer in black music war nicht vorhersehbar. Kurz vor Jahresende trifft es mich mit voller Wucht und ich höre das in Dauerschleife. Wie wundervoll. Auf 19 Stücken schallt uns der Soul der Welt und vor allem Londons entgegen. Reggae, Jazz, Blues, Family Whispers, Soul, es fehlt an nichts.

3.    BALA DESEJO Sim Sim Sim (Mr. Bongo)
Bejahender geht’s ja nicht. Die Referenzen sind so vielfältig, dass die vier jungen Menschen aus Rio zurecht auf ihre eigene Szene verweisen und mit größter Freude ihren eigenen Style entwickeln. Das konnten wir live beim Le Guess Who erleben, ein absoluter Höhepunkt. Den Latin Grammy haben sie schon eingefahren, obwohl es das Debütalbum ist. 2022 veröffentlicht darf es hier nur in die Charts, weil das Vinyl erst 2023 kam…

Hört gerne nochmals rein in EWINGS SUNDAY SERVICE mit einem ausgiebigen Brasil-Special MUSIKABEND on 674.fm | Mixcloud

4.    JAMIE BRANCH Fly or die fly or die fly or die ((World War)) (International Anthem) 
Nun zu Jaimie Breezy, die im vergangenen Sommer 39jährig verstorben ist: die tragischerweise letzten fünf auf Alben dokumentierten Jahre mit ihrem Kern-Quartett Fly or Die sowie mit ANTELOPER, dem Projekt mit Jason Nazary, welches ich im vergangenen Jahr so abgefeiert habe, sind Glücksfälle der Musikgeschichte, in die Jaimie Branch eingehen wird. Denn ihr Werk ist so authentisch wie Grenzen überschreitend und so unique wie wenig Anderes.

5.    LANKUM False Lankum (Rough Trade)
Psychedelic Drone Folk aus Irland mit mehr als 30 Instrumenten wie von Geisterhand über Jahre entwickelt. Mit Langmut und Konzentration wird es kitzelnd intensiv.

6.    DINNER PARTY Enigmatic Society (Sounds of Crenshaw)
7.    EDDIE CHACON Sundown (Stones Throw Records)
8.    ANA FRANGO ELÉTRICO Me charma de gato que eu sou sua (Mr. Bongo)
9.    RICARDO DIAS GOMES Muito sol (Hive Mind Records)
10.    SLOWDIVE Everything is alive (Dead Oceans)

 

Ebenfalls umwerfende Alben

•    DEPECHE MODE Memento Mori (Columbia)
•    IRREVERSIBLE ENTANGLEMENTS Protect your light (Impulse!)
•    PALE BLUE EYES This house (Full Time Hobby)
•    THE STREETS The darker the shadow the brighter the light (Warner Music)
•    JAMES YORKSTON, NINA PERSSON & THE SECOND HAND ORCHESTRA The great white sea eagle (Domino)
•    KING CREOSOTE I DES (Domino)
•    DOMENICO LANCELOTTI & RICARDO DIAS GOMES sramba. (Mais Um Discos)
•    A CERTAIN RATIO 1982 (Mute)
•    NATION OF LANGUAGE Strange disciples (PIAS)
•    RAHILL Flowers at your feet (Big Dada Recordings)
•    DEATH AND VANILLA Flicker (Fire Records)
•    DANIEL ÖGREN Fastingen 92 (Mr. Bongo)
•    LITTLE SIMZ No thank you (Forever Living Originals)
•    ASTRID ENGBERG Trust (Creak Inc. Records)
•    BIXIGA 70 Vapor (Glitterbeat)
•    BELGRADO Intra Apogeum (La vida es un mus)
•    ZAHO DE SAGAZAN La symphonie des éclairs (Disparate)
•    ALABASTER DE PLUME Come with fierce grace (International Anthem)
•    MOTORPSYCHO Yay! (Det Nordenfjeldske Grammofonselskab)
•    ANDY BELL & MASAL Tidal love numbers (Sonic Cathedral)
•    YOUNG FATHERS Heavy Heavy (Ninja Tune)

Es gab auch einige tolle LIVE ALBEN

•    TEHO TEARDO & BLIXA BARGELD Live in Berlin (Spècula)
•    GLOK Gateway mechanics (Bytes)
•    BLACK COUNTRY, NEW ROAD Live at Bush Hall (Ninja Tune)
•    BENJAMIN BIOLAY Á l’auditorium (Romance Music)

Live

Es war wieder ein umwerfendes Live-Jahr, deshalb gibt es trickreiche Kategorien zur Beschreibung.
Die großen Konzerte muss man in diesem Jahr vielleicht einmal out of the Box betrachten, das überlagert sonst sehr und ich will es auch gar nicht so ranken.

 

Da waren zunächst die beiden fulminanten Konzerte von Depeche Mode, die zum ersten Mal ohne Andy Fletcher auftraten. Große, emotionale Ereignisse mit einer erwartbaren Setlist, aber eben auch mit einem wirklich tollen neuen Album im Gepäck und einem Über-Hit, „Ghosts Again“. In Antwerpen war die Spannung sehr sehr groß und es brauchte einige Jupiler zur Beruhigung und dann kam der Genuß in vollen Zügen. In Düsseldorf gab es dann das gleiche Programm und doch eine andere Stimmung, da in Deutschland seit sicherlich 30 Jahren die größte Fan Base der Band ist. Ein Rausch in Schwarz. Highlight ist dann „Waiting fort he night“ im Mart/Dave Duett.
Dann die Pet Shop Boys, die wir dort ebenfalls mit ihrer Greatest Hits Show gesehen haben und bei denen es im Publikum dann auch kein Halten mehr gab. So cool, so warm, so betörend, so vertraut, so umarmend, so boy, so Fashion. Wir haben uns weinend in den Armen gelegen. 
New Order sehen wir in Porto. Das Konzert ist bis auf einen technischen Hänger, der ein wenig an der Stimmung kratzt, fantastisch. Ich weine häufig und es ist zum Niederknien.
Auch die Rückkehr von Blur auf die Bühne war sehr toll, der Mix der Songs hat gestimmt, vom ersten Album bis zum Neuesten. Alle Hits von „Popscene“ bis zum modern Classic „The narcissist“.

 

Edinburghs Hogmanay ist das letzte Konzert des Jahres und auch das erste 2024. Von Hot Chip als DJ-Live-Set-Mix als Warm-up und Pulp bestritten, die dann über den Jahreswechsel spielen. Der Auftritt von Pulp hat uns in die Neunzigerjahre katapultiert und da der Auftritt auf der Insel stattfand, haben Tausende die Hits aus voller Kehle mit gesungen , was es unvergleichlich macht. Einige wurden seit Jahrzehnten nicht mehr live gespielt, „Lipgloss“ und „Monday Morning“ zum Beispiel. Perlen wurden dargeboten und die Performance von Jarvis und seine ureigene Theatralik verzückt wie am ersten Tag. Der langjährige Tourgittarist der Band und Ober-Crooner, der „Hero of Sheffield“ Richard Hawley kommt zu „Sunrise“ und „Common People“ auf die Bühne. Extase! „let’s all meet up in the year 2024“…
In order of appearance
•    DEPECHE MODE, Antwerpen, Sportpalais
•    DEPECHE MODE, Düsseldorf, Merkur Spiel-Arena
•    PET SHOP BOYS, Porto, Parque da Cidade (Primavera Sound Festival)
•    NEW ORDER, Porto, Parque da Cidade (Primavera Sound Festival)
•    BLUR, Porto, Parque da Cidade (Primavera Sound Festival)
•    PULP, Edinburgh, Princes Street Gardens (Edinburghs Hogmanay)
Die Top Five des Primavera werden vervollständigt durch die 
•    SPARKS
•    THE COMET IS COMING

Top 10 der Kölner Konzerte
•    Irreversible Entanglements play The Harvest Time Project : A tribute to Pharoah Sanders, Köln, Stadtgarten 
•    Nation of Language, Köln, Gebäude 9
•    Ezra Collective, Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld
•    Arab Strap, Köln, Luxor 
•    Deb Googe, Köln, 674FM 
•    Kid Francescoli, Köln, Gloria 
•    Calexico & Brian Lopez, Köln, Philharmonie
•    Bdrrm, Köln, helios 37
•    Motorpsycho, Düsseldorf ;-), Zakk 
•    Robert Forster, Köln, Stadtgarten 
Top 7 HALDERN POP FESTIVAL
•    Nation of Language, Haldern Spiegelzelt
•    The Comet is Coming, Haldern , Mainstage
•    Porridge Radio, Haldern, Mainstage


•    Bo Ningen, Haldern, Jugendheim
•    Famous, Haldern, Spiegelzelt
•    Douglas Dare, Haldern, Kirche
•    Glauque. Haldern, Mainstage
Top 5 beim LGW
•    Bala Desejo, Utrecht, Ronda/Tivoli (Le Guess Who Festival)
•    Bixiga 70, Utrecht, Grote Zaal/Tivoli (Le Guess Who Festival) 
•    Rahill, Utrecht, Cloud Nine/Tivoli (Le Guess Who Festival)
•    Tom Skinner, Utrecht, Pandora/Tivoli (Le Guess Who Festival)
•    FACS, Utrecht, De Helling (Le Guess Who Festival)
Top 5 WEEKEND FEST
•    JOYCE MORENO & JORIK BERGMAN ENSEMBLE, Köln, Stadtgarten
•    ANA FRANGO ELÈCTRICO, Köln, Stadtgarten
•    EDDIE CHACON, Köln, Stadtgarten
•    ALABASTER DE PLUME, Köln, Stadtgarten
•    NABIHAH IQBAL Köln, Stadtgarten

Familienkonzert gemäß Voting
PET SHOP BOYS in Porto knapp vor DEPECHE MODE in Düsseldorf

Familiensong des Jahres – we died a hundred times
NATION OF LANGUAGE Across that fine line

Bis gleich, 
John Ross Ewing

 

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