Helge Schneider – Köln Philharmonie – Samstag, 25.02.2017
Es ist nach wie vor ein schmaler Grat auf dem sich diese nun schon seit über 1.032 Jahren wiederholende Konzertreihe des Entertainers Helge Schneiders während des Kölner Karnevals bewegt.
Zwischen Avantgarde und Unterhaltung, Jazz und Musik, Klamauk und Dadaismus taucht der Mülheimer Anti-Karnevalist und Weltreisende Helge Schneider immer wieder in philosophische Zwiegespräche und Gedankenwelten über Sinn und Unsinn des Karnevals ab. Schön dabei der gescheiterte Versuch über eine synchron-vergleichende linguistische Untersuchung des Wortes Karneval den Schlüssel zu finden und später einen als Clown verkleideten Zuschauer, in der ersten Reihe zu fragen, ob das lustig sein, da er, der Clown doch schließlich Fachmann sei.
Seit über 10 Jahren gehen wir nun an diesem Samstag zu Helge Schneider. Genauso lange schreibe ich auch über seine Konzerte. Alle Fragen sind gestellt worden, alle Antworten sind gegeben. Auch die Einsicht, dass es sich hier um QUATSCH handelt hat nicht gereicht, die Frage nach GENIALITÄT ist aber auch zeitgleich immer beantwortet worden.
Inzwischen ist es so, dass HELGE SCHNEIDER zu meinen großen Helden gehört. Es hat lange gedauert bis ich mich getraut habe, dass so zusagen. Denn wie passt ein -von Deutschen Menschen verbalisierter Comedian- in dieses, meine, ja ansonsten sehr spaßbefreite Universum? Und auch hierzu ist die Antwort einfach: Scheider ist kein Comedian, war er nie und wird er nie werden. Und ich hatte es bestimmt bereits erwähnt: Helge Schneider ist ein klassischer Crooner bzw. Entertainer.
Insbesondere an diesem Samstag beweist er das auf’s äußerste. Denn sein Konzert ist im Prinzip eine zwei Stündige One-Man-Show. Zwar tauchen kurz Bodo Oesterling und Sergej Gleithmann auf, später auch noch der aus der Spencer Davis Group bekannte Schlagzeuger Pete York, aber in Wirklichkeit zieht Helge die Show alleine durch.
Über das musikalische Talent, seine kurzweilige und an W. C. Fields erinnernde misanthropische Ansätze und der Zerstörung jeglicher Normen ist alles gesagt worden. Mir fällt an diesem Samstagabend mal wieder seine bemerkenswerte Fähigkeit für das Timing auf. Ziemlich bewusst, weiß er, wann das Publikum abschaltet, wie er es zurückholen muss und wann er Tempi wechseln muss. Im Prinzip ist die ganze Show, wie ein Charlie Parker Saxophone Solo. Manchmal gefällig, dann total schräg und dann wieder lyrisch, fast poetisch, zusammenfassend furios.
Diesmal ist vieles neu. Unbedingt zu erwähnen ist Helges neues Violoncello. Diese Anschaffung zieht sich wie ein roter Faden durch sein Set. Genial geeignet ist dieses Instrument für den Multi-Instrumentalisten der ja auch Autodidakt ist. Er entdeckt es gerade. Und es macht Spaß ihm dabei zuzusehen, weil diese Entdeckung scheinbar echt ist und er uns dran teilhaben lässt. Man merkt seinen Respekt vor dem Instrument und lacht sehr über seine theoretischen und praktischen Abhandlungen über den Viersaiter. Ist aber auch bei der Verwendung überrascht, dass er dem komplizierten Instrument noch lange nicht Herr geworden ist.
Besser dann sein Hauptinstrument. Der B3 Hammond-Orgel. Die gemeinsame Jam-Session mit York in der Paarung Schlagzeug und Orgel ist gelinde gesagt herausragend. Die Show endet dann gewohnt hinter der großen Saalorgel und Schneiders erneuter Interpretation von Mer losse d'r Dom en Kölle.
Nächstes Jahr gerne wieder! Immer wieder…
Alan Lomax